Polare Stratosphärenwolken im Dezember

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Laura Kranich
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Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Laura Kranich » 24. Dez 2021, 18:39

Moin liebe Gemeinde,

in diesem Jahr hat endlich geklappt, was ich mir zuvor schon öfter vorgenommen hatte, aber zuletzt an Corona gescheitert war.
Dafür habe ich in diesem Jahr mit Robin Jähne einen Gleichgesinnten gefunden, der auch Feuer und Flamme war, einmal hochwertige Filmaufnahmen von PSCs zu machen. Anfang Dezember deutete sich an, dass der in diesem Jahr deutlich überdurchschnittlich starke und kalte Polarwirbel einen Abstecher über Skandinavien machen könnte und die Temperaturen dabei sogar unter die -85°C fallen könnten, was selten ist, aber in den letzten Jahren häufiger vorkam. Dafür gibt es auch Gründe, die zum Teil Thema hochaktueller Forschungsarbeit sind. Erst eine Woche vor unserer Reise nach Schweden fand ich einige sehr abgefahrene Studien über die Waldbrandereignisse der letzten Jahre, besonders sei eine Studie erwähnt, die unerwartete LIDAR-Funde von Forschenden an Bord der "Polarstern" auf ihrer legendären MOSAiC-Expedition im Jahr 2019/20 vorstellt und mit den Geschehnissen in der Stratosphäre verknüpft. Einen kurzen Artikel darüber könnt ihr hier lesen: https://www.science.org/content/article ... zone-layer
Wenn ihr mögt, kann ich hier auch noch eine Literaturliste mit den entsprechenden teils hochinteressanten Studien teilen, muss ich aber noch zusammenschreiben.

Nachdem sich bis Mitte Dezember die Prognosen für Skandinavien verfestigten, fingen wir an zu planen und am 13. ging es abends in Kiel los. In der Morgendämmerung des 14. erreichten wir trotz einer längeren Vergnügung mit dem norwegischen Zoll, der uns wohl für Elektronikschmuggler hielt :lol: , Torsby in Mittelschweden und konnten über ziemlich hartnäckigem Bodennebel bereits erste schwache aber eindeutige Typ 1 PSCs in südwestlicher Richtung, also etwa über der Ostsee und Stockholm beobachten. Um weiterhin gute Beobachtungsbedingungen zu haben mussten wir aber weiter nach Norden. Zum zeitigen Sonnenuntergang hatten wir es bis fast nach Ljusdal geschafft, wo allerdings Jetstreambewölkung Beobachtungen verhinderte. Das Spiel des Nebels über einem kleinen See war dafür fantastisch anzuschauen - durch die fast ständig negative Strahlungsbilanz bilden sich dort immer neue Kaltluftseen, die vom Wind verdriftet werden - schwierige Bedingungen für alle Prognoseambitionen, vor allem wenn nur gröber aufgelöste Modelle verfügbar sind. In Örnsköldsvik blieben wir auch dank einer hervorragenden Unterkunft hängen und hofften, dass die gemischten Modellprognosen zu pessimistische waren. Und wir hatten bis zum Schluss Glück! Für drei Tage am Stück konnten wir morgens und abends nahezu ungestört von troposphärischen Wolken beobachten: Ausgedehnte und teilweise sehr dichte, fabintensive Typ-1-PSCs sowie kleinere Felder von nicht weniger farbgewaltigen Perlmutterwolken. Nicht nur aber vor allem letztere sind optisch wirklich eindrucksvolle Erscheinungen und zum Teil extrem hell. Ich erinnere mich gern an die knallrot leuchtenden Perlmutterwolken am Abend des 16. zurück während rundherum alles schon ziemlich dunkel war. Doch auch als sie aus dem direkten Sonnenlicht verschwanden waren sie noch bemerkenswerte Himmelsobjekte. Sogar bis in die astronomische Dämmerung erschienen noch neue Typ-2-Wolken hoch am Himmel, die bunt schillerten. Und am Morgen des 17. erschien uns noch eine einzige Typ-2-Wolke, die wie ein Lampenschirm gleißend hell am Dämmerungshimmel voller Typ-1-Wolken leuchtete und sich in der Ostsee spiegelte. Die Bilder können es nur ansatzweise wiedergeben, es war ein unbeschreibliches Erlebnis.
Alle Bilder sind aus der Gegend um Örnsköldsvik außer dem allerersten, das in Torsby aufgenommen ist.

Damit bleibt mir nur noch, euch frohe Weihnachten zu wünschen und einen guten Rutsch in ein bestimmt besseres 2022!
Viel Spaß beim Gucken!


https://www.youtube.com/watch?v=YDzn-v5Tm3E

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Viele Grüße aus Berlin,
Laura

http://www.lk-photo-film.de

Bernd Rafflenbeul
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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Bernd Rafflenbeul » 25. Dez 2021, 12:23

Hallo Laura,

das sieht wie immer klasse aus.

Ich hab nur auf einmal das Problem deine Bilder zu sehen. Ich nutze Firefox. Bis vor kurzen war das Problem nicht da.
Wird da irgendwas gesperrt, Wenn ja wie kann ich das ändern.

Gruß Bernd

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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Elmar Schmidt » 26. Dez 2021, 10:55

Großes Kino, Laura!

Auch Dir Alles Gute und weiter solche Erfolge im Neuen Jahr!

Elmar

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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Michael Johler » 28. Dez 2021, 08:09

Absolute Meisterklasse, Laura! Besten Dank für's Teilen! Unfassbar bildgewaltig.

Hätte mit Sicherheit auch Potential für eine Veröffentlichung in einem Fachjournal.

Viele Grüße,
Michael

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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Andreas Möller » 28. Dez 2021, 10:46

Michael Johler hat geschrieben: 28. Dez 2021, 08:09
Hätte mit Sicherheit auch Potential für eine Veröffentlichung in einem Fachjournal.
Wie wäre es mit der METEOROS? :idea: :D

Viele Grüße,
Andreas

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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Dennis Hennig » 31. Dez 2021, 19:23

Wieder einmal großartig! Laura, ich gratuliere Dir/Euch zu gelungenen Reise und den eingefangenen Eindrücken, mit und ohne PSC.

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Laura Kranich
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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Laura Kranich » 6. Jan 2022, 21:21

Ich danke euch!
Kann gerne mal etwas für die Meteoros schreiben, eventuell - wenn es der diesjährige Polarwirbel ermöglicht, wofür die Chancen derzeit nicht schlecht stehen - gibt es aber noch eine Fortsetzung und vor März habe ich ohnehin keine Zeit. Also da bitte ich um etwas Geduld. :wink:
Im Moment bin ich auch noch damit beschäftigt, die zahlreichen Studien, die es schon zu der Thematik gibt durchzulesen, es sind Dutzende. Hochspannend, nur leider nicht sehr hoffnungsvoll. Sobald ich das Gefühl habe, einigermaßen einen Überblick zu haben, teile ich gerne eine Liste mit lesenswerten Studien.

Ein paar wenige Punkte kann ich aus dem was ich bisher las zusammenfassen (das sind vorläufige/zwischenständliche Informationen, die z.T. von aktuellen Entwicklungen überholt werden, die noch nicht annähernd wissenschaftlich aufgearbeitet sind):

- Ein Zusammenhang zwischen Waldbrandextremen und rekordverdächtigen Ozonverlusten der letzten Jahre scheint naheliegend

- Das größte Waldbrandextrem aller (modernen) Zeiten waren höchstwahrscheinlich die australischen Waldbrände Ende 2019, die ca. eine Million Tonnen Rauchaerosol in die südliche Stratosphäre bis in Höhen von 35 km (!) freisetzten.

- Darauf folgt nach derzeitigem Stand (vermutlich bereits überholt) das sogenannte Pacific Northwest Event im August 2017, das etwa ein Drittel davon in die nördliche Stratosphäre beförderte.

- Die Waldbrände von September 2020 in den USA reihen sich hier wahrscheinlich auch irgendwo mit ein, bisher scheint zu den genauen Auswirkungen aber noch kaum etwas handfestes publiziert zu sein.

- Die letztjährigen (2021) sibirischen Waldbrände haben mutmaßlich ebenfalls ein Ausmaß erreicht, das in dieser Liga mitspielen kann, außerdem gab es auch in 2019 und 2020 in Sibirien rekordmäßige Waldbrandsaisons, die im o.g. Artikel und mehreren Studien mit dem Ozonverlust im Winter 19/20 mitverantwortlich gemacht werden.

- Welche Auswirkungen und Folgen diese Feuer im weiteren haben, hängt auch von ihrem Ort bzw. der geografischen Breite ab, der Dauer, Intensität, begleitenden/verursachenden Wetterlage usw. und einzelne Ereignisse können deshalb nur bedingt miteinander verglichen werden. Aber sie haben wohl alle etwas gemeinsam: Sie erreichen zunehmend bisher ungekannte Dimensionen, was sich auch darin ausdrückt, dass sie ungekannte Mengen an Aerosol in die untere Stratosphäre injizieren.

- In dem Zusammenhang nicht unwichtig: Ob ein Polarwirbel so stark wird, dass ein nennenswerter Ozonabbau stattfinden kann, hängt auch von zahlreichen ganz anderen Faktoren ab, wie der Phase der Quasi-biennalen Oscillation, der Southern Oscillation oder dem Zustand des Sonnenzyklus. Die Tatsache, dass all das bis heute Gegenstand aktuellster Forschung ist und nicht vollständig verstanden, macht die Sache nicht weniger kompliziert.

- Die Mechanismen, die derzeit hauptsächlich für den Zusammenhang von Waldbrandaerosol mit dem Ozonabbau diskutiert werden: 1) Die Aerosole stellen Kondensations-/Kristallisationskeime für Wolkenbildung (PSCs) in der Stratosphäre dar, 2) sie bilden selbst eine Oberfläche für die ozonzerstörende Halogenaktivierung und 3) sie könnten die Entwicklung und Dynamik des Polarwirbels selbst beeinflussen, z.B. durch Veränderungen der Strahlungsbilanz.


Bernd Rafflenbeul hat geschrieben: 25. Dez 2021, 12:23 Ich hab nur auf einmal das Problem deine Bilder zu sehen. Ich nutze Firefox. Bis vor kurzen war das Problem nicht da.
Wird da irgendwas gesperrt, Wenn ja wie kann ich das ändern.
Das mag an der Dropbox liegen, da die in manchen Netzwerken blockiert wird. Dann ggfs. aus einem anderen Netzwerk zugreifen.
Viele Grüße aus Berlin,
Laura

http://www.lk-photo-film.de

Bernd Rafflenbeul
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Re: Polare Stratosphärenwolken im Dezember

Beitrag von Bernd Rafflenbeul » 21. Jan 2022, 17:24

Hallo Laura,

das hat mir keine Ruhe gelassen :shock: , das ich deine Bilder nicht sehen konnte. Hab den Übeltäter gefunden. Es war ein Addon, welches ich unter Firefox installiert hatte. Und zwar "Privacy badger". Nachdem in den deaktiviert hatte, waren auch die Bilder zu sehen :wow: . Falls auch Andere mal das Problem haben.......

Gruß Bernd

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