Liebe NLC-Beobachter!
Einen kurzen Bericht über meinen diesjährigen NLC-Beobachtungszeitraum ( bis 6. Juli, Tag der 1. NLC des Jahres) stelle ich heute ins Forum. Die Bilder sind zwar vom Labor zurück, leider kann ich sie aber momentan nicht einscannen. Werde mich aber bemühen, die Fotos schnell ins Net zu stellen.
Am 11. Juni begann ich erstmals mit der systematischen Überwachung des Dämmerungshimmels bei uns in Schlägl. Nach den Erfahrungen der letzten Jahre (beobachte erfolgreich seit 1995), lassen sich die seltenen NLC`s selbst vom Mühltal aus am Fuß des Böhmerwaldes beobachten. Natürlich entgehen sehr horizontnahe Erscheinungen (bis ca 6° im Norden und NNE, 3° im NNW) der Beobachtung; aus "schlaftechnischen" Gründen ist es aber doch nicht möglich, jeden Tag 2 mal die Anhöhen des Böhmerwaldes hinaufzufahren. So packe ich abends um etwa 2200 Uhr und morgens um 0300 Uhr MESZ meinen Fotoapparat samt Stativ und den Feldstecher und marschiere etwa 300 m eine kleine Anhöhe hinauf, von der aus ich den Nordhorizont (mit oben beschriebenen Abstrichen) kontrolliere.
Seit 11. Juni habe ich keine klare Nacht auslassen, momentan stehe ich bei Beobachtungszeitraum Nr. 33 oder Beobachtungsminute 1465! Heuer, wie es den Anschein gehabt hat, eine fast aussichtslose Angelegenheit. Nicht gerade aufbauend sind auch die spärlichen Meldungen, die auf der NLC-Observers-Homepage von Tom McEvan aufscheinen (Alaska, Kanada, Neufundland, Schottland, England, Niederlande) und eine Meldung von Norddeutschland und Dänemark. Allerdings kommt dazu, dass im Norden Mitteleuropas die Wettersituation der letzten Wochen alles andere als NLC-freundlich war.
Der 5. Juli ließ meine Hoffnungen auf eine NLC wieder stark steigen - w i e d e r e i n m a l beste Sichtbedingungen -- aber kein Erfolg! So war es am nächsten Morgen (6. Juli) schon schwer zur richtigen Zeit aufzustehen. Ich möchte sagen, dass ich noch schlaftrunken die Straße zum Beobachtungsplatz gegangen bin, in der Hoffnung, dass ...... Außer den schon vertrauten Rufen der 4 hungrigen jungen Waldohreulen, dem Ruf der Wachteln sowie den störenden Geräuschen von Autos und Flugzeugen, war nichts Besonderes zu vernehmen. Der Himmel zeigte sich wunderbar klar und l e e r! Einen kleinen Hoffnungsschimmer bezüglich NLC´s bietet nach 0330 Uhr MESZ nur mehr der NNW-Horizont, da er noch dunkel genug ist. Meine Gedanken waren schon mehr beim Nachhausegehen und den paar Stunden Schlaf, die ich mir noch vergönnen werde. Und jetzt geschah das Unglaubliche nach 1465 Minuten diesjähriger Beobachtung: Im NNW zeigte sich eine schwache Bandstruktur, nur etwa 10° hoch! Ein Blick durch den Feldstecher bestätigte die NLC! Die ersten paar Bilder mit unterschiedlichen Belichtungszeiten waren schnell gemacht. Im N und NNE zeigte sich in Horizontnähe nichts, dafür aber hoch darüber, in einem Bereich, wo ich in meinen niedrigen geographischen Breiten keine nachtleuchtenden Wolken mehr erwartet hätte! Schwache cirrusartige Strukturen reichten hoch hinauf, fast bis zum Polarstern. Sollten dies wirklich NLC´s sein? Stark ins Zweifeln kam ich nocheinmal, als ich bemerkte, dass ein kräftigerer Streifen sogar bis über Polaris (bis etwa 50° Höhe) hinaufreichte! Die größte seit 1995 beobachtete Höhe des Wolkenoberrandes lag bei nur 15°! So richtig sicher wurde die Realität der NLC´s erst bei genauerer Betrachtung der langsam sichtbar werdenden Cirren, die rasch nach Osten abzogen, die NLC´s aber ortsfest blieben (nach Auswertung der Bilder zeigen sie eine langsame Bewegung nach westen). Nach 0400 Uhr hatte die NLC weiterhin eine leicht bläuliche Färbung, während die Cirren schon einen rötlichen Schimmer hatten. Außerdem verschwanden die NLC´s am Ende der Beobachtung langsam am heller werdenden Dämmerungshimmel, während die Cirren deutlicher sichtbar wurden.
An NLC-Wolkenstrukturen waren strukturlose Flächen, Bänder, Wellen und Wirbel (mit unterschiedlichen Radien) zu erkennen. Diese Beschreibungen kann ich aber erst jetzt nach der Auswertung der Fotos machen - in solch aufregenden Augenblicken vergisst man beinahe ganz auf Details zu achten. Nebenbei: Man achtet auch nicht mehr auf den Lärm der Autos und Flugzeuge!
Unerwartet schnell änderten sich die Strukturen der Wirbel: Innerhalb von etwa 10 Sekunden haben sich die Formen deutlich verändert (ausgewertete Bilder)! Und noch ein ganz auffälliges Detail konnte ich nach Erhalt der Bilder finden: Ein horizontnaher Wolkenteil verstärkte seine Helligkeit besonders stark, die Wolke schien dichter zu werden!
Ein Freund hat zur Sichtbarkeit der Wolken dieses Morgens folgendes berechnet:
Der Südrand der Wolke stand knapp 70 km nördlich von Schlägl im Zenit in Südtschechien! Sie hat demnach einen großen Teil dieses Nachbarstaates bedeckt! Auf Deutschland umgerechnet wäre dies etwa die Höhe von Saarbrücken!!!
Ein Beobachter 147 km südlich von Schlägl hätte den Oberrand der NLC in etwa 20° Höhe überm Horizont gesehen, 327 km südlich von meinem Beobachtungsort hat die Wolke noch 10° übern Horizont gereicht und ein Beobachter in Florenz (!) in 538 km Entfernung ( Norditalien) hätte die Wolke immerhin noch in 5° Höhe gesehen! Dies entspricht einer geographischen Breite von knapp unter 44°! Soviel ich aus der Literatur weiß, gab es einmal eine Sichtung aus einer geographischen Breite von 45° (Nordamerika, Beobachtungsintervall 1956 - 1965, aus Gadsden, Schröder, Noctilucent Clouds 1989, Springer Verlag)!
Der Beobachter südlich von Schlägl hätte diese NLC´s sicher heller gesehen als ich, da an seinem Ort die Dämmerung noch nicht ganz so weit fortgeschritten gewesen wäre und die Wolken aufgrund der Perspektive kompakter in Erscheinung getreten wären.
NLC´s in großen Höhen lassen sich bei uns eher zu sehr früher Dämmerung am Abend oder sehr weit fortgeschrittener am Morgen sehen, dann allerdings sicher in geringerer Farbintensität und Helligkeit - eine ganz neue Erfahrung für mich!
Zur Fotografie: Nach früheren Beobachtungen glaubte ich zu wissen, dass ich mit meinem 58 mm Normalobjektiv leicht das Auslangen finden könnte. Der Morgen des 6. Juli hat mich aber eines Besseren belehrt. Es war mir nur möglich, durch Aneinanderstückeln mehrerer Aufnahmen die ganze Wolkenstruktur aufzunehmen (Situation vergleichbar mit Norddeutschland). Mein 17 mm Weitwinkel wäre gerade recht gewesen!
Dass die Sichtung der 2. NLC des Jahres von Schlägl aus nicht allzulange auf sich hat warten lassen (9. Juli abends), habe ich euch im Forum vor etlichen Tagen bereits mitgeteilt.
Beste Grüße aus Schlägl von
Karl
NLC´s am 6. Juli morgens wären bis Florenz zu sehen gewesen!
Moderator: StefanK
Re: NLC´s am 6. Juli morgens wären bis Florenz zu sehen gewe
Hallo Karl,
diese von Dir genannten hohen NLC´s konnte ich leider nicht sehen, da ich nur freie Nord und Ostsicht hatte. Die Sicht nach Süden war mir versperrt. In dieser Richtung hätte ich aber auch nie NLC´s vermutet
*sehr informativer Bericht* Respekt!
Grüße aus dem Oderland
Uwe
diese von Dir genannten hohen NLC´s konnte ich leider nicht sehen, da ich nur freie Nord und Ostsicht hatte. Die Sicht nach Süden war mir versperrt. In dieser Richtung hätte ich aber auch nie NLC´s vermutet
*sehr informativer Bericht* Respekt!
Grüße aus dem Oderland
Uwe
Wer ist online?
Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 38 Gäste