was bestimmt "Bläue" des Himmels?

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Bertram Radelow
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was bestimmt "Bläue" des Himmels?

Beitrag von Bertram Radelow » 2. Apr 2010, 18:57

hi,

vorhin rief mich meine Frau - guck mal, der Himmel ist so blau! Und er war es wirklich - ein reines intensives Preussischblau direkt nach Sonnenuntergang. Venusgürtel und daraus kontrastierenden "grünen" Schnee, Erdschatten usw. kenne ich hier an den Bergen recht gut, aber heute war der Himmel direkt nach Sonnenuntergang einfach nur besonders blau.

Das Bild hier ist "der Natur nachempfunden" - das heisst, ich habe geknipst, in den PC geladen und mit Helligkeit, Kontrast und Gamma sozusagen live an das angepasst, was ich draussen sah. Hier am PC sieht es zwar stark unterbelichtet aus, aber es entspricht dem, was ich an Farben und Details draussen sah. Es ist mal ein Versuch:

Bild

Das bringt mich zu diesen Fragen:

- in welcher Höhe entsteht das Blau: gleichmässig oder vor allem in einer bestimmten Höhe?
- wie entsteht optimales farbreines Blau am Himmel?
- kann der Himmel so blau sein, dass man nicht nur Venus, sondern auch Sirius, Wega und schwächere Sterne am Mittagshimmel sehen kann? Ich habe von Bergsteigern gehört, die in abgeschatteten Kaminen Sterne am Himmel gesehen haben.

Bertram

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Claudia Hinz
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Beitrag von Claudia Hinz » 2. Apr 2010, 20:25

Die "Blaue Stunde" entsteht durch die Ozonschicht in 20-30 km Höhe.
Im sichtbaren Spektralbereich hat das Absorptionsspektrum des Ozons ein Maximum für Wellenlängen größer als 450nm (Blau) und wirkt deshalb als Blaufilter. Befindet sich die Sonne unter dem Horizont, wird für eine kurze Zeit nur noch die Ozonschicht von der Sonne bestrahlt..

Hinzu kommt: Je klarer die Luft ist, desto geringer ist der Streuungseffekt, der ja bei Blau besonders stark ist. Insofern war bei Dir die Luft föhnbedingt heute sicherlich sehr trocken (wir hatten hier nur 35% Luftfeuchte im Tal!) und durch den gestrigen Niederschlag zudem sehr sauber.

Ob man tagsüber Sterne sehen kann, weiß ich nicht. Vielleicht am ehesten im Winter, wenn die Sonne sehr tief steht. Wir haben zur letzten Colour and Light in Nature-Tagung mal den Test gemacht und die Venus gesucht, nachdem wir genau berechnet haben, wo sie steht. Die ersten haben sie bereits kurz vor Sonnenuntergang entdeckt, ich selbst erst weit nach Sonnenuntergang. Ich mag auch nicht mit absoluter Sicherheit sagen, wie weit Wunschdenken das Ganze beeinflußt hat ...

Es gibt übrigens ein interessantes Buch zum Thema, wo das Himmelsblau physikalisch behandelt wird:
Goetz Hoeppe: Blau, die Farbe des Himmels (Link zu Amazon)

Viele Grüße
Claudia
Zuletzt geändert von Claudia Hinz am 2. Apr 2010, 21:01, insgesamt 1-mal geändert.

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 2. Apr 2010, 20:56

Liebe Claudia,

vielen Dank!

Bertram

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Anke Mo
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Beitrag von Anke Mo » 2. Apr 2010, 21:02

Die Venus habe ich auch schon mit bloßem Auge am Taghimmel (früher nachmittag) gefunden.

Der Komet McNaught war, soweit ich mich erinnere, auch visuell am Taghimmel zu sehen:

Aufnahme von Stefan Seip

Mit einem Fernglas oder kleinen Teleskop sind auch schwächere Sterne zu sehen. Ob mit bloßem Auge, weiß ich nicht, obwohl ich irgendwo davon schon gehört habe.

Bei sehr guter Transparenz kann ich mir das durchaus vorstellen. Im Hochgebirge wird es wohl eher möglich sein.

Gruß, Anke

Wolfgang Dzieran
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Mit viel Technik

Beitrag von Wolfgang Dzieran » 3. Apr 2010, 08:50

Hallo,

was mit viel Technik machbar ist, hat Bernd Gaehrken auf seiner Webseite eindurcksvoll zusammen gesammelt:

http://www.astrode.de/taghimmelccd.htm

Diese Sammlung zeigt mir jedoch auch, dass man den Begriff "Taghimmel" kritisch betrachten muss. Denn es macht sicherlich einen Unterschied aus, ob die Sonne nur 3° oder 4° "hoch" am Morgen- oder Abendhimmel steht, oder ob sie um Mittag herum hoch im Süden steht.

Die Venus selbst habe ich schon einige Male am Taghimmel mit bloßem Auge gesehen. Natürlich sollte man wissen, wo sie zu suchen ist. Weiterhin hilft es, im Schatten (der Sonne) zu stehen. Und irgendwie scheint es hilfreich zu sein, wenn in der Nähe der Venus auch irgendwelche Baumäste oder Häuserkanten im Vordergrund sind.

Ich kann mir vorstellen, dass unter guten Randbedingungen in der Tat auch andere Planeten oder selbst die hellsten Sterne mit bloßem Auge sichtbar sein können.

Schöne Grüße

Wolfgang
aus Bad Lippspringe

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Elmar Schmidt
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Dämmerungsblau / Taghimmelobjekte

Beitrag von Elmar Schmidt » 4. Apr 2010, 11:46

Ohne die auch auf Grünanteile des Sonnenlichts wirkende Ozon-Absorption (sog. Chappuis-Bande) wäre der Dämmerungshimmel zur "Blauen Stunde" (Sonnenhöhe bis ca. -6 Grad) leicht grünlich. Wie Claudia schrieb, stammt das von oben kommende Streulicht dann i.w. aus der Stratosphäre. Der Kernschattenrand bei Mondfinsternissen sollte eigentlich das lang DURCH die Stratosphäre gelaufene Licht enthalten und daher eher gelb-rötlich sein. Daß er mitunter leicht türkis aussieht, wird von manchen als ein Zeichen ungenügender Absorption infolge der Ozonabreicherung ("Ozonloch") angesehen.

Bei den Sichtbarkeits-Experimenten in Bozeman war ich 2007 mit Claudia dabei. Die Venus war einfach zu sehen, und einige entdeckten gar den Jupiter kurz vor Sonnenuntergang. Unser "Trainer" R.D. SAMPSON sieht den regelmäßig am Tageshimmel.

http://adsabs.harvard.edu/full/2003JRASC..97..144S

Damit überein stimmt, daß nach meinen Abschätzungen ein ganz in einem optimalen visuellen Tages-Auflösungselement von 0,7'x0,7' enthaltenes Objekt etwa -3 m hell sein muß, damit es ugf. ein Signal/Rausch-Verhältnis von 1 gegenüber dem da hinein gestreuten und aufintegrierten Taghimmelsblau erreicht. Das heißt natürlich nicht, daß es mit geringerem S/N gar nicht ginge, hier liegt sicher ein gradueller Übergang vor.

Für die helleren Sterne ist dieses S/N jedenfalls um Faktoren 4 und mehr schlechter, ihre Tagesbeobachtung mit dem bloßen Auge daher extrem schwierig, vielleicht "gehen" bei optimalen Umständen (z.B. im Hochgebirge) noch Sirius und Canopus.

http://articles.adsabs.harvard.edu/full ... 1.000.html

Daß helle Sterne aus tiefen Schächten oder Schornsteinen - mit bloßem Auge - leicht sichtbar werden, wurde m.W. in Versuchen für Wega und Capella widerlegt. Diese wurden nicht gesehen.
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 4. Apr 2010, 19:33, insgesamt 2-mal geändert.

Michael Kunze
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Beitrag von Michael Kunze » 4. Apr 2010, 18:16

Hallo,

am gleichen Tag viel es mir auch besonders am Niederrhein auf. Ich dachte mir ebenfalls wie schön blau der Himmel ist. Hier am Niederrhein ist dies nie so blau, wie ich es an dem Abend sah.

Bild

Auch Venus konnte ich schon oft mit bloßem Auge am Taghimmel beobachten. Dies auch schon 2 Stunden vor Sonnenuntergang. Diese Erfahrung habe ich aber immer nur auf den Kanaren oder Hawaii gemacht.

Grüße
Michael

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 4. Apr 2010, 19:12

ist ja witzig, dass so weit weg sich noch jemand über den blauen Himmel gewundert hat.

Wenn wir jetzt alle Sterne am Taghimmel suchen wollen: Was ist denn so aktueller Stand der Dinge bei freeware-Planetariums-Programmen? Hat jemand einen Tipp?

Danke

Bertram

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Anke Mo
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Beitrag von Anke Mo » 5. Apr 2010, 08:29

Hallo Bertram,

am einfachsten und schönsten ist Stellarium.

http://www.stellarium.org/de/

Um die Sterne am Taghimmel anzeigen zu lassen, muss dort bei den "Himmels- und Anzeigeoptionen" die Atmosphäre deaktiviert werden.

Für kompliziertere Sachen nutze ich Cartes du Ciel, das ist aber nicht unbedingt einfach zu bedienen.

http://www.heise.de/software/download/c ... ciel/10942

Gruß, Anke

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Ronald W.
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Beitrag von Ronald W. » 5. Apr 2010, 17:54

Hi,

am 16.5. kann gut "Tagesastronomie" betrieben werden. Die Mondsichel wird gegen 11:00 hauchdünn an Venus vorbeischradeln.


http://www.redshift-live.com/de/kosmos- ... Mai-1.html

Falls das Wetter paßt :roll: , werde ich mich das erste mal an sowas wagen.

Gruß
Ronald
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Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 5. Apr 2010, 21:32

Hallo allerseits,

was die Venus betrifft, so habe ich diese auch schon einmal vor Sonnenuntergang gesehen, das ist aber einige Jahre her und war so um die Zeit der größten Elongation. Die Erfahrung der vergangen Tage, wo der "Abendstern" zu finden ist, hat mir als Orientierungshilfe zugereicht. Andere Planeten habe ich am "Tag"himmel noch nicht gesehen, aber auch noch nicht gezielt danach gesucht. Übrigens war das eine Beochbachtung bei meinem Bruder im Unterspreewald - der Sternhimmel dort ist noch um Klassen besser als in der Lausitz oder im dichtbesiedelten Sachsen. Das Hochgebirge sollte doch aber wohl doch der beste Ort für solche Beobachtungen sein, und da fällt mir doch gleich der Wendelstein ein...

Die mögliche Sichtbarkeit von Sternen aus tiefen Schächten/Schornsteinen erinnert mich an einen Artikel in Minnaerts Buch - da stand dann auch daß es nicht funktionieren würde. Aber diese Aussage ist ja auch schon einige Jahrzehnte alt und vielleicht nur im Flachland gültig. Elmars Anmerkungen zu den Mondfinsternissen haben mich übrigens wieder auf einen alten Gedanken gebracht, daß nämlich die Färbung des "kupferroten Lichtes" während einer Mondfinsternis und diejenige des aufgehenden (Voll)mondes wegen des streifenden Lichtwegs durch die Atmosphäre ähnlich sein sollte (mal ganz ohne die Ozonschicht-Diskussion). Zwar geht das Licht im ersten Fall durch die tiefen Schichten und dann wieder hinaus (und letzlich vom hochstehenden Mond nochmals durch die irdische Atmosphäre zum Beobachter) und im zweiten nur einmal bis zum Beobachter am "Boden" der Atmosphäre. Auch ist das kupferrote Licht eher ein globaler Effekt und der rote aufgehende Mond durch die lokale Atmosphäre bedingt. Dennoch, es gibt Ähnlichkeiten:

Aufgehender Mond:
Bild
(10.07.2006, 22.04 MESZ)

Mondfinsternis:
Bild
(09.11.2003, 02.25 MEZ)

Leider kommen die Bilder von verschiedenen Scannern.

Das Buch von Goetz Hoeppe habe ich auch und kann es empfehlen (habs beim "Fliegenden Buchhändler" vor der Dresdner Mensa gekauft). All die Erklärungen zum Himmelsblau seit der Antike werden dort allgemeinverständlich dargestellt, und auch die "blaue Stunde des Ozons" kommt zu ihrem Recht.

Viele Grüße,
Alex

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StefanK
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Venus am Taghimmel

Beitrag von StefanK » 6. Apr 2010, 00:05

Hallo Alexander, hallo Ronald,

Venus lässt sich auch aus der Großstadt am Taghimmel finden. Wenn der Mond daneben steht ist es sehr einfach - die Flächenhelligkeit der Venus übetrifft die des Mondes bei weitem ( http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?p=27169#27169 ). Ohne Mond muss man wissen, wo sie ungefähr steht. Ich hab das eher zufällig mal probiert. Nachdem ich sie mit dem Fernglas eingepeilt hatte, ging es problemlos mit bloßem Auge ( http://www.meteoros.de/php/viewtopic.php?t=6570 ).
Fotografieren kann man sie mit einer Digiknipse so ab 200mm Brennweite (Kleinbildäquivalent) problemlos: sehr kurze Belichtungszeit und Blende zu - oder gleich auf die Automatik verlassen. Nachstehend noch 3 Fotos, die ich mit einer KonikaMinolta A200 am 18.06.2007 kurz nach der Bedeckung aufgenommen habe (ok, das war nicht in Bonn, sondern unter isländischem Landhimmel), Brennweite war jeweils 200mm, den Rest habe ich der Belichtungsautomatik überlassen

Bild
16:12 Ortszeit (Sonnenhöhe mindestens 30°)

Bild
17:10 Ortszeit

Bild
1931 Ortszeit


In diesem Sinne: Clear Skies am 16.05.2010!


Stefan
Alles über Leuchtende Nachtwolken: http://www.leuchtende-nachtwolken.info/

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 6. Apr 2010, 16:25

hi Anke,

Danke für Deine Links! Stellarium ist ja wirklich schön - wenn ich da noch an div. Astro-Programme von vor 5 Jahren denke...

Bertram

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