Hallo Tagsichtungs-Fans
hier werden hauptsächlich von Christoph Gerber seit Jahren Tagsichtungen von Venus, Jupiter und sogar Sirius mit den bloßen Augen vorgestellt. (Im SuW Heft 3/1998 gab es einen Bericht von ihm über ältere solche Sichtungen.)
Wir haben uns nun 35 Sichtungen von Venus und Jupiter (davon 26 von Christoph) vorgenommen, die seit 2012 im AKM-Forum gepostet worden waren. Auf die Gefahr hin, Euch damit zu "erschlagen", hier die jeweils gegenchronologisch angelegten und mit astronomischen Angaben ergänzten Auswertetabellen dieser Tagsichtungen:
Wer Links zu den einzelnen Beobachtungen braucht, schreibe mir eine PN.
Die wesentliche Information der Tabelle sind die S/N (Signal-Untergrund-Verhältnisse), wozu jeweils die extingierte Planetenhelligkeit durch die mit Leuchtdichte-Messungen abgesicherte, integrale Himmelshelligkeit im Augenauflösungsscheibchen dividiert wurde, beide müssen dazu von der Magnitudenskala auf lineare Größen delogarithmiert werden. (Näheres über diese Modellierung tragen wir beim nächsten AKM-Seminar in Sonneberg vor und werden es im VdS-Journal publizieren.) Somit ergeben sich aus den obigen Tabellen folgende Verteilungen:
Für Venus lag also im Mittel ein S/N = 1 : 1,9 vor; bei Jupiter ergab sich 1 : 3,6, also ein 1,9-mal schlechterer Wert. Erwartet zwar, warum aber nicht mit etwa dem Faktor 7, um den Venus im Schnitt heller war als Jupiter? Nun das hat damit zu tun, daß Jupiter nur an im Mittel 3,1-mal weniger hellen Himmeln gesehen werden konnte; und so paßt es dann in etwa: 3,1 * 1,9 = Faktor 5,9.
Christoph schaffte es 2023 sogar, den Sirius dreimal am Tag zu sehen, und das an im Mittel 1,7-mal helleren Himmeln als bei Jupiter. Das S/N lag bei sehr niedrigen 1 : (12...20), im Mittel bei 1 : 16,5. Nun war Sirius extingiert etwa 2,5-mal schwächer als Jupiter; eine ähnliche Überlegung wie vorstehend relativ zu Venus läßt das dann auch wieder aufgehen: (1/1,7)*(16,5/3,6) = Faktor 2,7!
Da das insoweit konsistent ist, werden nochmal die S/N für alle drei Punktobjekte gezeigt, durch welche grob eine Potenzfunktion gefittet werden kann (die Magnituden mußten dazu invertiert werden, weil "krumme" Potenzen negativer Werte nicht bildbar sind):
Eine Extrapolation der Kurve auf den zweithellsten Fixstern Canopus zeigt, daß dessen Tagsichtung ein wahrhaft formidables, aber womöglich noch realisierbares S/N von 1 : 30 erfordert. Zwei Sichtungsversuche von Colin Henshaw in 1100 m Höhe in Simbabwe blieben unschlüssig.
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Anfänger bei Tagsichtungen sollten sich auf Venus beschränken, die mit etwas Übung fast an jedem Blauhimmel leicht zu sehen ist. Bei Jupiter wird es dann schon schwieriger, wobei dessen Hochstellung in den derzeitigen Oppositionen hilft. (Mars, der sich in Periheloppositionen mit Jupiter um den Titel des zweithellsten Planeten "streitet", wird in den kommenden Sichtbarkeiten eher so schwierig sein wie Sirius.)
Nicht, daß solche Sichtungen nicht immer auch hier wieder mal berichtet werden könnten, aber die Situation scheint uns aus dieser Untersuchung nun im Grundsatz geklärt. Interessanter wären Versuche zur Grenzhelligkeit am Taghimmel mit optischen Hilfsmitteln oder für zenitnahe Sterne in der Dämmerung bzw. wiederum mit bloßen Augen in vollmondnahen Nächten oder bei Mond- und totalen Sonnenfinsternissen.
Ungeklärt ist, welche schmalen Mondsicheln noch am Taghimmel freisichtig sind. Integral ist der Mond selbst für nur 20 Grad Sonnenabstand (dann etwa zu 3% beleuchtet) immer noch heller als Venus. Erschwerend ist aber seine niedrige Flächenhelligkeit, die selbst noch für 10% Breite weniger als 1/15 der Himmelsleuchtdichte beträgt. Zum anderen sind unsere Augen recht gut darin, Objekte zu erkennen, die eine ungewöhnliche Form haben wie eben der Mond. Hier wird diese Problematik etwas ausführlicher erörtert:
viewtopic.php?f=1&t=61914
Wir möchten daher die Herausforderung hinterlassen, für Mondsicheln von 10% und weniger an Breite Sichtungen am Taghimmel mit bloßen Augen zu versuchen und hier zu berichten. Zu 10% gehören etwa 37 Grad Sonnenabstand und eine Helligkeit von -7,8 mag; zu 5% sind es 26 Grad und -6,5 mag; darunter werden Tagsichtungen kaum noch möglich sein, sie sind ja selbst in der Dämmerung schwierig. Natürlich kann wie auch bei den Planeten immer zunächst ein Fernglas eingesetzt werden, man sollte sich dazu aber vorsichtshalber in den Sonnenschatten begeben.
Viel Erfolg
Elmar und Christoph
Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Moderator: StefanK
- Elmar Schmidt
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Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 15. Mär 2024, 09:03, insgesamt 4-mal geändert.
Re: Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Hallo Elmar und Christoph,
wie sieht es eigentlich mit Merkur aus?
Zumindest im Frühling zum Sonnenuntergang und zum Monatswechsel August/September könnte sich da vielleicht was machen lassen?
Sehr klarer Himmel vorausgesetzt.
Folgende Diagramme stammen von Daten des JPL für 1950-2049.
Alle Helligkeiten vs. Elongationen: Abends und morgens nur wenn Deklination Merkur minus Sonne > 4°: am günstigsten: Auf der Südhalbkugel ist die Situation trotz besserer allgemeiner Sichtbarkeit wegen größerer Elongationen,
wegen der geringeren Helligkeit deutlich schlechter.
Abends und morgens nur wenn Deklination Merkur minus Sonne < -4°: Viele Grüße
Mario
wie sieht es eigentlich mit Merkur aus?
Zumindest im Frühling zum Sonnenuntergang und zum Monatswechsel August/September könnte sich da vielleicht was machen lassen?
Sehr klarer Himmel vorausgesetzt.
Folgende Diagramme stammen von Daten des JPL für 1950-2049.
Alle Helligkeiten vs. Elongationen: Abends und morgens nur wenn Deklination Merkur minus Sonne > 4°: am günstigsten: Auf der Südhalbkugel ist die Situation trotz besserer allgemeiner Sichtbarkeit wegen größerer Elongationen,
wegen der geringeren Helligkeit deutlich schlechter.
Abends und morgens nur wenn Deklination Merkur minus Sonne < -4°: Viele Grüße
Mario
- Elmar Schmidt
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Re: Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Schick, Mario,
wie machst Du das? Tatsächlich hatte ich Merkur gar nicht auf dem Schirm. Aber selbst mit Sirius-Helligkeit sehe ich schwarz, da die Elongation dann nur 10 Grad beträgt. Dort ist der Taghimmel siebenmal heller, als für Sirius im April und September, wenn dieser am günstigsten für Tagsichtungen steht.
Auch die bis zu -2,4 mag, die ihn nach Venus und Jupiter zum dritthellsten Planeten machen, waren mir nicht bewußt. Aber dann steht Merkur der Sonne so nah, daß Freisichtigkeit illusorisch ist. Teleskopisch könnte man das natürlich versuchen - mit aller Vorsicht!
Gruß, Elmar
wie machst Du das? Tatsächlich hatte ich Merkur gar nicht auf dem Schirm. Aber selbst mit Sirius-Helligkeit sehe ich schwarz, da die Elongation dann nur 10 Grad beträgt. Dort ist der Taghimmel siebenmal heller, als für Sirius im April und September, wenn dieser am günstigsten für Tagsichtungen steht.
Auch die bis zu -2,4 mag, die ihn nach Venus und Jupiter zum dritthellsten Planeten machen, waren mir nicht bewußt. Aber dann steht Merkur der Sonne so nah, daß Freisichtigkeit illusorisch ist. Teleskopisch könnte man das natürlich versuchen - mit aller Vorsicht!
Gruß, Elmar
Re: Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Hallo Elmar,
Da dürfte der Oppositionseffekt voll zuschlagen.
Viele Grüße
Mario
Einfach nur mit Excel.hat geschrieben:wie machst Du das?
Ok, und im Hochgebirge, z.B. im Himalaya oder auf dem Denali?Tatsächlich hatte ich Merkur gar nicht auf dem Schirm. Aber selbst mit Sirius-Helligkeit sehe ich schwarz, da die Elongation dann nur 10 Grad beträgt. Dort ist der Taghimmel siebenmal heller, als für Sirius im April und September, wenn dieser am günstigsten für Tagsichtungen steht.
Auch die bis zu -2,4 mag, die ihn nach Venus und Jupiter zum dritthellsten Planeten machen, waren mir nicht bewußt.
Da dürfte der Oppositionseffekt voll zuschlagen.
Viele Grüße
Mario
- Christoph Gerber
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- Wohnort: Heidelberg
Re: Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Hallo Mario,
tatsächlich hatte ich in meinem SuW-Beitrag auf den Merkur hingewiesen und hielt es für denkbar, ihn in den Tropen am Tageshimmel evtl. sehen zu können. Aus deinen Graphiken geht jedoch hervor –wie Elmar bereits festgestellt hat–, dass Merkur die Marke von -1.0 mag in einer Sonnenentfernung von maximal 15–16° "knackt" (und -1.5 mag erreicht er erst unter 10° Sonnenentfernung), so dass ich mir nur sehr außergewöhnliche Umstände vorstellen kann (zB hoch oben auf dem Chimborazo –6200m, Ekuador– bzw. auf dem Kilimandscharo –5900m, Tansania), in dem dies gelingen könnte. In diesem Zusammenhang wäre es interessant, wie weit man Merkur bei einer (totalen) Sonnenfinsternis freisichtig verfolgen kann.
Gruß aus HD,
Christoph
tatsächlich hatte ich in meinem SuW-Beitrag auf den Merkur hingewiesen und hielt es für denkbar, ihn in den Tropen am Tageshimmel evtl. sehen zu können. Aus deinen Graphiken geht jedoch hervor –wie Elmar bereits festgestellt hat–, dass Merkur die Marke von -1.0 mag in einer Sonnenentfernung von maximal 15–16° "knackt" (und -1.5 mag erreicht er erst unter 10° Sonnenentfernung), so dass ich mir nur sehr außergewöhnliche Umstände vorstellen kann (zB hoch oben auf dem Chimborazo –6200m, Ekuador– bzw. auf dem Kilimandscharo –5900m, Tansania), in dem dies gelingen könnte. In diesem Zusammenhang wäre es interessant, wie weit man Merkur bei einer (totalen) Sonnenfinsternis freisichtig verfolgen kann.
Gruß aus HD,
Christoph
- Elmar Schmidt
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Re: Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Möglich, wobei man auch in Tibet oder in den Anden ohne Kraxeln auf über 5000 m Höhe käme. Da hat man nur noch die halbe Luftmasse über sich und eine wesentlich aerosolärmere zumal. Wer macht's?Ok, und im Hochgebirge, z.B. im Himalaya oder auf dem Denali?
Die Freisichtigkeit von Merkur bei Totalen Sonnenfinsternissen dürfte für solche Phasen unkritisch sein, da steht er ja meist im Schattenkegel, in dem die Himmelshelligkeit den Verhältnissen in einer Dämmerung nahekommt. Bei der kommenden am 8. April steht Merkur nahe der oberen Konjunktion, 6 Grad von der Sonne, und sollte nur noch +4,3 mag hell sein. Wir schauen trotzdem mal in Mexiko
Auch klar, wenn man es sich überlegt. Der tritt also zur oberen ("hinteren") Konjunktion auf, und fügt, ähnlich wie beim ebenfalls atmosphärelosen Mond, wohl gut -0,3 mag hinzu. Rekordhelligkeit Merkurs war -2,48 mag, nur halt unbeobachtbar vom Boden. In unterer Konjunktion ist Merkur minimal nur noch etwas heller als +6 mag.Da dürfte der Oppositionseffekt voll zuschlagen
Im folgenden Paper ist das für alle Planeten durchexerziert. Offenbar verwenden der Nautical Almanac und Programme wie Stellarium oder Webseiten wie https://www.sky-calc.com/ (Autor: Andreas Möller) diese Formeln. Im Detail stimmen sie aber nicht ganz, wie ich für Mars zeigen konnte.
https://arxiv.org/abs/1808.01973
Gruß, Elmar
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 1. Mär 2024, 16:47, insgesamt 2-mal geändert.
Re: Synopse von Tagsichtungen heller Planeten und Sterne
Ja, bei der 3min-Finsternis am 26.02.1998 war Jupiter mit -2,01mag in 2,7° Entfernung und Merkur mit -1,64mag in 4,1° Entfernung zur Sonne.Die Freisichtigkeit von Merkur bei Totalen Sonnenfinsternissen dürfte für solche Phasen unkritisch sein, da steht er ja meist im Schattenkegel, in dem die Himmelshelligkeit den Verhältnissen in einer Dämmerung nahekommt.
Beide waren deutlich sichtbar. Lange vor der Totaliät schon die Venus. Ob Saturn oder Atair oder andere Sterne sichtbar waren, weiß ich nicht mehr.
Ich hatte leider ein übervolles Fotoprogramm mit völlig unzureichender Ausrüstung geplant.
In der allgemeinen Aufregung war dann planetentechnisch leider nur das dabei herausgekommen: Viele Grüße
Mario
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