Hallo zusammen,
die Airglow-Diskussion sollte tatsächlich in einen eigenen Thread verschoben werden. M.E. besteht kaum noch ein Zweifel, dass vergangene Nacht dieses auch als "Leuchtstreifen" bekannte Phänomen beobachtet wurde, offenbar sogar - als gräuliches Schimmern - mit bloßem Auge. Das ist gelinde gesagt, ziemlich sensationell und weitaus seltener als Polarlichter. Selbst unter dem dunklen Himmel Namibias wird es nur in Ausnahmefällen fotografiert.
Das Airglow ist eine Erscheinung der Ionosphäre. Tagsüber werden dort oben Atome und Moleküle durch die UV- und Röntgenstrahlung der Sonne sowohl ionisiert als auch angeregt. Nach Sonnenuntergang fällt die Anregung weg, sodass die Ionen wieder zu Atomen und Molekülen rekombinieren. Angeregte Elektronen fallen aus den höheren Energieniveaus wieder auf ihr Grundniveau zurück. Dabei wird die zuvor aufgenomme Energie wieder abgegeben - in Form von Licht, dessen Wellenlänge elementabhängig ist. Im Fall von atomarem Sauerstoff handelt es sich um grünes Licht der Wellenlänge 558nm - das ist die gleiche Bande, welche auch das grüne Polarlicht erzeugt. Nur der Entstehungsmechanismus ist anders.
Ich bin der Meinung, dass es sich bei dem ungewöhnlich starken Airglow der vergangenen Nacht aber nicht um das "normale" Airglow, sondern um eine Begleiterscheinung des Polarlichts gehandelt hat, welches ja z.B. über Schottland und wahrscheinlich auch sehr schwach in Norddeutschland beobachtet wurde. Polarlichtdisplays im hohen Norden werden oft von einem allgemeinen, große Teile des Himmels überziehenden Airglow begleitet, welches sich dem bloßem Auge als gräulicher, von dünnen hohen Wolken kaum zu unterscheidender Schleier zeigt. Auf langbelichteten Fotografien wird die grüne Farbe entweder als kontinuierlicher Fläche oder eben als Streifen sichtbar. Das ist jetzt nicht Theorie, sondern so habe ich es in Island mehrfach beobachtet. Nachstehendes Foto wurde von
Matthias Dopleb während unserer Reise im September 2010 am Mývatn aufgenommen:
Und ein eigenes Bild, aufgenommen am 22.09.2011 bei Sauðárkrókur:
Dass die grünen Streifen vergangene Nacht über dem roten Glimmen beobachtet wurden, dürfte ein perspektivischer Effekt gewesen sein. Rotes PL reicht prinzipiell viel höher als grünes Pl oder Airglow. In diesem Fall wird es aber - und dafür sprechen auch die Daten - sehr weit im Norden gewesen sein und ist nur knapp über den norddeutschen Horizont gelangt. Dagegen hat das Airglow sich viel weiter südlich, über Deutschland abgespielt und erreichte daher größere Horizonthöhen.
Auch wenn es sich bei dem Airglow vergangene Nacht um eine Begleiterscheinung des Polarlichts gehandelt haben mag, ist es zum einen eine sehr ungewöhnliche Beobachtung und zum anderen erklärungsbedürftig, denn dergleichen ist m.W. in 12 Jahren systematischer Polarlichtbeobachtung in diesem Forum noch nie dokumentiert worden.
Viele Grüße aus Bonn,
Stefan