Wenn man nur im Auto sitzt und nach vorne schaut, dann passiert überhaupt nichts. Wer sich aber die Mühe macht und bei strömendem Regen mal einige Meter vor sein Auto zu läuft, der wird feststellen, dass um ihn herum ein aus zunächst diffusen Strukturen ein immer klarerer Regenbogen entsteht.
Für meine damalige Optik war er viel zu groß, so dass ich die erste Beobachtung dieses Bogens nur in Form zusammengesetzter Bilder festhalten konnte. Anders als im parallelen Licht konnte ich den Regenbogen, den ich zunächst „Nachtregenbogen“ nannte, zum ersten mal wirklich als Kreis beobachten. So, wie es uns die Theorie auch immer zu erklären versuchte.

Wenn man genau hinsieht, dann kann man auch den äußeren Bogen (den 51°-Regenbogen) entdecken.

Von den Halo-Erscheinungen im divergierenden Licht war mir klar, dass Lichterscheinungen an künstlichen Lichtquellen feste Ausdehnungen haben, die im Verhältnis zum Abstand zwischen Betrachter und Lampe zu setzen sind. Es interessierte mich also, wie dieser „Nachtregenbogen“, den ich heute „Lampenregenbogen“ nenne, räumlich aufgebaut ist und an welcher Stelle sich die zur Entstehung verantwortlichen Regentropfen befinden.
Da mir die mathematischen Kenntnisse zur Berechnung solcher Bögen fehlt, machte ich mich zuhause an seine Konstruktion. Ich zeichnete also von der Lichtquelle ausgehende Strahlen in alle möglichen Richtungen. Dann suchte ich den Punkt (Regentropfen) an diesem Strahl, von dem eine Brechung in 42°, bzw. 51° genau das Auge des Betrachters treffen würde. Heraus kam ein apfelähnliches Gebilde.

In der nebenstehenden Grafik beschreibt die blaue Kurve den inneren 42°-Regenbogen und die rote Kurve den äußeren 51°-Regenbogen.
Das bedeutete aber auch, dass der Regenbogen an vielen verschiedenen Stellen im Raum entstehen würde. Aus Sicht des Betrachters in allen möglichen Winkeln ab 42°, also auch bei 43°, 44°, etc. Die Folge davon hätte sein müssen, dass sich sämtliche, in allen Winkeln entstehenden Regenbögen eigentlich überlagern hätten und damit gegenseitig auflösen müssen. Da sie sich a) vom Hintergrund nicht mehr abheben und b) ihre Farben sich zu weiß mischen.
Dass sie trotzdem beobachtbar sind und somit auch entstehen, hat vermutlich zwei Gründe. Zum einen scheinen sich die dem Auge nahe liegenden Wassertropfen (also im Betrauchtungswinkel von 42 und wenigen Graden weiter nach aussen°) dichter zu addieren, als beispielsweise 90° davon entfernt. Zum zweiten leuchtet der Scheinwerfer des Autos den „Apfel“ nicht gleichmäßig aus, sondern in einem relativ engen Kegel. So wird der ohnehin schon besser addierte Bereich kurz vor dem Auge auch noch stärker ausgeleuchtet (siehe Grafik).

Als Folge ist der „Lampenregenbogen“ deutlich zu erkennen, wie die oben abgebildeten Aufnahmen ja auch belegen können.
Reverser Lampenregenbogen
Kurz nachdem ich diese Überlegungen angestellt hatte kam mir der weitere Gedanke, was wohl passieren würde, wenn man den Lichtstrahl rückwärts durch den Regenbogen schicken würde. Also, wenn man quasi Lichtquelle und Betrachterauge in ihrer Position tauscht.
Naiverweise hatte ich mir eingebildet, dass dort, wo der Lampenregenbogen bisher entstanden war (also kurz vor dem Auge) nun der „Reverse Regenbogen“ kurz vor der Lampe entstehen würde. Ich stellte mir also vor, dass im divergierenden Licht auch ein kleiner Regenbogen um die Lichtquelle entstehen dürfte. Da ich von diesem noch nie gehört hatte, ging ich motiviert daran, eine neue Entdeckung zu machen. Ich wurde nicht fündig.
Bei der späteren Konstruktion wurde mein Denkfehler sofort deutlich. Aus der neuen Position heraus blickte ich in einem völlig anderen Winkel auf den in Frage kommenden Ausschnitt des "Apfels". Die Addition der möglichen Regenbögen in sämtlichen entstehenden Winkeln ergab nun ein Bild, das sich gegenseitig auflösen würde. Sprich: der Lampenregenbogen wäre nun bei 1°, 2°, 3° usw. entstanden und wäre so aufgrund dieses Problems für mich nicht mehr sichtbar geworden.

Der „reverse Lampenregenbogen“ war somit zwar in der Theorie in jedem x-beliegen von 0 bis 138 (180-42) Grad vorhanden, aber genau aus diesem Grund auch nicht zu beobachten. Dies wäre nur gegangen, wenn man einen solchen Bogen in einem isolierten Winkel hätte alleine wahrnehmen können.
Ich verwarf den Gedanken an den „reversen Lampenregenbogen“
Beobachtung von Christoph Gerber
Einen Monat später stieß ich auf einen Bericht über beobachtete Bögen an einer Straßenlampe von Christoph Gerber. Er beschrieb zwei verschiedene Beobachtungen, die sich allerdings recht ähnlich waren.
Christoph Gerber beschreibt in seiner ersten Beobachtung einen Bogen, der sich im noch regennassen Gras bei Nacht hinter ihm und gleichzeitig mehr auf der Lampengegenseite zeigte. Der Bogen schien ihm zu folgen.

In seiner zweiten Beobachtung beschreibt er einen Bogen, der sich um eine Lampe orientiert zu haben schien und der sich beim Annähern an die Lampe verkleinerte und beim Entfernen wieder vergrößerte.

Beide Bögen folgen nicht den typischen Erscheinungen eines Regenbogens, da sie zum einen ihre Größe änderten, zum anderen auch in Blickrichtung der Lichtquelle zu sehen waren. Dass Christoph hierbei einen Regenbogen beobachtet haben könnte schien sich zunächst einmal auszuschließen.
Anders wird das allerdings, wenn man die Gesetzmäßigkeiten von Regenbögen im divergierenden Licht betrachtet. Ich hatte oben bereits festgehalten, dass Regenbögen im divergierenden Licht um den Lampengegenpunkt entstehen können und dass sie nur deshalb nicht in Blickrichtung der Lichtquelle entstehen können, weil die theoretisch möglichen „Reversen Lampenregenbögen“ sich gegenseitig überlagern: sie also gewissermaßen nur isoliert möglich sein dürften. Die Isolation eines einzelnen Winkels in einem einzelnen Punkt kann in der Atmosphäre allerdings nicht beobachtet werden, da dazu nur an bestimmten Punkten Regentropfen fallen dürften.
Die Beobachtung von Christoph zeigt eine solche Isolation aber dennoch auf. Da es nämlich nicht regnete, konnten nur die auf dem Gras befindlichen Regentropfen einen Regenbogen erzeugen. Der Boden zog damit gewissermaßen einen Schnitt durch den „Apfel“ möglicher Regenbögen und isolierte einzelne Winkel.
Je nachdem wie dieser Apfel geschnitten wird können sich unendlich viele Ausformungen unterschiedlicher Bögen ergeben. Sie können hinter dem Betrachter, hinter der Lampe oder auch zwischen Lampe und Betrachter sein. Der Abstand des Betrachters zur Lampe und die Höhe von Betrachter und Lampe im Verhältnis zum Boden bestimmen dabei die Größe des Kreises. Der Kreis kann auch eiförmig werden.

Bezogen auf die Beobachtung von Christoph Gerber sollen die beiden folgenden Abbildungen grob verdeutlichen, wie die Schnitte durch den „Apfel“ verlaufen sind, um seine Beobachtungen zu ermöglichen.

Die Abbildung zeigt, wie der „Apfel“ kleiner wird, je näher der Betrachter der Lampe kommt. Dadurch wird auch der durch den Schnitt entstehende Bogen kleiner. Genau so, wie es Christoph Gerber in seiner zweiten Beobachtung beschrieben hat.
Darstellung der ersten Beobachtung von Christoph Gerber

Zusammenfassung:
Im divergierenden Licht können Regenbögen entstehen. Dieser kann nur in Lampengegenrichtung wahrgenommen werden. Wenn allerdings die Regentropfen nur auf einer Fläche vorkommen, wie beispielsweise auf dem mit Wasser benetzten Gras, dann entstehen Schnitte durch den „Apfel aller möglichen Regenbögen“ und können den theoretischen „reversen Regenbogen“ (oder Taubögen) entstehen. Der einst etwas übermütig entstandene Gedanke des reversen Regenbogens konnte durch die Beobachtungen von Christoph Gerber bestätigt werden, gleichzeitig erklärt er Christophs Beobachtungen.
Fenn Christian