Geostationäre Satelliten - Flare-Saison Herbst 2013

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Christoph Gerber
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Geostationäre Satelliten - Flare-Saison Herbst 2013

Beitrag von Christoph Gerber » 11. Okt 2013, 23:34

Die Sonne steht wieder günstig, um Flares von geostationären Satelliten zu beobachten. Vorhin (00:33) habe ich einen links oberhalb des Cetus-Viereckes gesehen, und bevor er verschwand, tauchte bereits der nächste auf (00:37). Ersterer war 3.9 mag, der andere 3.8 mag hell - also ganz bequem mit freiem Auge sichtbar. Das entspricht fast der Helligkeit der vier Sterne des Cetus-Vierecks, das während der Flares auffällig verändert aussieht. In der Karte habe ich die Orte der beiden Satelliten mit einem gelben Punkt markiert. Wer freien Blick auf dieses Viereck hat, wird diese hellen Satellitenflares kaum übersehen.

Bild

viel Erfolg beim Beobachten!

Christoph

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Elmar Schmidt
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Re: Geostationäre Satelliten - Flare-Saison Herbst 2013

Beitrag von Elmar Schmidt » 12. Okt 2013, 22:45

Hallo Christoph,

wieder ne interessante Sache von Dir, die mir entgangen war. Habe mir als erstes mal die Deklination geostationärer Orbits in Abhängigkeit von der Clarke-Höhe H=35786 km, dem Erdradius R=6378 km und der geogr. Breite phi überlegt, sie ist (in hinreichender Kugelnäherung für die Erde)

delta = - ARCTAN[(R*sin(phi)/(H+R*(1-COS(phi)))]

Das ergibt für uns beide hier -7,25 Grad. Da die Sonnenpanel der Satelliten angeblich nur in Rektaszension nachgeführt werden, aber in Deklination immer auf Null Grad bleiben (der Kosinusfehler beim Strahlungseinfang bleibt dennoch unter 10%), ist klar, daß die Sonnendeklination für Spiegelungen genau so groß sein muß wie die der Satelliten, und das war eben ugf. jetzt erfüllt. In Rektaszension muß man am Nachthimmel immer unter dem Sonnengegen- oder Oppositionspunkt bzw. Erdschatten schauen, der in guten Planetariumsprogrammen gezeigt wird.

Habe dann mal die Deklinationen und exakten "Flaretage" für verschiedene (nördl.) Breiten ausgerechnet. Es sieht in etwa so aus, wie unten zusammengestellt, wobei gemäß der Progression und den Schwankungen in der Ausrichtung (sowie teilweise auch Position, vgl. Anm. im PS) der Satelliten wohl von Flarechancen über jeweils etliche Tage auszugehen ist:

geogr.Br. / delta : Tage
-----------------------------
30 / -5,0 : 8.3. u. 6.10.
35 / -5,7 : 6.3. u. 8.10.
40 / -6,3 : 5.3. u. 10.10
45 / -6,8 : 3.3. u. 11.10.
50 / -7,3 : 2.3. u. 12.10.
55 / -7,7 : 1.3. u. 13.10.
60 / -8,1 : 28.2. u. 14.10.

Genauer kriegt man es hier gesagt, u.a. mit Berücksichtigung der Parallaxe in Abhängigkeit von der Nachtstunde.

http://www.algonet.se/~b_gimle/geoflare.htm

Gruß, Elmar


PS: in polaren Breiten über 81 Grad kann man übrigens "echt" geostationäre, also genau über dem Äquator stehende Satelliten nicht mehr sehen. Also werden für die Kommunikation, etwa mit dem Südpol, geosynchrone Satelliten verwendet, die in einer langgestreckten Figur 8 etliche Breitengrade nördlich und südlich über dem Äquator pendeln und dadurch in der Antarktis für ca. 3-7 Stunden am Tag knapp überm Horizont sichtbar sind...

http://www.usap.gov/technology/contentH ... fm?id=1982

Wie heißt es in einem Countrysong so schön: "You say, it's lonely at the top, but it's lonely at the bottom too..."

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Christoph Gerber
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Re: Geostationäre Satelliten - Flare-Saison Herbst 2013

Beitrag von Christoph Gerber » 13. Okt 2013, 11:58

Hallo Elmar,

vielen Dank für deine anschauliche Tabelle mit den sich verändernden Beobachtungsbedingungen nach Breitengraden. Hierzu noch eine Ergänzung: die Geostationären ziehen durch den Erdschatten, werden also verfinstert. Am 11./12.10. beträgt die Dauer der Verfinsterung (nach calsky.com) 33 min (von RA 00h51m bis 01h27m, bei Decl. -7.2°), hinzu kommen jeweils 4.1 min im Halbschatten.
Ich habe beide Satelliten also nach der Verfinsterung gesichtet, da die Satelliten bei RA 01h32m den Halbschatten verlassen. Der erste müsste XTAR-EUR (2005-005A) (RA 02h04m) gewesen sein, der andere ASTRA 3A (2002-015B) (RA 01h41m). Zuletzt war auch noch EUTE 28 ganz schwach rechts neben XTAR zu erkennen (ca. +5mag?)(RA 02h02m)(ich kann aber nicht sagen ob es 28A oder 28B war).
Nachtrag: die Karte oben stammt übrigens von Stellarium 0.10.2. Die RA-Daten der Satelliten beziehen sich auf den Beobachtungszeitpunkt 00:37 MESZ = 22:37 UT (Daten von CalSky).

Viele Grüße,
Christoph

PS: während der Beobachtung brach dichter Nebel aus dem Neckartal über mich herein und ich musste die Beobachtung unversehens abbrechen. Auf dem Rückweg (zu Fuß) wurde ich dafür mit zwei eindrucksvollen Nebelbögen "belohnt" - dank der zwei PKWs, die sich mir von hinten mit ihren hellen Nebelleuchten genähert haben. "Bögen" ist aber der falsche Ausdruck, denn es war jeweils der vollständige Kreis zu sehen!

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Re: Geostationäre Satelliten - Flare-Saison Herbst 2013

Beitrag von Elmar Schmidt » 13. Okt 2013, 13:07

Hallo Christoph,

ach so, deshalb sind Deine Sichtungen eine Stunde vor lokaler Mitternacht gemacht. Ich benutze EasySky, das hat den Erdschatten, und zwar m.W. auch mit Parallaxe, aber nur in Mondentfernung. Den müßte man auf den Clarke-Gürtel heranziehen können, dann hätte man immer auch die "tote" Zone.

Gruß, Elmar

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Christoph Gerber
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Wenn aus einem 4-Eck ein 5-Eck wird...

Beitrag von Christoph Gerber » 14. Okt 2013, 20:22

Hier noch zwei Bilder von hell aufflarenden Geostationären Satelliten von gestern Abend:
(13.10.) 22:57 MESZ (EUTE 21A = 1999-018A) mit +4.2 mag:
Bild

(14.10.) 00:37 MESZ (ASTRA 3B = 2010-021A) mit +3.6 mag:
Bild
Auf diesem Bild (aus einer Sequenz) erscheint er sogar noch etwas heller. Von wegen dass diese Flares "gerade noch von blossem Auge zu sehen sind" (CalSky): die hellsten machen den etwa 3.5 mag hellen Sternen des Cetus-Vierecks durchaus Konkurrenz und können somit recht auffällig sein.

Auffällig war ferner, dass ich die Flares nur nach der Erdschattenpassage gesehen habe - vor seiner Verfinsterung habe ich keinen Satelliten aufflaren sehen. Wolken verhinderten weitere Beobachtungen.

Christoph

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Re: Geostationäre Satelliten - Flare-Saison Herbst 2013

Beitrag von Christoph Gerber » 20. Okt 2013, 13:57

Geostationäre Satelliten Flare-Saison 2013

In der folgenden Tabelle habe ich mal die Daten von CalSky für die Geosat-Flares für Heidelberg für die laufende Saison zusammengestellt - sie endet gerade in diesen Tagen. Das Ergebnis hat mich etwas überrascht, da ich -ohne weiter darüber nachzudenken- eine Symmetrie erwartete. Nun zeigt sich aber, dass vor dem Beginn der Sichtbarkeit nicht nur der Spiegelwinkel zu groß ist, sondern auch der Erdschatten den gesamten Flarebereich verfinstert. Erst die Wanderung der Sonne nach Süden ermöglicht dann eine kurze Sichtbarkeitsperiode, bis die Sonne zu weit südlich steht und die Satelliten nicht mehr in den Flarebereich gelangen können.
Es bedeuten: HS Halbschatten, KS Kernschatten der Erde, (e) Eintritt, (a) Austritt, Opp = Oppositionstellung. Angegeben sind RA des HS/KS Eintritts/Austritts. Die Decl. beträgt stets -7.2°.

Bild

Für das Frühjahr macht CalSky z.Z. keine Angaben zur Sichtbarkeit von Flares.

Erstmals aufmerksam geworden bin ich auf die Flares von geostationären Satelliten während ich eine Sequenz von Sternhelligkeiten im Sextanten für die Auswertung von 433 Eros-Beobachtungen am 19./20.2. 2012 anfertigte. Mehrere "Sterne" 7.–8. Grösse durchquerten langsam das Sternfeld. Am 20./21. und 21./22.02.2012 habe ich bis zu +3.6 mag helle Flares beobachtet - es waren die ersten, die ich mit bloßem Auge gesichtet habe. Weitere folgten am 26./27.02. (mit 4.8 mag) und am 29.2./1.3. (zahlreiche Satelliten, bis zu 3.5 mag; VA 10h28m, VE 11h07m, bei jeweils -7.3°); am 1./2.3. folgten die letzten Beobachtungen (danach schlechtes Wetter). Die Saison dürfte sich also etwa vom 20.2.–2.3. erstrecken.

Christoph

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