"Februar-Lyriden" am 5.2.2015

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Christoph Gerber
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"Februar-Lyriden" am 5.2.2015

Beitrag von Christoph Gerber » 17. Feb 2015, 23:45

"Februar-Lyriden" am 5.2.2015

Auf der Radarkarte des CMOR vom 5.2.2015 (2015-316) zeichnet sich ein auffälliger und sehr konzentrierter Radiant bei etwa 285+35° ab, von dem an den Tagen davor und danach nicht die geringste Spur zu erkennen ist:
2015-316 equatorial.jpg
Der Radiant liegt unmittelbar nördlich von Gamma Lyr, die Farbkodierung (hier nicht dargestellt) ist recht homogen und entspricht etwa einer Geschwindigkeit von 35-40 km/s. Die Konzentration umfasst etwa 10–15 Meteore; ob sie zeitlich enger eingegrenzt waren ist den Daten nicht zu entnehmen, da das Ergebnis jeweils eines ganzen Tages (24 Std) dargestellt wird. Es könnte sich demnach auch um einen kurzen Ausbruch gehandelt haben.

Dieser Strom ist möglicherweise auch visuell erkennbar gewesen, da auch das NASA-Feuerkugelnetz zumindest einen passenden Kandidaten erfasst hat:

time 20150205 10.4999 hours
alp 283.346 +/- 0.207 deg
del 34.672 +/- 0.041 deg
v_inf 36.547 +/- 0.301 km/s


In der IMO-Datenbank der Videometeore ist unter 315° Sonnen-Länge (http://www.imonet.org/wgn09/sol315.html) ein möglicher Radiant bei 283+32° verzeichnet, allerdings mit einer geringen relative strenght (4.89). Die Geschwindigkeit beträgt 40±2 km/s und passt ebenfalls.

Da der Radiant im Vorjahr (2014) nicht in Erscheinung getreten ist, dürfte es sich bei diesen "Februar-Lyriden" um einen unbekannten nicht jährlichen Strom handeln.


Da mir keinerlei Berichte zu diesen "Februar-Lyriden" bekannt wurden, ruhte diese Sache erstmal - bis heute. In der mailingliste IMO-News wird auf einen möglichen Ausbruch am Morgen des des 5.2. gegen 10-11 Uhr UT hingewiesen - beobachtet in Belgien von Lucas Pellens. Die Signatur der registrierten Echos deutet auf einen Radianten in Zenitnähe hin. Das passt perfekt zu den Lyriden (in Belgien nahe des Zenits zu der entsprechenden Zeit) und zu der NASA-Feuerkugel (10:30 UT).

Damit scheint ein neuer Meteorstrom dingfest zu sein, zu dem aufgrund der Feuerkugelbahn auch eine Bahnbestimmung des Stromes möglich sein sollte. Nun bin ich mal gespannt, was die "Profis" zu diesem Ereignis noch herausfinden werden. Vor allem aber danke ich Christian Steyaert für die Bekanntmachung der belgischen Radio-Beobachtungen. Er führt bereits weitere Auswertungen durch.

Christoph
Zuletzt geändert von Christoph Gerber am 10. Feb 2018, 22:01, insgesamt 1-mal geändert.

jrendtel
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Re: "Februar-Lyriden" am 5.2.2015

Beitrag von jrendtel » 28. Feb 2015, 17:15

... bei der geringen generellen Aktivität (Januar-März) sollten potentiell schwache Quellen erkennbar sein. Visuelle Bestätigung wird 2015 nicht kommen - es war Vollmond. Wie es aussieht, ist in den Videodaten nichts erkennbar. Radar "sieht" kleine Teilchen besser - vielleicht ein Anzeichen für ein (bevorzugt) Radar-Ereignis?
Dennoch: weiter auch - oder gerade - in den meteorarmen Zeiten beobachten!
Jürgen

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Re: "Februar-Lyriden" am 5.2.2015

Beitrag von Sirko Molau » 6. Mai 2015, 21:57

Nachdem inzwischen alle Videobeobachtungen des IMO-Netzwerks vom Februar vorliegen, habe ich mir den Fall nochmal angesehen.

Der von Christoph zitierte IMO-Radiant stammt aus der Auswertung von 2009 und wurde als 9 "single-Station" Meteoren erzeugt. Das ist ziemlich mager, und in der Auswertung von 2012 mit mehr als doppelt so vielen Meteoren taucht der Radiant gar nicht mehr auf. Zudem habe ich in den Originaldaten von 2009 gefunden, dass von den 9 Meteoren alle bis auf zwei von unterschiedlichen Kameras aufgezeichnet wurden. Ich bin mir daher ziemlich sicher, dass es sich hier nur um einen Zufallstreffer handelt, keinen echten Radianten.

Wir haben in den Videodaten unserer beiden amerikanischen Beobachter nicht ein passendes Meteor am 5.2.2015 Nacht gefunden. Wenn man alle Nächten der ersten Februardekade 2015 nach passenden Meteore absucht, dann erhält man jeweils um die 10 Treffer pro Nacht bei jeweils 100 bis 200 Stunden Beobachtungszeit, was mit einer Flussdichte kleiner 1 ebenfalls als Hintergrundrauschen durchgeht.

Also ich glaube, dass besagter Ausbruch wenn nur im Radiobereich stattgefunden hat, nicht im optischen Bereich.

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Christoph Gerber
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Gamma Lyriden 2017

Beitrag von Christoph Gerber » 6. Feb 2017, 15:51

Liebe Meteorbeobachter,

Gamma Lyriden ("Februar Lyriden") wieder da!

Auf der Radarkarte des CMOR zum 5. Februar (sol.long 316, verfällt morgen!) zeichnen sich die Gamma Lyriden erneut ab. Zwar nicht so auffällig wie bei dem Ausbruch vor zwei Jahren, aber mit etwa 15 Kandidaten doch deutlich erkennbar. Im vergangenen Jahr blieben sie zwar unter der Auffälligkeitsgrenze, waren aber offenbar mit einigen wenigen Exemplaren dennoch präsent. Lediglich im Jahr 2014 deutete sich an der Radiantenstelle noch nichts an (für die Jahre davor fehlen mir die Daten, da es hierzu kein öffentliches Archiv gibt). Seit dem Ausbruch 2015 scheint der Strom demnach radarmäßig jährlich nachweisbar – wenn auch nur knapp oberhalb des täglichen SPO-Hintergrundes. Visuell dürfte er schon allein aufgrund der geringen Anzahl nicht wahrnehmbar sein.

Christoph
CMOR-Radarkarte vom 5.Febr.2017 (sol.long 316) mit Hervorhebung des Radianten
CMOR-Radarkarte vom 5.Febr.2017 (sol.long 316) mit Hervorhebung des Radianten

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Gamma Lyriden am 5.2.2018

Beitrag von Christoph Gerber » 6. Feb 2018, 09:34

Liebe Meteorbeobachter,

die "Gamma Lyriden" waren wieder da! – und damit scheinen sie inzwischen ein regelmäßiger Strom zu sein. Der Radiant bei Gamma Lyrae, der 2015 erstmals durch einen Ausbruch in Radiobeobachtungen entdeckt wurde, hat in diesem Jahr wieder eine Radarsignatur hinterlassen, und zwar eine sehr deutliche! Bisher habe ich nur diese CMOR-Karte (Achtung, wird täglich erneuert!) gesehen, weitere Infos liegen mir noch nicht vor: war es wieder ein kurzzeitiger Ausbruch? Gibt es diesmal auch visuelle Beobachtungen?

meteorische Grüße,
Christoph Gerber
CMOR-Karte vom 5.2.2018 (sol.long 316°)
CMOR-Karte vom 5.2.2018 (sol.long 316°)

Ina Rendtel
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Re: "Februar-Lyriden" am 5.2.2015

Beitrag von Ina Rendtel » 6. Feb 2018, 13:51

Hallo Christoph,
ich habe gestern abend (5.2.) für 1,25 h beobachtet und nichts auffälliges bemerkt, nur die gewöhlich geringe Aktivität für Februar.

Viele Grüße

Ina

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Gamma Lyriden 2018

Beitrag von Christoph Gerber » 6. Feb 2018, 19:44

Hallo Ina,
ich bin gestern abend auch nicht zum Beobachten gekommen, da gerade dann Wolken aufzogen. Ich gehe davon aus, dass es wieder ein recht kurzer Ausbruch gewesen ist, so wie 2015, und der wird in den Morgenstunden (oder Tagsüber) stattgefunden haben, als er recht hoch über Nordamerika stand. Jedenfalls deutet die Radaraufzeichnung auf einen stärkeren Ausbruch als 2015 hin. Das NASA-Feuerkugelnetz hatte so schlechtes Wetter, das kaum welche aufgezeichnet wurden. Leider befinden sich unter den wenigen diesmal keine Gamma Lyriden.

Hier noch zwei links zu diesem neuen Meteorstrom, die Chris Steyaert mitgeteilt hat:

– Entdeckungsgeschichte: https://www.imo.net/imcs/imc2015/2015-3 ... -final.pdf

– update von Peter Brown: http://imo.net/files/imc2016/imc2016-proceedings.pdf
(diesen zweiten konnte ich nicht öffnen, also kann ich nicht die Seitenangabe liefern)

viel Grüße,
Christoph

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Re: Gamma Lyriden 2018

Beitrag von Christoph Gerber » 8. Feb 2018, 23:30

Hallo zusammen,

lt. Electronic Telegram No. 4486 vom 8.2.2018 des Central Bureau for Astronomical Telegrams fand der Ausbruch der Gamma Lyriden am 5.2.2018 zwischen 10h – 13h UT statt, mit einem Maximum zwischen 11h30m–12h30m UT und mit einer äquivalenten ZHR von 40–50 Meteore/Stunde (insgesamt 112 Echos). Die maximale Aktivität fand etwa zur gleichen Zeit statt wie der Ausbruch von 2015, der von 2018 war jedoch deutlich stärker. Im optischen Bereich wurde nichts registriert; die Radardetektionen entsprechen einer äquivalenten visuellen Helligkeit von +7 bis +8 mag, fallen also in den teleskopischen Beobachtungsbereich.

Christoph

jrendtel
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Re: "Februar-Lyriden" am 5.2.2015

Beitrag von jrendtel » 11. Feb 2018, 15:59

... man kann es nicht oft genug wiederholen: Es sind zu jeder Zeit Ereignisse möglich. Zugegeben - Februar und März sind bei "normaler" Aktivität nicht der Brüller ;-) Neben den beschriebenen Meteoren aus Lyra, die anscheinend fast ausschließlich aus Kleinkram bestehen, ist aber jederzeit mehr möglich. Die früher beschriebenen Aurigiden gab es zumindest gelegentlich - warum sollten sie nicht wieder auftreten? Und nicht zu vergessen: Februar ist Kleinplaneten-Kollisions-Zeit (Tscheljabinsk 2013, wie auch gerade (2018 CN2) 2018-Feb-09 07:26 UT, 0.18 Mondentf. und (2018 CB) 2018-Feb-09 22:29 , ebenfalls 0.18 Mondentf.). Siehe: https://cneos.jpl.nasa.gov/ca/
Wegen der unbekannten Radianten ist aber Plotting angeraten - selbst bei der normalerweise geringen Rate wird man sich kaum an alle Meteore und mögliche, später bekannt werdende Radianten erinnern.
Viel Spaß bei entspannten Beobachtungen, Jürgen

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