Hallo zusammen,
in der Nacht 05./06.07.2016 erreichte der bereits seit 3 Nächten anhaltende "Outbreak" von NLCs seinen Höhepunkt mit dem eindrucksvollsten NLC-Display der Saison 2016, welches dasjenige vom
10./11.07.2015 übertraf und fast an die Nacht
03./04.07.2014 heranreichte. Dass mit 57 Meldungen deutlich weniger Berichte als in den beiden vorgenannten Fällen eingingen, dürfte vor allem an den schlechten Wetterbedingungen im Norden Deutschlands liegen. Die "Awareness" war in der Beobachterszene auf jeden Fall auf Grund der teils hellen und recht verbreitet beobachteten NLCs der Vornächte sowie der sehr starken und sehr späten OSWIN-Echos gegeben - die Wahrscheinlichkeit, dass tatsächlich Leuchtende Nachtwolken auftreten würden,
lag bei fast 100%. Entscheidend für die letztlich doch recht hohe Beobachtungsdichte im Westen und Osten Deutschlands war die Tatsache, dass die NLCs bereits kurz nach Ende der Echos an Webcams
gesichtet wurden und eine entsprechende
Meldung die Runde machte. Bald schon traten Leuchtende Nachtwolken eindrucksvoll in Erscheinung, vor allem im Osten Deutschlands, wo eine Helligkeit von 4 erreicht wurde. Im Westen standen sie horizontnäher und blieben in der Helligkeit etwas zurück (Abb. 1). Nach Mitternacht, als die NLCs südlich etwa des 51. Breitengrades in den Erdschatten gerieten, bewölkte sich der Himmel im Osten immer mehr. Daher konnte der Höhepunkt dieser Nacht mit einem am Morgen sehr hellen (5) und bis in den Zenit reichendem Display (Abb. 2) fast nur im Westen verfolgt werden.
Die morgendlichen NLCs sind hier im Rhein-Main-Gebiet wohl das Spektakulärste, was ich jemals, (also seit 16 Jahren) an NLC-Displays gesehen habe. Höhe, Helligkeit, Ausdehnung ... bin völlig von den Socken." (
Peter Kuklok).
Abb. 1: Eigene Aufnahme vom Bonner Rheinufer, 05.07.2016, 23:35 MESZ.
Abb. 2: Eigene Aufnahme vom Bonner Rheinufer, 06.07.2016, 04:04 MESZ.
Für die nachstehende Karte der Beobachtungsorte wurden 57 Sichtungsmeldungen aus folgenden Quellen berücksichtigt:
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viewtopic.php?f=34&t=56672
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https://www.facebook.com/LeuchtendeNachtwolken/
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https://www.facebook.com/groups/1527742610782377/
Abb. 3: NLC-Beobachtungen in der Nacht 05./06.07.2016
Deutlich erkennbar ist der sehr geringe Anteil an Beobachtungen im nördlichen Deutschland - dort war es während der gesamten Nacht fast durchweg bewölkt (s. Abb. 4, 5). Alle Schätzungen der Helligkeit mit "5" stammen vom Morgen aus dem Westen Deutschlands. Im Osten, wo es am Abend zahlreiche Sichtungen gegeben hatte, hatte sich der Himmel zwischenzeitlich zugezogen. Offenbar war das Morgendisplay aber generell etwas heller als das Abenddisplay.
Abb. 4: Wolkenverteilung über Deutschland am 05.07.2016 um 23 MESZ. Quelle WetterOnline.
Abb. 5: Wolkenverteilung über Deutschland am 06.07.2016 um 03 MESZ. Quelle WetterOnline.
Einige Beobachter haben sowohl die Horizonthöhe als auch den Azimut der Displays angegeben, sodass genügend Daten zur Rekonstruktion der Positionen zur Verfügung stehen. Für die unten stehenden Diagramme wurden nachstehende Angaben verwendet, welche alle diesem Forums-Thread entnommen wurden:
ABEND
Bergheim; 51.0, 6.7 (
Frank Rinas): 344 - 45 / 12
Bonn; 50.7, 7.1 (
StefanK): 350 - 30 / 9
Körbelitz; 52.2, 11.8 (
Astrid Beyer): 310 - 40 / 33
Landberg; 51.0, 13.5 (
Heiko Ulbricht): 325 - 30 / 15
Leipzig; 51.3, 12.4 (
Felix Lauermann): 320 - 40 / 17
Neviges; 51.3, 7.1 (
Sonja Götten): NW - NNE / 30
Riesa; 51.3, 13.3 (
Christian Bartzsch): WNW - ENE / 10
Schlägl; 48.6, 14.2 (
Karl Kaiser): 330 - 24 / 12
Versmold; 52.0, 8.1 (
MathiasH): 335 - 40 / 15
Dresden; 51.1, 14.2 (
Alexander Haußmann): Positions-Rekonstruktion)
MORGEN
Bonn; 50.7, 7.1 (
StefanK): 270 - 0 - 90 / 20 - 110 - 5
Frankfurt; 50.1, 8.7 (
Peter Kuklok): 325 - 44 / 55
Wancourt (Positionsrekonstruktion durch
Peter Kuklok)
Abb. 6: Ungefähre Position der beobachteten NLCs am Abend des 05.07.2016. Die runden Punkte stellen die Positionsrekonstruktion von Alexander Haußmann dar. Beobachtungsort = Schlägl)
Abb. 7: Ungefähre Position der beobachteten NLCs am Morgen des 06.07.2016. Die runden Punkte markieren die von Peter Kuklok auf Grundlage eines Fotos aus Wancourt (Frankreich) rekonstruierte südliche Begrenzung gegen 04:12 MESZ. Die Quadrate entsprechen der maximalen Ausdehnung des Displays gegen 04:40 MESZ. Beobachtungsort = Frankfurt.
Die abendlichen Beobachtungen (Abb. 6) zeigen ein ausgedehntes NLC-Feld, welches sich von den Niederlanden über die Nordhälfte Deutschlands bis in die Mitte Polens erstreckt. Gegen Morgen hat es sich um etwa 200 Kilometer nach Südwesten verlagert, sodass es nun im Süden von NRW bis zu 20 Grad über den Zenit reichte. Noch gegen 04:12 MESZ befand sich der Südrand, wie die
Positionsrekonstruktion von
Peter Kuklok zeigt, deutlich weiter nördlich. Dies war jedoch nur eine scheinbare, durch den Erdschatten bedingte Begrenzung. Gegen 04:40 MESZ wurde dann der tatsächliche Südrand des Feldes sichtbar, welcher sich zwischen Bonn und Frankfurt erstreckte. Dass es sich hier um eine echte Begrenzung handelte, wird dadurch belegt, dass die NLCs sich in Frankfurt nicht mehr als 55 Grad über den Nordhorizont erhoben. Aus dem Westen Deutschlands ist die Entwicklung des großartigen morgendlichen Displays durch mehrere Zeitraffer und Fotostrecken hervorragend dokumentiert (
Bonn,
Eschweiler,
Königswinter,
Swisttal).
In Bonn verschwanden die letzten NLC-Strukturen um 05:00 MESZ um hellen Dämmerungshimmel, bei einer Sonnendepression von nur noch 4 Grad. Dergleichen war zumindest in Mitteleuropa bislang nur einmal (
28.07.2014) beobachtet worden. Doch bereits eine Woche später sollte dieser "Rekord"
übertroffen werden.
Insgesamt besteht kein Zweifel, dass während der gesamten Nacht ein und dasselbe langlebige NLC-Feld beobachtet wurde. Wahrscheinlich hatte sich dieses bereits am Morgen des 05.07.2016 gebildet, als NLCs im Osten Deutschlands bis zum 51. Breitengrad
reichten. Unmittelbar danach wurden an OSWIN Echos sichtbar, welche sich bis gegen 21:30 MESZ hielten (Abb.

. Nur eine gute halbe Stunde später wurden an einer Webcam in Regensburg die ersten NLCs der Nacht 05./06.07.2016
registriert. An die letzte Beobachtung (
05:00 MESZ in Bonn) schlossen sich nahtlos weitere OSWIN-Echos an, die aber nicht lange anhielten. Da in der Folgenacht in Mitteleuropa keine NLCs beobachtet wurden, liegt die Vermutung nahe, dass sich das Feld im Laufe des 06.07.2016 aufgelöst hatte. Aus den visuellen und radartechnischen Beobachtungen ergibt sich also eine "Mindest-Lebensdauer" des Feldes vom 05.07.2016, 03:15 MESZ bis zum 06.07.2016, 06:30 MESZ - rund 27 Stunden. Da das Juliusradar für diesen Zeitraum keine signifikanten südgerichteten Höhenwinde anzeigte, dürfte es sich nicht um eine Heranführung von Kaltluft aus dem Norden, sondern um eine autochthone Abkühlung der Mesopause-Region über Mitteleuropa gehandelt haben. Diese hatte im Grunde bereits mit den knapp nördlich von Deutschland stehenden NLCs in den Nächten
02./03.07.16,
03./04.07.16 und am
Abend des 04.07.2016 eingesetzt.
Abb. 8: OSWIN-Echos und NLC-Beobachtungen am 05. und 06.07.2016. Quelle IAP.
Leuchtenden Nachtwolken wurden in der gleichen Nacht in weiten Teilen Europas beobachtet.
Hier einige Zeitraffer aus verschiedenen Ländern:
https://www.youtube.com/watch?v=TCb7Q3T5WQY (Deutschland)
https://www.youtube.com/watch?v=_c8vbcS_Dxg (Deutschland)
https://www.youtube.com/watch?v=N_1wOlm3tzw (England)
https://www.youtube.com/watch?v=dm7DNroLT-A (England)
https://www.youtube.com/watch?v=QeVX7dr_myA (Litauen)
https://www.youtube.com/watch?v=W4abz-ogK-g (Polen, mit Gewitter)
https://www.youtube.com/watch?v=VEL9t5QW4dU (Schottland)
Abschließend noch ein paar weitere Links zu dem Event:
http://abenteuer-astronomie.de/leuchten ... sste-show/
https://skyweek.wordpress.com/2016/07/0 ... 016/#Jul06
https://diary4dan.wordpress.com/2016/07 ... n-morgens/
http://blog.aschnabel.bplaced.net/2016/ ... juli-2016/
http://www.wzforum.de/forum2/read.php?8 ... sg-3231610
Viele Grüße aus Bonn,
Stefan