Hallo zusammen,
habe diesen Thread erst jetzt entdeckt. Kompliment, Ihr habt brillante Recherche betrieben und die teils genialen Bilder sprechen insgesamt sehr für sich.
Hier zuerst mal eines unserer Leckerli von dem Ereigis, aufgenommen am 19.02. in Wedemark, etwa 25 Kilometer ostnordöstlich von Hannover:
Mein Kollege Heino Strunk war derjenige, der den Kamtschatka-Vulkan als mögliche Ursache recherchiert hat. Immerhin brachte dort eine Eruption im August letzten Jahres eine Aschesäule von 15 km Höhe (und damit durchaus bis in die untere Stratosphäre) zustande.
Von daher neige ich - immer noch - dazu, zumindest einen Teil der Aerosole, die für das purpurfarbene Licht ursächlich gewesen sein könnten, einem erhöhten Staubgehalt in der Stratosphäre zuzuschreiben. Zusammen mit der durch die niedrigen Temperaturen erhöhten Bereitschaft, PSCs zu bilden, könnten diese - so meine Vorstellung des Phänomens - über chemische Reaktionen zu den flächigen, über große Strecken ja vollstratiformen Leuchterscheinungen geführt haben.
Bilder, auf denen Strukturen erahnbar sind, zeigen meiner Einschätzung nach in den meisten Fällen vordergründig Cirren, die in dem hellen Streulicht des Lichtspektakels ihrerseits je nach Farbe und Helligkeit des Himmelshintergrunds unnatürlich hell oder auch dunkel wirken, aber eben KEINE PSCs, sondern troposphärische Wolken sind (klar, das gilt vermutlich nicht für alle Beobachtungen, aber für die allermeisten). Zumindest hat nicht eine einzige Aufnahme, die ich in den vom AKM verlinkten Bildgalerien zu PSCs bisher gefunden habe, auch nur eine ansatzweise Ähnlichkeit mit den jetzt so verbreitet beobachteten Leuchterscheinungen. Oder bin ich etwa für Feinheiten blind, die außer mir jeder sieht?
Aber ich räume ein, dass ich kein PLC- bzw. Atmosphären-Experte bin und dass das Phänomen insgesamt ganz sicher im Grenzbereich unseres Wissens angesiedelt ist.
Mich macht nunmal die mehr oder weniger vollkommen strukturlose Erscheinungsform der vermeintlichen PLCs stutzig. Die Leuchtflächen wirken ja wie ein perfekter, volltransparenter und absolut(!) konturenloser Cirrostratus, wie er sich eigentlich NUR dann verrät, wenn sich Haloerscheinungen in ihm abbilden. Zumindest ist mir neu, dass PLCs sich ebenfalls derart homogen und strukturlos am Himmel verteilen können sollen.
Ich will mein vieleicht etwas laienhaftes Bild, wonach vorhandener (Vulkan-)Staub eine Art Entwicklungs-"Vorstufe" für PSCs erzeugt haben könnte, so wie man manchmal kurz vor Bildung von Cumuluswolken schon eine Art feuchtere "Dunst"schicht im Himmelsblau sehen kann, bei der es aber noch ganz nicht zur Wolke langt, aber gern überdenken und nötigenfalls auch korrigieren. Insbesondere deshalb, weil keine Asche im Niederschlag registriert worden ist, wobei sich allerdings noch die Frage stellt, ob sich tatsächlich während einer perfekten Hochdrucklage ein Ausfall solcher Aerosole aus der Stratosphäre zwingend ergeben müsste?
Auf jeden Fall ein megaspannendes Phänomen, das ich am 18. abends auch von Marburg aus beobachten konnte. Sogar um 18:45 Uhr war dort der Himmel noch bis auf eine Höhe von mehr als 40 Grad noch von feinstem Purpur durchwirkt. Ich war völlig hin und weg (leider im Garten der Sauna und daher ohne Kamera). Das Szenario erinnerte mich beinahe an Polarlicht. An meinem Standort waren die untersten (und damit die hellsten) Bereiche des Phänomens durch einen Bergrücken verdeckt, so dass ich nur alles oberhalb von etwa 15 bis 20 Grad Winkelhöhe sehen konnte. Dadurch gab es aber auch kein Überstahlen bzw. Blenden durch den weitaus helleren, horizontnahen Lichtsaum.
Das letzte purpurne Glimmen bis auf ca. 20 Grad Höhe nahm ich noch um 18:52 Uhr wahr - mehr als eine(!) Stunde nach dem astronomischen Sonnenuntergang, der für Marburg an diesem Tag um 17:46 Uhr stattfand! Zu diesem Zeitpunkt muss die Sonne also bereits rund 15 Grad UNTER dem Horizont gestanden haben. Mit diesen Angaben müsste sich doch irgendwie die Höhe der Schicht etwas genauer bestimmen lassen. Reicht denn da 20 bis 25 Kilometer Höhe für das in Frage kommende Niveau überhaupt noch aus?
Möglich, dass die Uhr in der Sauna nicht ganz auf die Minute korrekt ging, aber etwaige Abweichungen dürften sich wirklich nur im Bereich von zwei oder drei Minuten bewegt haben.
Anderntags rief mich mein Kollege an, der Bilder bei Hannover gemacht hatte und wir starteten die Recherche, an deren Ende die gemeinsam vertretene Vulkanstaubtheorie stand. Heino, der bei seiner Überwinterung auf Antarktis schon reichlich PLCs gesehen hat, schloss solche wegen der vollkommenen Homogenität der Erscheinng aus, eine Erklärung, die auch für mich plausibel klingt.
Wie auch immer, SOWAS fasziniert bis ins Mark!
Wer mag, kann ja mal unsere Diashow mit Bildern vom 19./20. Februar aus dem Raum Hannover betrachten:
http://www.wetterradio.de/wetterfotos/galerie05.php
Die einzelnen Bilder sind klickbar und werden dann größer dargestellt.
Noch ein paar weitere Bilder gibt es in der von mir für WO erstellten Fotostrecke:
http://www.wetteronline.de/wotexte/reda ... 22_df1.htm
viele Grüße,
Jürgen
Anmerkung: Am 25.02. um 12:20 Uhr editiert bzw. präzisiert.