colorful "rainbow" sundogs

Forum für Halo-Erscheinungen, Regenbögen, Blitze und alle anderen Lichterscheinungen, die neben Polarlichtern in der Erdatmosphäre auftreten.
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Bertram Radelow
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colorful "rainbow" sundogs

Beitrag von Bertram Radelow » 21. Nov 2009, 21:22

Heute habe ich wieder einmal Nebensonnen gesehen, die nicht in mein Bild von der "anerkannten" Entstehungsweise (undisziplinierter Haufen von allen möglichen Kristallen) passen:
1.) spektral rein
2.) scheinbar ohne Substrat - also Halo "im Blauen" (sieht auf den Fotos nicht ganz so aus, über die Zeit beobachtet waren die Halos aber unabhängig von den Cirren auf den Fotos)
3.) zeitlich unberechenbar: alle hier gezeigten Halos waren nur weniger als 2 Minuten zu sehen, und zwischen der rechten und der linken NS liegen mehr als zwei Stunden. Ausser den hier gezeigten NS gab es immer mal wieder auch andere NS, aber nicht so schön, und meistens viel zu kurz - bis ich zum Fotoapparat gelaufen war, waren sie schon wieder fast vorbei.

Weiss jemand, was die Bedingungen (vor allem welche Kristallform) für solche "Regenbogen"-Nebensonnen sind? (Also meine Modellflugkollegen haben die Halos zweifelsfrei als Regenbögen identifiziert :? )

Meine Arbeitshypothese ist folgende: solche Nebensonnen treten irgendwie in der Nähe oder verweht unterhalb von Cirren auf. Die Bewölkung wechselte heute erstaunlich (Föhnlage), aber wenn die NS sichtbar waren, waren irgendwo auch Cirren am Himmel - aber nicht unbedingt "hinter" den NS.

Zur Kristallform: Es ist ja unwahrscheinlich, dass Plättchen ihre sechs Ecken alle gleich ausrichten (was - wenn es so wäre - erklären könnte, wieso die überlagerten Spektren eben nicht zum weissen Brei mit rotem Saum verschmieren). Oder sind Eiskristalle magnetisch - natürlich nur ganz minim? Können sie sich in extrem ruhigen Bedingungen am Erdmagnetfeld orientieren? (Es war heute extrem ruhige Luft, vertikal und horizontal - ich war den ganzen Tag Modellfliegen, und alle Luftmoleküle waren sozusagen angenagelt)

Allgemein: es könnte sich um Halos in Virgas (Fallwolken) unter den Cirren handeln. Das würde auch zu einer Beobachtung des Nebensonnenbruders - des ZZBs - passen, von dem ich mal ein extrem reines und helles Exemplar unter hohen Wolken gesehen habe (das Foto ist nur noch der kümmerliche Rest). Auch dieser ZZB war immer nur sehr kurz zu sehen.


oops - ich sollte mal die Linse putzen...
Bild

linke Nebensonne, gleiche Zeit wie obiges Bild
Bild

rechte Nebensonne, über zwei Stunden vorher
Bild

enjoy!

Bertram

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Claudia Hinz
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Beitrag von Claudia Hinz » 22. Nov 2009, 08:49

Hallo Bertram,

schöne Bilder. Aber warum machst Du die Überschriften nicht mehr in Deutsch??? Das fällt mir schon 'ne ganze Weile auf ...

Hier gabs gestern auch schöne Nebensonnen, teilweise mit Horizontalkreis durch die Sonne:

Bild

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Für die Helligkeit und Farbigkeit der Nebensonnen könnte der Föhn verantwortlich sein. Er sorgt für eine ständige Neuentstehung und Auflösung von Eiskristallen, so daß sie in ihrer kurzen Lebenszeit optimale optische Eigenschaften besitzen. Wir haben bei Föhnwetterlagen schon sehr oft kurzlebige sehr helle, aber auch seltene Halos beobachtet. Gestern gabs eine rechte Nebensonne, die so hell war, daß keine Farben mehr erkennbar waren, alles war überstrahlt und ohne Sonnenbrille war es unmöglich, in diese hineinzuschauen.

LG Claudia

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 22. Nov 2009, 10:59

hallo Claudia,

Überschriften: ich bekomme auf meine Beiträge fast mehr Emails aus dem anderen Ausland als aus dem nördlichen Nachbarland 8)
Aber ich kann sie auch wieder in Deutsch abfassen, kein Problem...

Das zweite Bild von Dir gefällt mir ausserordentlich, und auch bei Deinen NS ist das blaue Ende des Spektrums zu sehen. Müssten die Plättchen dann nicht alle gleich orientiert sein?

Föhn war bei uns gestern nur sehr schwach (im Gegensatz zu heute), in Davos war es praktisch windstill und die Cirren am Himmel bewegten sich nur sehr langsam. Ich hätte angenommen, dass die Plättchen sehr ungestört wachsen konnten.

Bertram

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Reinhard Nitze
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Beitrag von Reinhard Nitze » 22. Nov 2009, 15:40

Hallo Bertram!

Ich glaube nicht, das in diesem Fall eine zusätzliche Orientierung die Ursache für die Farben sind. Wo sollte die herkommen? Das Magnetfeld der Erde hat bestimmt keinen Einfluss auf die Orientierung, obwohl ich zugeben muss, dass diese Vorstellung sehr reizvoll wäre. Ich denke eher, das die auslösenden Kristalle verhältnismäßig groß waren und gleichzeitig eine hohe Qualität aufwiesen. Eine Kombination von großen und qualitativ hochwertigen Kristallen kommt nicht so häufig vor, womöglich wiesen sie auch alle noch alle eine ähnliche Größe auf.

Ob das wirklich der Fall ist, weiß ich allerdings nicht. Ich bin auf diesen Gedanken gekommen, weil die Farben in einem Regenbogen auch von der Tropfengröße abhängen (Nebelbogen=feinste Tröpfchen -> Bogen weiß, Platzregen=große Tropfen -> Bogen farbig)

Nur so'ne Idee.

Viele Grüße, Reinhard!

PS: Sehr schöne Bilder habt Ihr Beide wieder eingestellt, hier gab es mal wieder nur Regen.

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 22. Nov 2009, 22:51

Hallo Claudia und Reiner,

wahllos um die Hochachse orientierte Plättchen erzeugen Spektren in verschiedene Richtungen, die sich überlagern, so dass nur beim "innersten" Spektrum der rote Rand übrig bleibt; der Rest verschmiert zu weiss.

Die Kristallgrösse dürfte theoretisch keine Grösse spielen (anders als bei Nebelbögen), solange der Kristall wenigstens ein paar Wellenlängen gross ist. Auch mit 1 m Grösse wird der Halo nicht schöner.

Die Kristallgüte (ebenmässiges Hexagon) spielt sicher eine Rolle.

Um eine farbreine NS zu erzeugen, müssten die Plättchen irgendwie synchron schweben. Deswegen mein erster Gedanke, dass die Plättchen zwar nicht bipolar magnetisch sind (wie eine Kompassnadel) , aber evtl. rotationssymmetrisch alle 60° bevorzugt im Erdmagnetfeld "einrasten". Aber das ist vermutlich Quatsch?

Eine andere theoretische Möglichkeit wäre, dass sie in eine Windscherung fallen, dabei also sanft von einer Seite angehaucht werden. In diesem Fall - denke ich - gibt es eine Vorzugsorientierung, wie sich die Kristalle in den Wind stellen, und schon haben wir das reine Prismenspektrum.
Ich stelle mir die Luft da oben extrem ruhig vor - zumindest diese Tage hatten wir ja eine ausserordentlich stabile Luftschichtung. Da können minimalste Kräfte die Lage der Kristalle durchaus beeinflussen. Diese Erklärung favorisiere ich im Moment.
...

Nebenbei war bei "meinen" Nebensonnen das eigentlich Faszinierende, dass sie im "Nichts" erschienen. Die auf den Fotos sichtbaren Cirren zogen weiter, die Nebensonnen blieben davon unbeeindruckt. Die Helligkeit der einzelnen Gebiete der NS waren auch nicht mit der Wolkendichte der Cirruswolken korreliert.

Bertram

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 23. Nov 2009, 20:25

Hallo allerseits,

meiner Ansicht nach dürften die Nebensonnen nicht an den üblichen Positionen auftauchen, wenn nicht beliebige Rotationen um die vertikale Achse zugelassen werden, sondern müßten i.A. weiter (d.h. mindestens gleich weit) von der Sonne entfernt sein. Diese Verschiebung ist aber möglicherweise nicht sehr stark und mag daher nicht auffallen, wäre aber vielleicht doch meßbar.
Das Erdmagnetfeld mit ins Spiel zu bringen, ist ein interessanter Gedanke. Eigentlich reagieren ja alle Stoffe mehr oder weniger stark auf Magnetfelder, die meisten aber eher weniger, und so dürfte es auch bei Eis sein (ist auch sicher irgendwo tabelliert). Daher ist wohl anzunehmen, daß Luftwiderstand, Windscherung u.ä. viel mehr Einfluß auf die Kristallorientierung haben.
Übrigens gibt es auch Untersuchungen zur Abhängigkeit der Erscheinungsform der Nebensonnen von der Kristallgröße. Ähnlich wie beim Nebelbogen produzieren kleinere Kristalle ein durch Beugung verwischtes, weißliches Spektrum und größere eben reinere Farben. Bloß die Interferenz"bögen" fallen (so gut wie) weg, da im Vergleich zum Wassertropfen der Kristall das Licht nur umlenkt (und durch seine Größe wie ein Spalt zur Beugung führt), aber nicht fokussiert (d.h. die Wellenfront stark krümmt).

Viele Grüße, Alex

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Christian Fenn
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Beitrag von Christian Fenn » 25. Nov 2009, 15:10

Hallo allerseits,

wir hatten dazu schon einmal eine Diskussion und ich kann mich erinnern, dass ich mir lange Gedanken gemacht und so manche Konstruktion angestellt habe. Das damalige Ergebnis ging davon aus, dass die Kristallgröße nicht besonders groß ist, sondern besonders klein: dass es sich also um junge Kristalle handelt.

Warum? Je kleiner der Kristall, desto größer erscheint im Verhältnis der Kondesationskeim. Das Licht wird also beim Durchlaufen der Kristallmitte ausgebremst (Keim), während es am Rand einen ungestörteren Weg nehmen kann. Strahlen, die den inneren Teil der Nebensonne (21,7°) abbilden, laufen eher am Rand des Kristalls, während Strahlen, die den äußeren Teil der NS abbilden (24 - 29°), eher durch den Kristallkern laufen. Jene Strahlen, die also aufgrund ihrer Überlagerung zum weißen Schweif der Nebensonne führen, werden durch den Keim im Kristall ausgebremst und verlieren an Wirkung. Dadurch verliert die Überlagerung an Wirkung. Und dies wiederum läßt die innerste Nebensonne "unbeeinflußt" in allen gebrochenen Farben (ohne Überlagerung ) erscheinen.

Klingt zumindest logisch. Auch wenn ich noch kein Kristall gesehen habe. Da es nur meine Theorie ist, liegt es nun an euch das zu glauben oder nicht.

Grüße, Christian

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 25. Nov 2009, 16:15

hi Christian,

Deine Arbeitshypothese klingt für mich gut. Zumindest kann sie erklären, wieso der Verwischungseffekt wegfällt.

Nur kann sie folgendes kaum erklären:
- Mit zunehmendem Kristallwachstum müsste das "spektrale" Aussehen verloren gehen und die NS "klassisch" aussehen (aber evtl. gibt es gar kein weiteres Wachstum bei spektralen NS?)
- "spektrale" NS habe ich bisher nur an sehr ruhigen Tagen gesehen, und häufig im relativ klaren Himmel

Vielleicht merken wir alle uns in Zukunft mehr die Rahmenbedingungen beim Auftreten einer NS, egal ob spektral bunt oder klassisch weiss-rot.

Bertram

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Christian Fenn
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Beitrag von Christian Fenn » 25. Nov 2009, 17:34

Du hast schon recht, je größer die Kristalle wachsen, desto mehr verwischen die Farben. Dann nehmen wir sie vermutlich als normale Nebensonne wahr. Müßte man mal länger zusehen (falls möglich). Und eigentlich ist das mit Klaren Tagen eher ein Beweis, denn das spräche für junge Kristalle. An trüberen Tagen dürften ja schon viel mehr und viel länger welche gewachsen sein.

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 25. Nov 2009, 18:03

Hallo,

als ich gerade von der "Keimabschattungshypothese" gelesen habe, habe ich mich spontan an die Bilder im Buch von Tape über Halos in der Antarktis erinnert, dort waren auch Mikroskopbilder der Kristalle drin. Häufig hatten diese Lufteinschlüsse im Inneren, auch die größeren. Prinzipiell kann das Licht da ja immer noch durchgehen (im Gegensatz zu einem undurchsichtigen Keim), aber der Strahlengang wird ziemlich verändert. Dann wäre die Argumentation für "spektral reine" Nebensonnen durch Strahlengangseinschränkung hier nicht mehr auf kleine Kristalle beschränkt. Den Gedanken, daß große Kristalle weniger beugen und damit grundsätzlich für reinere Farben sorgen, würde ich nicht so ohne weiteres aufgeben wollen.

Gruß, Alex

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 25. Nov 2009, 22:17

Naja, wenn wir schon gerade bei den NS sind...

Kann zufällig jemand erklären, wieso es NS gibt
- völlig ohne Horizontalkreis
- mit HK deutlich nur nach aussen
- mit KK aussen und innen?

Ich meine, die Kristalle haben ja keine Rollos, die sie nach Bedarf rauf und runter rollen :?
"Eigentlich" müsste ja jede NS einen HK links und rechts in gleichem Ausmass neben sich haben. Oder checke ich da irgendetwas nicht so genau?

Bertram

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 26. Nov 2009, 20:59

Hallo Bertram,

Horizontalkreis und Nebensonnen kommen durch zwei unterschiedliche Klassen von Strahlengängen zustande und können dann je nach Zusammensetzung des verantwortlichen "Kristallgemischs" unterschiedlich hell ausfallen. Zu den Nebensonnen gehört aber der weißliche Schweif nach außen, der auf dem Horizontalkreis zu liegen kommt und sich mit diesem überlagert. Nach innen geht der Schweif nicht, da die Nebensonnen wegen der Minimalablenkung eben genau die Grenze markieren. Also müßte eigentlich jede Nebensonne den typischen Schweif haben, bloß wird sich der nicht immer gegen den Hintergrund durchsetzen können, oder es liegt an einem der hier zuletzt diskutierten Sonderfälle, daß eine alleinstehende Nebensonne auftritt.

Gruß, Alex

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 26. Nov 2009, 21:57

Alexander Haußmann hat geschrieben:... kommen durch zwei unterschiedliche Klassen von Strahlengängen zustande...
Klar, NS = Refraktion und HK = Reflexion u.a. interne Strahlengänge

Ich dachte nur, wie kann ein liegendes Plättchen Licht sauber brechen ohne in geringfügig anderer Stellung es nicht auch an seinen Aussenflächen zu spiegeln?

Eine saubere "kristallklare" Brechung und trotzdem "raue" Aussenflächen, die eine Spiegelung evtl. verunmöglichen - kann ich mir schwer vorstellen.

Bertram
____

Endlich wieder schön kalt, Schneekanonen laufen, aber es ist zu trocken für Halos. :cry:

berndg
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Beitrag von berndg » 27. Nov 2009, 08:56

Bertram Radelow hat geschrieben: Ich dachte nur, wie kann ein liegendes Plättchen Licht sauber brechen ohne in geringfügig anderer Stellung es nicht auch an seinen Aussenflächen zu spiegeln?
Das liegt daran, dass der überwiegende Anteil des einfallenden Lichts in den Kristall eindringt und nicht bereits an der Aussenfläche reflektiert wird.

Gruß, Bernd

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 27. Nov 2009, 22:31

Hallo,

noch ein paar Ergänzugen von mir: Die geringe Reflektivität erklärt, warum der Horizontalkreis meist nicht so hell wird. Trotzdem gibt es eben kein festes Helligkeitsverhältnis NS/HK, weil auch noch die Sirnseiten möglicherweise vorhandener waagerechter Säulenkristalle zum HK beitragen (+ weitere interne Reflexionen).

Vielleicht reagieren auch die Nebensonnen weniger "empfindlich" auf angegriffene Oberflächen als der Horizontalkreis - ich würde mich da nicht "aus der Kalten" festlegen wollen. Mir kommen aber einige diffuse und verwaschene Nebensonnen ins Gedächtnis...

Nicht zu vergessen ist aber auch der diffuse Hintergrund, der die schwachen Erscheinungen überdeckt und starken Schwankungen unterliegt. Vermutlich "gibt" es Horzizontalkreise und andere seltene Halos viel häufiger (im dem Sinne, daß ein gewisser Anteil des Sonnenlichts den erforderlichen Weg durch den bzw. am Kristall nimmt) als wir sie "sehen" (sie sich also vom Hintergrund abheben) - die Diskussion gab es hier aber bestimmt schon mal (auch im Hinblick auf Photostacking).

Viele Grüße,
Alex.

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 27. Nov 2009, 23:18

hi Alexander und die anderen,

ich bin manchmal schon schwer von Begriff oder sogar stur 8) ...

"die geringe Reflektivität":
a) alle Bilder von hexagonalen Eiskristallen, die ich gesehen habe, hatten möglicherweise eine Sauerei im Inneren, aber die Aussenkanten waren alle einwandfrei.
b) die sind ja wohl nicht von Fielmann "entspiegelt" worden? :?

Ein HK wäre wohl sicher deutlich schwächer, wenn die Aussenflächen gewölbt wären. Für die Refraktion im Kristall hätte das wohl zur Auswirkung, dass die NS vertikal aufgefächert wird. Auf meinen Bildern sind die NS ganz normale 2° hoch, was ja wohl mit Imperfektionen und Gewackel vereinbar ist.

Und jetzt das aaaaber:

Claudias schöne Bilder (die ersten drei), gleicher Tag, evtl. sogar ähnliche Zeit, bloss 188,92 km ostnordöstlich von meinen Bildern, sehen ganz normal aus: ein bisschen HK innen, und aussen der Pseudo-HK (Schweif) aus den überlagerten Spektren der verschieden ausgerichteten Plättchen. So hätte ich das erwartet und so war es ja auch.

Meine Bilder, ein absolut farbreiner "Regenbogen", und - trotz dunklem Hintergrund! - nichts, aber auch gar nichts von Schweif oder HK. Nicht einmal ein Hauch! Erst recht kein Häuchlein! Also so viel Entspiegelung muss mir mal jemand erklären. Den nicht vorhandenen Schweif glaube ich ja schon beinahe (da muss die Sauerei im Inneren aber schon sau-ber gepasst haben).

Bertram

edit: Claudias Fotos waren einen Tag vor meinen (gut - die Wetterlage hatte sich aber nicht gross geändert)

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 29. Nov 2009, 22:51

Hallo Bertram,

mit der "geringen Reflektivität" war gemeint, daß Eis bei senkrechtem Einfall (ganz ohne "Entspiegelung") nur 2% der einfallenden Intensität zurückreflektiert, bei anderen Winkeln ist es mehr und geht schließlich auch gegen 100% bei streifendem Einfall. Der Rest dringt in den Kristall ein und kann (falls passend) zum Nebensonnenlicht beitragen - also lebt in gewisser Weise der eine Effekt auf Kosten des anderen. Gewölbte Flächen dürften eigentlich (nach dem was ich über Kristallographie weiß) nicht entstehen, und die Verdunstung sollte auch zuerst die Ecken "anfressen", ohne gleich die großen Flächen stark zu krümmen.

Aber um auf Deine Bilder zurückzukommen: Die abschließende, unwiderrufliche Erklärung habe ich natürlich auch nicht. Denkbar wäre wirklich eine Einschränkung der Winkeleinstellungen um die vertikale Achse durch Windscherung - wie schon erwähnt wird dann das Spektrum "sauberer" und passenderweise fällt auch der Schweif weg (der ja von den "unbrauchbaren" Orientierungen herrührt). Womöglich spielt da auch
Deine Gebirgssituation mit ihrer eigenen (Höhen)windverteilung mit hinein, so daß auch schon über kurze räumliche/zeitliche Distanzen starke Unterschiede auftreten.

Wenn natürlich die Gleichverteilung um die vertikale Achse aufgehoben wäre, fiele auch ein (azimutal) gleichförmiger Spiegelhorizontalkreis weg. Vielleicht hat der Zufall dafür gesorgt, daß in der Nebensonnenausfallsrichtung wegen der Vorzugsorientierung gerade keine passende Reflexionsfläche bereit stand, dann wäre die Abwesenheit eines HK erklärbar. Was die Einschlußhypothese liefert, kann man aber meiner Meinung nach nicht so leicht vorhersagen.

Gruß, Alex.

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Beitrag von Christian Fenn » 30. Nov 2009, 21:33

Warum glaubt mir eigentlich keiner? Darf ich nochmal zur Theorie über den gebremsten Strahlengang in der Mitte der Kristalle zurück kommen, der die bläuliche Färbung (also die fehlende Farbüberlagerung) erklären soll. Wenn dem so wäre, dann ließe sich daraus auch automatisch ableiten, dass der Schweif entfallen müßte.

Da ich selbst an meine Theorie mit den jungen Kristallen glaube (wissen tue ich es ja nicht), muss ich das hier auch nochmal verteidigen.

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Beitrag von Bertram Radelow » 1. Dez 2009, 07:22

hi Christian,
ich glaube Dir sogar, und der fehlende Schweif nach aussen wird damit sogar allerbestens erklärt. (Mir geht es übrigens ähnlich wie Dir: das blöde Plättchengewackel um Lichtsäulen zu erklären kann gar nicht funktionieren, es geht nur mit sehr flachen hexagonalen Pyramidenplättchen - nicht zu verwechseln mit Pyramidalkristallen. Das glaubt mir auch keiner).

Wie schreibt Alex so schön: Bei senkrechtem Einfall nur 2% Reflexion (immerhin!) - das wäre am Gegensonnenpunkt! Davon reden wir ja gar nicht. Und bei streifendem Einfall fast 100%. Ich würde ja mal frech behaupten, dass bei 11° (!) Einfallswinkel - dem Ort der Nebensonne - auch noch fett was reflektiert wird. Da reflektiert so gut wie jede glatte Oberfläche noch stark.
Also sollten wir bei jedem Vorkommen von waagerecht schwebenden Plättchen (NS, ZZB) einen fetten HK sehen können - bei der Sonne am hellsten und nach aussen schwächer werdend, analog einer Lichtsäule, und wenigstens so hell sollte er doch auch sein. (Die HK-Anteile jenseits der reinen externen Spiegelung entstehen durch interne Reflexion, um die geht es jetzt aber nicht)

Aber wir sehen ihn nicht. Irgendwer oder was bewirkt, dass es zu keiner Reflexion kommt. Ich kann einfach nicht verstehen, wieso man auf meinen Bildern bei wesentlich klareren Bedingungen vor dunklem Himmel nicht einmal den Hauch eines HKs von der Sonne zu den NS sieht. Auf Claudias Bildern sind sie ja sichtbar.

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Beitrag von Bertram Radelow » 2. Dez 2009, 19:34

Kann es sein, dass ich Opfer einer Verwechslung bin? Dass ich gar keine Nebensonnen gesehen habe? Ich habe noch mal die Bilder durchgeguckt, weil ich schon bei den auf der ersten Seite gezeigten den Verdacht hatte, dass sie schief stehen. Hier noch mal drei Bilder von der rechten Pseudonebensonne (von der linken habe ich keine besseren - aber auch die steht leicht gekippt):

Bild

Bild

Bild

Achtet bitte auch darauf, dass die Halohelligkeit praktisch unabhängig von der Cirrendichte ist. Das dritte Bild ist kein Ausschnitt des zweiten, aber direkt danach mit stärkerem Zoom aufgenommen.

Irgendwie ist das ähnlich wie ein unterer Lowitzbogen, aber ohne den ganzen nötigen Rest. Oder sind NS immer so gekippt? Auf Claudias Bildern sieht es so aus, aber sie hat ein Superweitwinkel, bei dem möglicherweise eine kissenförmige Verzerrung dazu führt.
Wenn das nun ein Halo - welcher auch immer - ohne Plättchen ist, erklärt das natürlich auch fehlenden Schweif und HK.

Bertram

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