Fotografische NLC-Nachweise Südhalbkugel

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Simon Herbst
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Fotografische NLC-Nachweise Südhalbkugel

Beitrag von Simon Herbst » 11. Jan 2020, 19:58

Fotografische NLC-Nachweise von der Südhalbkugel scheinen nach meiner Recherche äußerst rar zu sein. Ältere Beobachtungen / wissenschaftliche Berichte ohne fotografische Belege dagegen gibt es so einige, auch wenn die Situation in beiden Bereichen nicht mal ansatzweise mit der auf der Nordhalbkugel vergleichbar ist. Ob das ausschließlich mit der Besiedlung / Beobachterdichte / (noch) geringen Kenntnis in den Gebieten zu tun hat, in denen NLCs überhaupt sichtbar wären, oder ob NLCs auf der Südhalbkugel nicht auch seltener in Erscheinung treten, ist nach wie vor Gegenstand der zugegebenermaßen noch ziemlich jungen Forschung.
Ich möchte diesen Thread nutzen, um nach und nach weitere Nachweise hochzuladen und alle Interessierten einladen, es mir gleich zu tun. Es würde Sinn machen, den Thread anzupinnen. Ich starte einfach mal mit den wenigen fotografisch dokumentierten und tatsächlich verwertbaren Nachweisen (es gibt auch viele ältere SW-Aufnahmen, auf denen letztlich wenig bis gar nichts zu erkennen ist), die mir bekannt sind. Den dritten Nachweis habe ich erst vor ein paar Tagen per Mail erhalten. Dieser dürfte noch weitestgehend unbekannt sein.

04.01.1966, 00:45-05:30 UT, Benson Fogle, Punta Arenas (Chile): https://journals.ametsoc.org/doi/pdf/10 ... -47.10.781 / ftp://ftp.ngdc.noaa.gov/STP/aeronomy/no ... sv_Man.pdf / https://scholarworks.alaska.edu/bitstre ... sequence=1

29.04.1992, 11:00-13:00 UT, Warren & Thomas & Hernandez & Smith, South Pole Station (Antarktis): https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com ... /96JD02513 : Bemerkenswert ist hier der zeitliche Abstand zum Solstitium! Dieser ist meines Wissens sowohl in der Nord-, als auch in der Südhalbkugelsaison, nach wie vor unerreicht. Interessant ist zudem, welche alternativen Theorien für die beobachteten Wolken hier in's Feld geführt und letztlich weitestgehend ausgeschlossen werden.

14.12.1994, 01:35-02:30 UT, Jonathan D. Shanklin, Stanley (Falklandinseln) (an Board der RRS James Clark Ross (JCR)): http://articles.adsabs.harvard.edu//ful ... 7.000.html

met_nlc_stanley.jpg

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung durch Dr. Shanklin, British Antarctic Survey (BAS)
The image was provided by courtesy of Mr. Shanklin, BAS


18.02.1998, 18:45-20:00 UT, John & Karen French, Davis Station (Antarktis): http://www.antarctica.gov.au/about-anta ... ent-clouds / http://ed-co.net/nlc/nlcdavis.htm / https://aip.org.au/wp-content/uploads/A ... 2037-3.pdf

27.12.1998, ? UT, Sugiyama & Monreal (automat. Kamera), Punta Arenas (Chile): https://sites.google.com/site/fisicaesp ... aper20.pdf
27.12.1998, ? UT, Sugiyama & Monreal (automat. Kamera), Ushuaia (Argentinien): https://sites.google.com/site/fisicaesp ... aper20.pdf

??.??.20??, ? UT, Glenn Browning, ? (Antarktis): http://www.antarctica.gov.au/about-anta ... ent-clouds
??.??.20??, ? UT, Glenn Browning, Mawson Station (Antarktis): http://www.antarctica.gov.au/about-anta ... mesosphere

?.01.2002, ? UT, Sugiyama & Monreal (automat. Kamera), Punta Arenas (Chile): https://sites.google.com/site/fisicaesp ... yectos/nlc

22.12.2004, 04:40-05:22 UT, Sugiyama & Monreal (automat. Kamera), Punta Arenas (Chile): https://sites.google.com/site/fisicaesp ... tos/cequa1

10.02.2008, 05:04-05:22 UT, Gabriel Pontes e Dechiche, Ferraz Station (Antarktis): http://antartica.cptec.inpe.br/~rantar/destaque.shtml / http://antartica.cptec.inpe.br/~rantar/ ... centes.pdf

23.06.2008, ? UT, Ross Hofmeyr, SANAE-IV-Station (Antarktis): https://doctorross.co.za/?p=393

11.02.2009, 20:00-21:30 UT, Hosokawa & Takeda & Ogawa & Kadokura & Yukimatu & Sato, Shōwa-Station (Antarktis): https://core.ac.uk/download/pdf/51489155.pdf

06.02.2016, 05:00-05:30 UT, José V. Bageston, Ferraz Station (Antarktis): https://slideplayer.com/slide/11480795/

10.02.2018, 02:30 UT, Jorgelina Alvarez, Base Marambio (Antarktis): https://spaceweathergallery.com/indiv_u ... _id=143746 / https://lacosapsiblog.blogspot.com/2018 ... a.html?m=1

01.12.2019, 10:00 UT, Mirko Harnisch, Dunedin (Neuseeland): https://spaceweathergallery.com/indiv_u ... _id=157943 / https://spaceweatherarchive.com/2019/12 ... nt-clouds/

03.01.2020, 13:00-15:00 UT, Ashleigh Wilson, Macquarieinsel (Australien): http://www.antarctica.gov.au/living-and ... ruary-2020 / https://twitter.com/Klekociuk/status/12 ... 72161?s=20 / https://spaceweatherarchive.com/2020/03 ... h-pacific/

12/2019 - 02/2020, IAP Kühlungsborn (automatische Kameras), Río Gallegos & Ushuaia (Argentinien): viewtopic.php?f=34&t=59022 / https://www.iap-kborn.de/index.php?id=313

02/2020, Australian Antarctic Division (automatische Kameras), Mawson Station & RSV Aurora Australis (Antarktis): viewtopic.php?f=34&t=59022 / http://www.antarctica.gov.au/webcams

01/2021 - ?/2021, IAP Kühlungsborn (automatische Kameras), Río Gallegos & Río Grande (Argentinien): viewtopic.php?f=34&t=59840 / https://www.iap-kborn.de/index.php?id=313 / https://spaceweatherarchive.com/2021/01 ... argentina/
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Re: (Fotografische) NLC-Nachweise Südhalbkugel

Beitrag von Laura Kranich » 12. Jan 2020, 01:03

Moin Simon!

Super Idee, das mal ein bisschen zusammenzutragen!

Ich denke, der primäre Grund warum es auf der Südhalbkugel generell wenige Beobachtungen gibt, ist relativ eindeutig die geringe und zudem schwach besiedelte Landmasse.
Zwischen 55 und 64 Grad südlicher Breite gibt es so gut wie überhaupt kein Land, von 47 bis 55 Grad Süd nur noch ein bisschen Südamerika (ca. 600 Kilometer in zonaler Richtung gegenüber ca. 15000 Kilometer Land auf den entsprechenden Breitengraden der Nordhalbkugel) und wir wissen ja von der Nordhalbkugel, dass 47 bis 64 Grad genau der Bereich mit den allermeisten Beobachtungen ist. Schiffs- und Flugverkehr gibt es auf der Südhalbkugel in dem Bereich auch extrem wenig verglichen mit der Nordhalbkugel.
Wenn hier fast alle Beobachter wegfallen würden und man in den ganz hohen Breiten auch noch einen Großteil wegnähme, wäre die Liste der Sichtungen auch nur noch sehr kurz.

Es mag so sein, dass NLCs auf der Südhalbkugel nicht ganz so ausgeprägt sind wie auf der Nordhalbkugel, vielleicht auch wegen des geringeren Anteils der Landmasse und dadurch z.B. geringeren Eintrag von Methan in die Atmosphäre. Aber der Effekt dürfte angesichts der verfügbaren, relativ ähnlichen Satellitendaten und der Tatsache, dass sie eben auch schon in Neuseeland und häufiger in Südamerika gesichtet wurden, dem Beobachterbias deutlich nachgeordnet sein.

Im antarktischen Zirkumpolarstrom möchten sich verständlicherweise nicht viele herumtreiben (lassen), nur um ein paar NLCs zu beobachten. Da müsste man wohl einen Schwarm robuster Schwimmdrohnen mit geeigneten Kameras losschicken, um die Beobachtungsbilanz zu verbessern. Ist aber ja heute keine Science-Fiction mehr, vielleicht nur noch eine Frage der Zeit, denn es gibt bereits Plattformen, die das prinzipiell leisten könnten: http://www.argo.ucsd.edu/
Viele Grüße aus Berlin,
Laura

http://www.lk-photo-film.de

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Re: (Fotografische) NLC-Nachweise Südhalbkugel

Beitrag von OlafS » 12. Jan 2020, 16:00

Ja Simon,

vielen Dank, gute Sache und weiter so (ok - nicht nur Du alleine!).

Laura, die vielen Argo-Drifter sind grundsätzlich ganz interessant. Zu beachten ist bei denen aber, daß diese i. d. R. die meiste Zeit -unter- Wasser verbringen und quasi nur zum Daten senden an die Oberfläche kommen.


https://www.bsh.de/DE/THEMEN/Beobachtun ... _node.html

Gruß, Olaf
https://3sky.de/NLC/Noctilucent_Clouds.html#REALTIME
Meine PL, NLC, PSC-Beobachtungen, Wetterlinks u.a.: https://3sky.de

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Re: (Fotografische) NLC-Nachweise Südhalbkugel

Beitrag von Simon Herbst » 12. Jan 2020, 17:58

Man stößt bei seiner Recherche aber leider auch ziemlich schnell an Grenzen, weil nicht wenige der fotografischen Nachweise offenbar in wissenschaftlichen Publikationen versteckt sind bzw. der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind, Beispiel hier: https://www.researchgate.net/publicatio ... since_1998 . Vielleicht war ja zufällig jemand beim entsprechenden Vortrag / Kongress zugegen oder weiß, was auf den Seiten 192-199 der "Memoirs of the British Astronomical Association, Vol. 45, Aurora Section, Mesospheric Clouds 2002" zu sehen ist :wink: .
Nichtsdestotrotz verwundert es mich doch sehr, dass gerade in und um eine Großstadt mit der für die NLC-Sichtung doch recht günstigen Lage wie Punta Arenas, den vielen (leider nicht immer mit fotografischen Nachweisen / oder Fotografien in brauchbarer Qualität der Drucke/Scans in wissenschaftlichen Publikationen auf Plattformen mit Bezahlschranke hinterlegt, zum Beispiel Nature) von dort dokumentierten Sichtungen bereits Mitte der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts (vor allem durch Benson Fogle) und der UMAG (University of Magallanes) im Hintergrund nicht zumindest so etwas wie eine kleine Beobachterszene existieren soll, eine Astroszene gibt es in Südamerika. An mangelndem Wissen kann es nicht scheitern. Wie es um die Bereitschaft steht, es auch unter die Leute zu bringen, zum Beispiel über jährlich wiederkehrende Meldungen an staatliche / private Wetterdienste, kann ich nicht beurteilen. Meine Skepsis diesbezüglich wächst aber zunehmend, wenn ich sehe, was ich in den sozialen Netzwerken oder Bilderdiensten finde (nichts).

EDIT(H sagt): Offenbar betrieb die UMAG in Punta Arenas in Kooperation mit einer japanischen Universität über mehrere Jahre hinweg eine automatische Kamera, die wohl auch fleißig NLCs abgelichtet haben dürfte (oben sind 2 Nachweise verlinkt).

EDIT(H sagt): Neben der Kamera in Punta Arenas gab es auch noch eine in Ushuaia, die beide als Teil eines ganzen Kameranetzwerks auf Basis derselben (CCD-)Technologie (Kodak DC-120) schon 1998 in Betrieb gingen. Das geht aus dem gesuchten Dokument hervor (s.o.), das dann glücklicherweise auch noch gefunden werden konnte...:wink:
Zuletzt geändert von Simon Herbst am 22. Jan 2020, 21:46, insgesamt 2-mal geändert.

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Re: (Fotografische) NLC-Nachweise Südhalbkugel

Beitrag von StefanK » 16. Jan 2020, 00:11

Hallo Simon,

ganz herzlichen Dank für Deine ausführliche Zusammenstellung. Zu der Beobachtung vom 29.04.1992 ist anzumerken, dass der entsprechende Artikel (s . https://agupubs.onlinelibrary.wiley.com ... .NOCTCLOU1) 1997 erschien. Die Meteortheorie wurde damals ausgeschlossen, weil zuvor noch nie nach einer größeren Meteorerscheinungen NLCartige Wolken beobachtet worden waren. Dies ist dann allerdings 2013 nach Chelyabinsk der Fall gewesen, wenn ich mich richtig erinnere in etwa 50 km Höhe. Die Sichtungen erfolgten im UK, also weitab vom Explosionsort des Meteoriten.

Viele Grüße aus Bonn,

Stefan
Alles über Leuchtende Nachtwolken: http://www.leuchtende-nachtwolken.info/

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*NLC* & PSC, 23.06.2008, SANAE-IV-Station Antarktis ?

Beitrag von Simon Herbst » 20. Jan 2020, 19:35

Die NLC-Sichtungen aus dem Februar 2013 waren mir bis dato nicht bekannt, danke für den Hinweis. Es gibt noch einen weiteren interessanten Fall. Leider lässt sich auf die Webseite, auf der die entsprechenden Fotos höher aufgelöst zu sehen wären, wohl nicht mehr zugreifen. Es geht wieder um eine Sichtung aus der Antarktis, genauer gesagt von der südafrikanischen SANAE IV - Basis. Aufgenommen wurden die beiden Fotos von Dr. Ross Hofmeyr: https://www.google.de/search?biw=1366&b ... CAY&uact=5 , nachzulesen auch hier https://pdfs.semanticscholar.org/599a/8 ... db5137.pdf / https://www.google.de/search?q=antarcti ... =651&dpr=1 , am 23.06.2008 (Uhrzeit (noch) nicht bekannt). Behauptet wird, dass (am selben Tag) sowohl NLCs als auch PSCs fotografiert wurden. Das wäre dann wohl ein Novum:
We were very lucky today to spot not one but two rare atmospheric phenomena today – nacreous and noctilucent clouds...

Im Falle der NLCs käme angesichts des Zeitpunkts als Ursache wohl auch eher ein Raketenstart (Startplätze für Forschungsraketen beispielsweise gäbe es wohl in der Antarktis) oder ein Meteor in Frage.

EDIT(H sagt): Auf mich wirkt das, was Dr. Hofmeyr fotografiert hat, auf der ersten Aufnahme tatsächlich wie eine Kombination aus PSCs vom Typ I & NLCs vom Typ III .

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