Hallo,
das Farbenspiel der Nebensonnen ist offenbar komplexer als es die Erklärung auf unserer Homepage
http://www.meteoros.de/arten/ee02.htm vermuten lässt. Die Plättchen in denen die Brechung stattfindet sind zwar horizontal ausgerichtet, in ihrem Rotationswinkel jedoch beliebig. Betrachtet man nun die Haloentstehung an diesen Kristallen werden die meisten Strahlen in einem Winkel von ca. 22° gebrochen. In größeren Winkeldistanzen nimmt die Häufigkeit der Strahlengänge ab und die Intensität wird somit geringer. Aus dieser Überlegung kann man erstmal einen hellen Fleck in ca. 22° Entfernung zur Sonne erklären, der einen langgezogenen Lichtschweif besitzt. Die Farben kommen durch die spektrale Zerlegung des Lichtes ins Spiel. Blau wird dabei stärker gebrochen als rot. Deshalb ist der innere Rand rot. Da sich aber in hellsten Bereich der Nebensonne sehr viele optimale Brechungen mit unterschiedlichen resultierenden Farben überlagern, heben sich die Farben zu weiß auf. Eine Nebensonne mit einer Farben- und Helligkeitsverteilung eines normalen Spektrums ist im Normalfall also nicht möglich. Lediglich der rote innere Rand bleibt sichtbar, an dem sich ein heller weißer Fleck anschließt, der in einen weißen Schweif übergeht.
Es ist nun recht interessant darüber nachzudenken, unter welchen Bedingungen diese farbigen Nebensonnen wirklich entstehen können. Mir fällt die Möglichkeit ein, dass die Plättchen doppelt orientiert sein könnten. Einerseits mit der Grundfläche horizontal und dann auch noch mit einer Seitenfläche in die gleiche Richtung. Da reale Eiskristalle eher in seltenen Fällen unseren Modellkristallen entsprechen, kann man über das Zustandekommen solch doppelt orientierter Kristalle lebhabft spekulieren.
Das Ergebnis wäre aber wie es Reinhard schon festgestellt hat eine Nebensonne ohne Schweif, dafür mit aller spektralen Farbenpracht.
Es kann aber auch sein, dass die zusätzliche Orientierung nicht erforderlich ist, wenn die Kristalle bestimmte Dimensionen (Länge-Durchmesserverhältnis) haben und somit eine etwas andere Häufigkeitsverteilung der gebrochenen Strahlen entsteht.
So nun genug der Überlegungen. Vielleicht ist es auch alles Unsinn. Die Natur hält so viele Überraschungen bereit, die wir mit unseren einfachen Erklärungsmustern nicht alle nachvollziehen können.
Übrigens habe ich am Abend des 11.06. ein sehr schönen 22°-Ring gesehen, der sehr eng begrenzt war und zudem einen intensiv gefärbten roten Innenrand hatte. Der anschließende Bereich ließ sich eigentlich auch nicht mit "weiß" beschreiben. Ich meine, ein wenig blau war mit dabei. Und auch die Nebensonne passte nicht ins Schema. Sie war in den wunderschönsten Farben zu sehen (auch grün) und sehr schmal (also ohne Schweif).
Viele Grüße
Alexander