Danke noch für all eure netten Kommentare!
Nachdem ich jetzt drei Wochen am Stück fast jeden Tag unterwegs war, muss ich nun doch mal antworten.
Die Gewittertätigkeit Anfang bis Mitte Juni war wirklich außergewöhnlich. Insgesamt habe ich wohl etwa 12-15 verschiedene Gewitter fotografieren können, in zwei Wochen. An einem Tag (18.06.) traf es Kiel allerdings sogar gleich viermal an einem Tag und das mit Platzregen die wirklich an tropische Regengüsse erinnerten. Ich habe nur das letzte wirklich mitbekommen (und fotografiert), denn irgendwann muss auch eine Laura mal in die Koje.
Hier also noch ein "bisschen" was mehr aus den Great Plains aus Nord(ost)deutschland. Es tut mir leid, dass es jetzt sehr viele Bilder werden, aber ich muss das einfach alles so zusammenfassen, um die Heftigkeit dieser Gewitterphase richtig rüberzubringen.
Nachdem mir am 13. abends die geniale Mischung aus NLCs und Böenwalze vor dem Kieler Stadtpanorama beschert wurde, hatte ich noch versucht, mich vor der Böenfront zu halten, was aber schwierig war. Als ich es geschafft hatte, mich davor zu setzen, war davon nur noch wenig übrig, aber eine schöne Rollcloud vor dem monderhellten Sternenhimmel hat auch etwas...
14.06. - Am nächsten Tag ging es gleich spektakulär weiter: Eine textbookmäßige Superzelle zog durch Nordfriesland, von Husum bis Flensburg und verursachte wohl in Apenrade einen Tornado (
https://ekstrabladet.dk/112/politi-bile ... yaeYvYTrSU).
Leider konnte ich sie nur bis Flensburg verfolgen, aber das war vielleicht auch besser so.
Hier einige Bilder von der Entstehung bis zur vollen Giftigkeit. Ich dachte mehrmals, dass ein Tornado nur noch eine Frage von Sekunden wäre.
Dieselbe Zelle später von meinem Rückweg aus Richtung Schleswig gesehen.
Es blieb keine lange Pause, am nächsten Morgen sollten sich bereits vor Sonnenaufgang erste wirklich giftige Zellen bei Hannover bilden und gen Norden ziehen. Ich fuhr mit meinem Kollegen bis nach Schwerin, um die dickste abzufangen. Es dauerte nicht lang, da sahen wir auch schon wunderbare stratiforme Inflow-Strukturen und bald standen wir der gewaltigsten Superzelle gegenüber, die ich je gesehen habe. Man konnte in Echtzeit die Rotation des riesigen Gebildes gut erkennen. Sie war so gewaltig, dass ich bald auf Fisheye umsatteln musste.
Wer facebook nicht scheut, für die gibt es einen Videozusammenschnitt der Zelle im Zeitraffer und ihrer Folgen:
https://www.facebook.com/lkfotographie/ ... 193538322/
Das 12Z-Nachmittagssounding von Lindenberg war dann so heftig - bis zu 3000 J/kg Cape und die Scherung in Richtung Ostsee auch unglaublich, außerdem gab es in Meck-Pomm noch ziemlich ordentliche Einstrahlung und bereits erste Quellungen, sodass wir gleich weiter nach Osten fuhren und noch ein weiteres Spektakel an der deutsch-polnischen Grenze erleben durften, dass uns der Atem stockte. Die ersten Gewitter, die bei Neubrandenburg hochschossen, hatten schnell einen so großen Eisschirm entwickelt, dass wir ihn nach weniger als einer Stunde in alle Richtungen sicherlich bis 50 Kilometer Entfernung über uns hatten, mit tollen Mammaten - kein Wunder bei den CAPE-Werten! Der Aufwindturm war im Dunst noch nicht einmal zu erkennen, da war schon ein deutliches, tiefes, ständiges Donnergrummeln in der Ferne zu hören. Die Luft war drückend, wirklich tropisch - bei 28 Grad und 20 Grad Taupunkt. Nachdem wir insgesamt vier oder 5 Gewitter gesehen hatten, davon mindestens drei schöne LP-Superzellen mit isolierten, eingeschraubten Aufwindtürmen, versuchten wir uns noch vor die sich formierende Linie in Richtung Polen zu setzen, mussten dies aber aufgrund zu vieler Neubildungen vor der Front abbrechen, sonst wären wir wohl am Ende in Kaliningrad gelandet und wir wollten auch nicht in einen Tornado oder Hagelkern geraten. Dafür gab's auf der gigantischen Rückseite im Abendlicht nochmals schöne Mammaten.
Dann war erstmal eine kurze Verschnaufpause, ehe am 18. dann Dauergewitter in Kiel angesagt war, wirklich eins nach dem anderen. Abends bei Nummer vier im Anmarsch bin ich dann runter ans Wasser.
Der letzte Paukenschlag kam dann am nächsten Tag, als erneut eine sehr energiereiche Luftmasse über Schleswig-Holstein lag. Die Scherung war nicht so riesig, aber man muss dazu sagen, dass an dem Tag die Wettermodelle ohnehin mit ihrem Latein am Ende waren, da es am frühen Nachmittag eine thermische Auslöse gab, die zuvor nicht berechnet war und somit war ohnehin eine völlig neue Lage entstanden. Wir fuhren zuerst Richtung Süden, in der Hoffnung, noch an eins der schönen thermischen Gewitter dranzukommen, denn die waren durchaus ganz gut organisiert. Leider starben sie - wenig überraschend - meist recht schnell weg, als sie in die Nähe der Ostsee kamen. Von Süden kam eine weitere Konvergenz herein, die dank kräftiger rückseitiger Abwinde und einer durch die thermisch ausgelösten Gewitter noch unberührten Luftmasse in der Mitte von SH selbst die Passage der Elbe gut überstand und sich danach bei Itzehoe/Albersdorf so richtig zum Augenschmaus entwickelte. Eine der schönsten, wenn nicht die schönste Gewitterfront, die ich je gesehen habe! Sie traf später Kiel mit einiger Wucht und warf einige Bäume und in Laboe die Strandkörbe um. Leider blieben wir an einer gesperrten Eiderbrücke hängen und hatten Glück, dass das schlimmste seitlich an uns vorbeizog.
Zum Schluss kam abends noch die richtige Kaltfront über die Elbe und brachte nochmal eine schöne Shelf und ein paar Blitze, aber nichts wildes mehr.
Schlusswort: WOW! Was für ein Wettermonat! Und dann noch dieses Wahnsinns-NLC-Display. Ob das noch zu toppen ist? Wird jedenfalls schwer!