Regenbogen gespalten oder überzählig? (22.4.06)

Forum für Halo-Erscheinungen, Regenbögen, Blitze und alle anderen Lichterscheinungen, die neben Polarlichtern in der Erdatmosphäre auftreten.
Antworten
Till Credner
Beiträge: 100
Registriert: 17. Jan 2004, 13:45
Wohnort: Tübingen
Kontaktdaten:

Regenbogen gespalten oder überzählig? (22.4.06)

Beitrag von Till Credner » 26. Apr 2006, 22:32

Liebe Beobachter,
letzten Samstag abend, den 22.4.06, habe ich einen schönen Regenbogen mit
Sekundärbogen in Tübingen beobachten können. Nach etwa einer Minute
bildete sich unter dem Hauptbogen ein weiterer Bogen mit allen Farben intensiv
vertreten. Ich dachte direkt an einen gespaltenen Bogen, da praktisch alle
Regenbogenfarben noch einmal deutlich vorhanden waren und ich Interferenz-
bögen so stark noch nie gesehen hatte. Die meisten Fotos von Interferenzbögen
zeigen auch eher schwache Bänder abwechselnd purpur bis grün/blau.

Für Interferenzbögen (überzählige Bögen) spricht aber eventuell, dass kaum
eine Lücke zwischen Haupt- und Nebenbogen liegt. Zudem ist der Nebenbogen
schwächer und dann habe ich auch visuell noch einen weiteren Bogen gesehen.
Im Foto lässt sich noch ein vierter roter Bogen schwach erahnen.

Fotodaten: Olympus C5050, nachträgliche Kontraststeigerung durch Absenken der
Gradationskurve, sonst keine weitere Verarbeitung. Das zweite Bild ist ein Ausschnitt
des ersten. Das letzte Bild ist unbearbeitet, aber da war der Spuk schon fast vorüber.

Was meint Ihr? Gespaltener Bogen oder Interferenzbögen?
Grüße,

Till


Bild
Bild
Bild
Bild
Bild
Bild

Alexander Wünsche
Beiträge: 307
Registriert: 17. Jan 2004, 21:16
Wohnort: Görlitz
Kontaktdaten:

schwierige Frage

Beitrag von Alexander Wünsche » 27. Apr 2006, 17:42

Hallo Till,
schöne Bilder und eine schwierige Frage. Meiner Meinung nach sind es noch Interferenzbögen. Es ist aber ein Übergang zum gespaltenen Regenbogen erkennbar, besonders weil der erste Interferenzbogen recht kräftig und klar abgesetzt ist und zur rechten Seite hin verschwindet oder vielleicht in den Hauptregenbogen übergeht. Er sieht so ähnlich aus wie dieser gespaltene Regenbogen. Wie gesagt, ich meine es ist ein Übergangstyp, den ich wegen der Färbung und Breite der Interferenzbögen zu den Interferenzregebögen stellen würde.

Selbst habe ich am 14. April auch einen schwachen Regenbogen gesehen, der einen noch breiteren 1. Interferenzbogen hatte und dadurch fast wie ein doppelter Hauptregenbogen wirkte. Es gibt offenbar viele fließende Übergänge.

Beste Grüße
Alexander

Michael Ellestad
Beiträge: 493
Registriert: 12. Jan 2004, 04:34
Wohnort: Ohio USA
Kontaktdaten:

Twinned primary bow

Beitrag von Michael Ellestad » 27. Apr 2006, 21:38

Till,

What you have photographed is a primary bow. Supernummery arcs have alternating green violet green violet your image shows the bow inside the primary shows a full spectrum.



Greetings,

Michael

Till Credner
Beiträge: 100
Registriert: 17. Jan 2004, 13:45
Wohnort: Tübingen
Kontaktdaten:

pro supernumerary (Interferenzbögen)

Beitrag von Till Credner » 27. Apr 2006, 23:14

Michael,

yes, that's exactly one of my arguments written above supporting that this
is not a supernumerary bow. However, meanwhile I did learn something
more from Les Cowleys page:
http://www.sundog.clara.co.uk/rainbows/supdrsz.htm

If the drops are small and have narrow size distribution, the supernumeraries
are well separated and show all colors.
In addition flattening of the drops plays another important role especially at
the top of the bow. This makes the supernumeraries to merge with the primary
bow at the base of the bow.
I wonder if we can really distinguish between twinned bows and supernumeraries.
Is a mixture possible as Alexander suggested?
Best,

Till

Benutzeravatar
Claudia Hinz
Beiträge: 4264
Registriert: 11. Jan 2004, 11:16
Wohnort: Schwarzenberg, Erzgebirge
Kontaktdaten:

Split Rainbow

Beitrag von Claudia Hinz » 28. Apr 2006, 05:47

Hallo Til,

die unterschiedliche Ausprägung des Regenbogens zeigt auf jeden Fall (wie ja auch in Les' Applet ersichtlich), daß Tröpfchen mit unterschiedlicher Größe vorhanden sind. Ich denke deshalb ähnlich wie Alexander, daß es sich entweder um eine Mischform handelt oder daß ein zweiter Regenbogen mit kleinerem Durchmesser (durch große abgeplattete Regentropfen) die Interferenzbögen des "normalen" Regenbogen überlagern und deshalb keine eindeutige Spaltung sichtbar ist. Denn Interferenzbögen entstehen ja durch die Überlagerung von Lichtwellen, d.h. daß auf jeden Fall Licht weggestreut wird und sie deshalb schwächer als der Hauptbogen sein müßten.

Wobei sich mir in letzter Zeit immer wieder die Frage aufwirft, ob es den "normalen" Regentropfen mit 42° Durchmesser überhaupt gibt, da auch kleine Tropfen beim freien Fall leicht abgeplattet werden und damit einen Bogen mit kleinerem Winkel erzeugen... :?:

Viele Grüße
Claudia

Benutzeravatar
Christian Fenn
Moderator
Beiträge: 842
Registriert: 20. Jan 2004, 21:21
Wohnort: Hammelburg, Unterfranken in Bayern
Kontaktdaten:

Beitrag von Christian Fenn » 28. Apr 2006, 07:02

Juppie, es wird wieder philosophisch. Wenn ich Claudias Antwort lesen, dann erscheint er mir so, als hätten wir zwischenzeitlich eine Erklärung für den gespaltenen Regenbogen für gültig erklärt.

Das gefällt mir. Aber wir nähern uns dabei der Frage, ob es diesen überhaupt gibt, bzw. wie Claudia schon anklingen läßt, ob es den 42°Regenbogen überhaupt gibt.

Ich denke, dass es zwar Regenbögen gibt, dass aber keiner davon exakt rund ist, sondern dass sie wirklich alle - aufgrund abgeflachter Regentropfen - ganz leicht oval sind. Die einen mehr, die anderen weniger, je nachdem wie groß die Tropfen sind.

Dann aber wäre ein gespaltener Regenbogen nichts anders als das Vorhandensein zweier unterschiedlich gestauchter Bögen. Welcher davon nun der richtige ist, ist nach obiger Vorstellung über die Bögen nicht mehr zu sagen.

Wenn wir uns die Idee mit den unterschiedlich abgeflachten Regentropfen mal genauer betrachten, dann dürften wir sagen können, dass je größer der Tropfen, desto mehr gestaucht. Vermutlich gibt es viele verschieden große Regentropfen und damit eine unendliche große Zahl von unterschiedlich gestauchten Regenbogen gleichzeitg. Ich könnte mir vorstellen, dass das immer so ist, wir das aber nicht sonderlich wahrnehmen, weil die Überlagerung all dieser unterschiedlichen Bögen nur zum Ausbleichen der Farben führt, anstatt zur Wahrnehmung vieler Bögen. - Und frabschwache Bögen haben wir ziemlich oft, vielleicht hat das nicht nur etwas mit den wenigen Tropfen oder dem leicht diffusen Licht zu tun.

Die Seltenheit eines gespaltenen Regenbogens würde sich dann vermutlich darin erklären, dass wir dazu eigentlich eine Gruppe größerer und eine Gruppe kleinerer Tropfen bräuchten, ohne dass es die Größen dazuwischen geben dürfte. Wie das zu erklären wäre ist mir das größere aller Rätsel.

Das würde aber für den gespaltenen Bogen bedeutend, dass wir anstatt "ich habe einen gepaltenen Regenbogen beobachtet" sagen müssten, dass wir zwei deutlich unterschiedlich gestauchte Regenbögen gleichzeitig auf einem Bild haben.

Zu den obigen Bildern würde ich mich auch Alexander anschließen, dass hier nämlich ein "normaler" Regenbogen (durch kleine Tropfen entstanden) sich mit einem schwächeren Regenbogen (durch weniger abgeflachte größere Tropfen) überlagert.

P.S. ich liebe Romane-Schreiben.

Alexander Haußmann
Beiträge: 1161
Registriert: 6. Mär 2006, 13:39
Wohnort: Hörlitz / Dresden

Beitrag von Alexander Haußmann » 28. Apr 2006, 09:39

Liebe Regenbogenfreunde,

die Abweichung von der Kreisförmigkeit beim "Standard"-Regenbogen (also bei Vorhandensein nur einer Tröpfchengrößenpopulation) sollte man doch eigentlich durch Fotografieren mit einem Fischaugenobjektiv (möglicherweise am Sternhimmel kalibriert) messen können, vorausgesetzt, die Ausrichtung auf den Sonnengegenpunkt ist hinreichend exakt und der Sonnenstand erlaubt die Sichtbarkeit eines genügend großen Segments.
Was die Frage gespaltener Regenbogen vs. Interferenzbögen betrifft, erinnere ich mich an eine ähnliche Beobachtung vom August 1997. Ich habe damals einige (nicht so tolle) Bilder gemacht, und am rechten Rand war eine Folge von Interferenzbögen zu sehen, am linken Rand nahe dem Bogenscheitel eine Aufspaltung in 2 etwa gleichhelle und gleichbreite Bögen. Ich bin also auch der Meinung, daß die Übergänge hier fließend sind. Eigentlich müßte man mal eine wellenoptische Rechnung analag der Airy-Theorie für (ausgerichtete) Ellipsoide machen, was aber wegen der geringeren Symmetrie schwierig werden dürfte (möglicherweise reicht auch eine Näherung für schwache Abplattungen). Bisher gibt es ja nach meinem Kenntnisstand nur strahlenoptische Simulationen (z.B. auf Les Cowleys Seite), die natürlich keine Interferenzbögen liefern. Die Überlagerung einer Ellipsoid- mit einer Kugelpopulation (bzw. in Anbetracht der letzten Beiträge zwei Ellipsoidpopulationen mit verschiedenen Abplattungen) könnte dann mit den Beobachtungen verglichen werden und vielleicht abschließend klären, ob der Abplattungs-Ansatz für gespaltene Regenbögen die zutreffende Erklärung ist.

Beste Grüße,
Alex

Benutzeravatar
Claudia Hinz
Beiträge: 4264
Registriert: 11. Jan 2004, 11:16
Wohnort: Schwarzenberg, Erzgebirge
Kontaktdaten:

gespaltene Regenbögen

Beitrag von Claudia Hinz » 28. Apr 2006, 16:23

Hallöchen,

finde es super, daß dieses Thema endlich mal ausführlich disskutiert wird! Und daß sich jetzt sogar ein echtes Mathematikgenie, der übrigens innerhalb des AKM zudem noch Erstbeobachter des gespaltenen Regenbogens ist, eingeschaltet hat (ja, Alexander, Du bist gemeint!!! :lol: )

@Christian: natürlich ist die Theorie nicht gesichert, aber irgendwie kann ich mir keine andere vorstellen und es erscheint mir noch immer am wahrscheinlichsten, daß die Spaltung durch zwei verschieden große Bögen an unterschiedlicher Tröpfchengröße entsteht.

Ich hatte gerade wieder in der letzten Nacht so ein Fall. Befand mich in den Wolken, die sehr feines sprühregenartiges Nebelnässen erzeugten. Gleichzeitig stauten sich am Alpenrand mehrere Schauer, die zusätzlich (!) mit sehr großen Regentropfen niedergingen. Von unten aus gesehen hätte man also die optimalen Bedingungen für einen gespaltenen Regenbogen gehabt (wenn denn mal die Sonne geschienen hätte ... :wink: ) Könnte mich aber jetzt echt in den A... beißen, daß ich nicht mal unseren Halogenscheinwerfer draufgehalten habe ... hab irgendwie einfach nicht daran gedacht! :roll:

LG Claudia

Alexander Wünsche
Beiträge: 307
Registriert: 17. Jan 2004, 21:16
Wohnort: Görlitz
Kontaktdaten:

Erhellende Diskussion

Beitrag von Alexander Wünsche » 29. Apr 2006, 09:23

Hallo,
vielen Dank für die rege Diskussion! Vor allem die Erläuterungen zum Verhältnis von Regenbögen und Interferenzbögen waren für mich sehr erhellend. Ebenso die Diskussion zur Abplattung von Regentropfen.

Christians Ausführungen zum Vorhandensein vieler Hauptbögen kann ich nur zustimmen. Wenn man sich die Abfolge der Regentropfen bei einem kräftigen Schauer vor Augen hält, ist es auch nicht verwunderlich, dass mehrere Bögen entstehen können, weil bspw. erst sehr große Tropfen fallen und später mittlere oder kleine. Betrachtet man zusätzlich manche Fallstreifen kräftiger Schauer wird klar, dass recht scharfe Grenzen zwischen Bereichen unterschiedlicher Tropfengröße vorkommen können.

Ist dann eigentlich die Bezeichnung "gespaltener Regenbogen" in jedem Fall richtig? Eigentlich müssten wir zusätzlich von "doppelten" bzw. "mehrfachen Regenbögen" sprechen. Die englische Bezeichnung "twinned rainbow" gefällt mir übrigens viel besser als die deutsche.

Beste Grüße
Alexander

Benutzeravatar
Peter Krämer
Beiträge: 1021
Registriert: 18. Jan 2004, 16:19
Wohnort: Bochum

Beitrag von Peter Krämer » 30. Apr 2006, 18:19

Hallo!

Klasse Bilder! Auf dem vorletzten sieht es mehr wie ein gespaltener Regenbogen aus. Auf jeden Fall ein Kandidat für die neue Blogseite mit atmosphärischen Erscheinungen!

Grüße
Peter

Till Credner
Beiträge: 100
Registriert: 17. Jan 2004, 13:45
Wohnort: Tübingen
Kontaktdaten:

Beitrag von Till Credner » 30. Apr 2006, 21:03

Hallo,
die neue Blogseite verstehe ich eher als reine Haloseite, also eher alles
was mit Eiskristallen in der Luft entsteht. Von daher passt ein Regenbogen
glaube ich nicht so gut rein.

Gibt es wirklich noch keine wellenoptische Rechnung an abgeplatteten
Tropfen? Da sehe ich nach wie vor die Möglichkeit, wie man meinen Bogen
ohne das Vorhandensein von genau zwei unterschiedlichen Tröpchengrößen
erklären könnte.

Vielleicht sollte man Les Cowley oder Philip Laven mal drauf ansetzen.
Über Lavens Seite bin ich noch auf die Idee gekommen, dass die
Sonnengröße ja auch eine Rolle spielt.
http://www.philiplaven.com
Der Winkeldurchmesser der Lichtquelle verschmiert den Regenbogen etwas.
Mein Gedanke ist der, dass die Sonne am Abendhimmel sehr oft durch
einen horizontalen Wolkenschlitz scheint (Leider habe ich auf die Sonne
aber gar nicht geachtet). Ein horizontaler Schlitz als Lichtquelle würde
genau zu dem Effekt führen, dass der horizontale Teil des Regenbogens
weniger verschmiert wäre, also farbreiner mit deutlicheren Interferenzbögen,
als die Bogenflanken.

Tja, soweit die schön klingende Theorie. Aber Lavens Simulationen zeigen,
dass durch die Winkelgröße der Sonne die Interferenzbögen nicht weggebügelt
werden, sondern nur die ganz feinen Peaks, die man in der Praxis eh nicht
beobachten kann.
Grüße,

Till

Benutzeravatar
Claudia Hinz
Beiträge: 4264
Registriert: 11. Jan 2004, 11:16
Wohnort: Schwarzenberg, Erzgebirge
Kontaktdaten:

Regenbogen

Beitrag von Claudia Hinz » 1. Mai 2006, 04:20

Hallo Till,

die neue Blogspot-Seite für Atmosphärische Erscheinungen ist noch in der Aufbauphase und deshalb noch nicht verlinkt. Denke aber auch, daß wir Deinen Regenbogen da reinstellen sollten, um so vielleicht mal eine internationale Disskusion anzuregen.

Ich weiß nicht, ob es wellenoptische Berechnungen bei abgeplatteten Regentropfen gibt. Mir sind allerdings keine bekannt. Habe sehr viele Artikel und Berichte gesammelt, aber alle gehen von kreisrunden Regentropfen aus.

Schönen Feiertag
Claudia

Benutzeravatar
Claudia Hinz
Beiträge: 4264
Registriert: 11. Jan 2004, 11:16
Wohnort: Schwarzenberg, Erzgebirge
Kontaktdaten:

Atmosphärenblogseite

Beitrag von Claudia Hinz » 13. Mai 2006, 09:02

Hallo,

die Atmosphärenblogseite ist inzwischen voll in Betrieb und auch schon reichlich gefüllt:
http://atmospherical.blogspot.com/
Es lohnt sich wirklich, ab und zu mal ein Blick darauf zu werfen, da bereits sehr interessante Diskussionen entstanden sind, z.B. über das Thema (welches hier auch schon diskutiert wurde), wann ein Wolkenbogen ein Wolkenbogen und kein Nebelbogen ist.

Wenn Du enverstanden bist, würde ich Dein Regenbogen dort gern mit aufnehmen, so wie auch andere ungewöhnliche Erscheinungen. Einfach Bild(er) und ein kurzer Text an mich (gern auch gleich in Englisch :wink: ).

Schönes Wochenende noch
und viele Grüße
Claudia

Antworten

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 17 Gäste