Mond-Phasenhelligkeitsmessungen

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Elmar Schmidt
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Mond-Phasenhelligkeitsmessungen

Beitrag von Elmar Schmidt » 19. Aug 2020, 21:32

Hallo Lunatiker,

inzwischen habe ich schon das fünfte Jahr mein Wunschgerät für Leuchtdichtemessungen (Konica-Minolta LS 150) mit 1-Grad-Blende im Einsatz und schon drei Totale Mondfinsternisse mit dem photometriert. Zur Ergänzung, aber auch aus Interesse, kontrolliere ich den Mond bei jeder guten Gelegenheit von hier, was zu einer recht netten Sammlung von Helligkeitsdaten über dem Phasenwinkel geführt hat, die es so m.W. anderswo nicht gibt.

Der Phasenwinkel ist der Winkel, unter dem vom Mond aus gesehen Sonne und Erde getrennt erscheinen. Für den zunehmenden Mond wird er negativ gerechnet, und nach der Vollmondphase positiv; Halbmonde treten bei +/-90 Grad auf. Hier ein Zwischenstand der Ergebnisse, welche ich gelegentlich updaten werde.

Bild

Als erstes fällt die geringere Punktanzahl für den abnehmenden Mond auf, die ich im Restjahr durch oftmaligeres Weckerstellen erhöhen möchte :wow: :lol: Bevor ich auf ein paar sachliche Einzelheiten eingehe, der Hinweis, daß alle Helligkeiten auf mittlere Sonnen- und Mondabstände "reduziert" sind und des weiteren künstlich auf Zenitdistanzen Null Grad in einer Rayleigh-Atmosphäre über Meereshöhe bezogen. Der reale Mond wird also hierzulande stets etwas schwächer sein. Die Fehlerbalken habe ich heuristisch mit der Zenitdistanz, genau genommen proportional zur Luftmasse, wachsen lassen. Es versteht sich im übrigen auch, daß solche Absolutmessungen nur unter Blauhimmelsbedingungen gemacht werden können, weil es für andere kein universelles Extinktionsmodell gibt.

Die Kurve ist ein Polynom sechsten Grades, in dessen Koeffizienten zunächst keine spezielle Aussage enthalten ist; es handelt sich um eine reine Sichthilfe, welche aber für Phasenwinkel größer 60 Grad recht gut paßt. Für die folgenden Besonderheiten muß man schon etwas genauer hinsehen:
  • Messungen und Kurve sind nicht symmetrisch um die Nullphase. Der abnehmende Mond ist für Phasenwinkel zwischen 60 und 100 Grad (also Helligkeiten zwischen -10 und -11,5 m) etwas lichtschwächer. Dies ist ein bekannter Effekt, der mit der unterschiedlichen Albedo in zu- und abnehmender Halb- bis Dreiviertelmondphase zu tun hat. Der Grund dafür liegt in der unsymmetrisch verteilten Topographie der lunaren Maria (dunkler) und Hochländer bzw. Kratergebiete (heller).
  • Für Phasenwinkel unterhalb von 60 Grad stellt das Polynom keine gute Anpassung mehr dar (und höhere kann ich mit Excel nicht einsetzen). Zunächst bleibt die Mondhelligkeit etwas unterhalb der Hilfslinie, um sie dann bei Phasenwinkeln kleiner 15 Grad zu durchstoßen. Der Grund dafür liegt bei dem sich aufbauenden Oppositionseffekt, welcher Vollmonde bis auf -12,95 mvis bringen kann, das ist gut 20% heller als die gemeinhin angegebenen -12,73 mvis.
  • In meinen Mondfinsternis-Lichtkurven ist der Oppositionseffekt stets viel genauer sichtbar, was ich bei einer geplanten Veröffentlichung noch einarbeiten werde. Erschwert wird das allerdings dadurch, daß in dem Bereich die Trennnung der Phasenwinkel in + und - nicht ausreicht; diese kleinen Winkel sollten vielmehr mit Betrag und Positionswinkel in eine Auftragung oder Modellierung der Helligkeit eingehen.
  • Ähnlich verhält es sich mit der Libration, welche bei diesen Daten noch nicht mitgeführt wird. Unter Umständen lassen sich verbleibende Residuen damit in einer Modellierung verringern.
Für den Moment seien die Messungen aber einfach mal Interessierten hier vorgestellt, auch weil Planetariumsprogramme bei der Mondhelligkeit teilweise stark voneinander abweichen. Meine Daten außerhalb des Oppositionseffekts stimmen übrigens ziemlich gut mit den Angaben in EasySky überein, vgl.

http://www.easysky.de

Die Photometrie für sehr junge und alte Monde ist übrigens eine besondere Herausforderung, weil der Mond dann als Sichel nicht sehr hoch steht. Das führt beim Rausrechnen der starken Extinktion zu Ungenauigkeiten. Außerdem muß dann im allgemeinen durch eine Messung des Dämmerungshimmels neben dem Mond noch hoher Untergrund abgezogen werden.

Das Erdlicht beeinflußt die Gesamthelligkeit des Mondes übrigens erst unterhalb von 20 Grad Phasenwinkel (also für weniger als 35 Std. junge oder alte Mondsicheln). Man kann sich überlegen, daß das kumulierte Erdlicht selbst bei Vollerde auf dem Mond höchstens -3 mvis ausmacht. Es wird sich daher in der Helldämmerung nahe der Sonne nicht gut durchsetzen (außer in lang belichteten Fotos bei Totalen Sonnenfinsternissen).

Beste Grüße

Elmar

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