Hallo! (speziell an die "Neuen")
Lutz Schenk, Peter Kuklok, Thomas Sävert und ich sind jetzt schon mindestens seit April 2000 "im Geschäft".
Wir haben auch mal so angefangen, dass wir bei jedem Zucken im Sonnenwind und bei jedem Kp7 (SEC-Version) einen Anfall bekommen haben.
Es wird mindestens 2 Jahre dauern, bis man sich an einige Eigenheiten des Sonnenwindes und dieser ganzen solar-terrestrischen Beziehungen gewöhnt hat.
Hier mal einige wenige Punkte.
1.) Der SEC Kp (Kp = planetare magnetische Kennziffer) gilt immer für die vergangenen 3 Stunden (oder entsprechend weiter zurück). Er beschreibt keinesfalls die aktuelle Situation und man kann auch nicht von vorher auf jetzt schließen. Weiterhin wird dieser Wert nur provisorisch aufgrund von Magnetometerdaten aus den USA gebildet und ist somit extrem Amerika-lastig. Der offizieller Kp-Wert kommt 2 Mal pro Monat heraus und zeigt immer signifikante Erniedrigungen zum SEC Kp Wert, wenn Europa auf der Tagseite liegt und im Gegenzug signifikante Erhöhungen, wenn Europa auf der Nachtseite liegt.
2.) Um sich aktuell über die geomagnetische Aktivität auf dem laufenden zu halten, gibt es nur den Blick auf ein Magnetometer in der Nähe des eigenen Standortes. Hier bietet sich mittlerweile eindeutig ein Blick auf
http://www.sam-europe.de/ an.
3.) Mit der Zeit lernt man die Sonnenwinddaten (am ACE Satelliten) halbwegs richtig zu interpretieren. Man schaut dann immer weniger auf die Dichte und viel mehr, fast ausschließlich, auf Bt und Bz.
Um bei "normaler CME Geschwindigkeit" (600-800km/s) in Deutschland Polarlichter sehen zu können, brauchen wir einfach Bt größer 20nT und Bz kleiner -15nT über längere Zeit. Das Ereignis von letzter Woche war einzig durch seine gewaltige Geschwindigkeit (1200-1400km/s) geprägt und konnte dadurch auch bei positiven Bz-Werten (nördliches IMF) starke geomagnetische Störungen auslösen und vor allem in Gang halten.
4.) Wenn man sich alleine die Meldungsanzahl der Warnliste anschaut, so haben wir in Deutschland eine signifikante Erhöhung der Polarlicht-Chancen im April und im Oktober/November. Alle Monate dazwischen können nur durch wirklich glückliche Treffer mit Polarlicht aufwarten. Diese "Regel" gilt aber nicht nur für Deutschland sondern lässt sich auch aus Daten aus Skandinavien und Nordamerika untermauern.
5.) Wer etwas weiter ins Thema eingedrungen ist, kann sich dann mit Begriffen wie dem Heliospheric Current Sheet und den zugehörigen Sektoren im Sonnenwind auseinandersetzen. Aber wer bis hierhin kommt, muss wirklich stark an PLS leiden.
6.) Es gibt zwar noch die sogenannten coronalen Löcher, die einen sehr schnellen Sonnenwind ausströhmen lassen, aber dieser bringt nur in einem sehr begrenzten Zeitraum am Beginn des Sonnenwindstroms Polarlichtchancen bis nach Norddeutschland. Diese Polarlichter erreichen aber in keiner Weise die Intensität des G5 Sturms von letzter Woche. Sie konnen nichteinmal mit einem mittleren Ereignis wie Mai 2003 oder September 2002 mithalten. Solche Ereignisse sind nur etwas für den harten Polarlichtalltag, oder für den Skandinavien-Urlaub. Allerdings sind sie relativ gut vorhersagbar, so dass man bei passender Wettervorhersage auch mal einen kurzen 2 oder 3 Tage Urlaub im Norden verbringen könnte.
Mhh, ich denke das sollte erstmal für den Anfang reichen.
Wer jetzt noch mehr Infos braucht, bitte primär das Web konsultieren oder sich das "Aurora Watcher's Handbook" von Neil Davis kaufen.
Gruß
Ulrich