2021-02-22: Saharastaub

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Elmar Schmidt
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Elmar Schmidt » 25. Feb 2021, 21:37

@Alex:
wäre wirklich mal interessant zu wissen, wieviel absorbiert wird
Die Extinktion habe ich eben (20:56 MEZ) am Mond (Höhe 47 Grad, Luftmasse 1,34) gemessen. Sie betrug +0,26 mag, entsprechend einer linearen Schwächung um den Faktor 1,27 (bzw. auf 0,787).

Da ich den Rayleighschen Extinktionskoeffizienten 0,100 des Blauhimmels sowieso schon auf den Zenit auskorrigiere, ist das der Nettoeffekt für die schräge Luftmasse, und der bedingt einen zusätzlichen Extinktionskoeffizienten von 0,178 für den Staub (Ray Lee: "aerosol optical density"). Den müßte man nun mit Annahmen über die Staubschichtdicke, die Partikelgröße und den Absorptionskoeffizienten des Sandes auf Teilchenzahldichte umrechnen. Sicher nicht so einfach...

Bezogen auf die niedrigere Sonnenhöhe (30 Grad, Luftmasse 1,99) bei meiner gestrigen Leuchtdichtemessung ergibt sich für die Sonne daraus eine etwas höhere Schwächung, nämlich um den Faktor 1,43 (bzw. auf 0,70) oder um +0,39 mag (gegenüber dem Blauhimmelswert).

Die Allgemeinbeleuchtungsstärke müßte also entsprechend niedriger sein, schätze mal bei der genannten Sonnennhöhe weniger als 75 klx bzw. unter 600 W/m^2. Die von mir vorgenommene Aufteilung der direkten und diffusen Beleuchtungsstärke dürfte hingegen in etwa Bestand haben, da die Absorption in erster Näherung auch den diffusen Anteil proportional schwächt.

Das sind alles eher untere Abschätzungen, weil sich die "Staublage" seit dem Vortag etwas abzuschwächen scheint. Und nun ziehen hier Wolken auf...

Gruß, Elmar


Nachtrag: am 26.2. kurz vor Mitternacht messe ich am Vollmond keine Zusatzextinktion mehr!
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 26. Feb 2021, 23:17, insgesamt 2-mal geändert.

Thorsten Witt
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Thorsten Witt » 25. Feb 2021, 23:30

Ich hatte mich zum Sonnenuntergang am Sonntag auf den hohen Mechtin im Wendland gewagt.

Der Staub gepaart mit der untergehenden Sonne war doch schon ein beeindruckendes Schauspiel...

Die Aufnahme ist komplett unbearbeitet :!:
Dateianhänge
_DSC1669.jpg

Wolfgang Vollmann
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Wolfgang Vollmann » 26. Feb 2021, 06:30

Einen staubigen Mond hab ich noch:
IMG_4254_p1web2.jpg
Aufgenommen in Wien, 25.Feb.2021, 18:23 MEZ, mit Canon 77D, Brennweite 18mm.
Rechts vom Mond ist Prokyon, unten auch Regulus zu erkennen.

Viele Grüße
Wolfgang

MarioK
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4 Diagramme zur Stahlung in Potsdam

Beitrag von MarioK » 26. Feb 2021, 19:10

Hallo Elmar,

ich habe hier mal vier Diagramme mit 10min-Daten von Potsdam.
Das erste zeigt (schon ausgedünnt) neben Sonnenscheindauer und Strahlungswerten auch noch Temperaturen und relative Feuchte.:
sahara-1.png
Daraus nur die SD und Strahlung (GS = Globalstrahlung, DS = Diffuse Himmelsstrahlung, LS = Langwellige atmospärische Strahlung):
sahara-2.png
Man kann den Unterschied vom 21. und 22.02. (wenig Staub) zum 23. bis 25.02. (viel Staub, 23. vormittags Cirren) sehen.
Die Sonnenhöhe mittags stieg vom 21.02. zum 25.02. von 27° auf 28°.

Im Vorjahr fand sich im Februar kein Tag zum Vergleich. Im Januar und März gab es aber zwei Tage.
Der 02.01.2020 war der Strahlungstag überhaupt. Die Sonne stand mittags aber nur 14,5° hoch.
sahara-4.png
Am 14.03.2020 war der Himmel nicht ganz so sauber, die DS-Punkte sind trotzdem noch ziemlich niedrig.
Die Sonne stand allerdings mittags 35° hoch. Die Globalstrahlung war höher. Ich musste die Skale von 35 auf 40 J/cm² erweitern.
sahara-3.png
In den Jahren davor hatte ich diese Diagramme noch nicht angefertigt. Da würde es vielleicht noch bessere Vergleichstage geben.

Schnelle Veränderungen der Langwelligen Strahlung zeigen Wolkenauf- oder abzug, langsame eher Verdunstungsfeuchte und Stadtdreck in der Luft.

Viele Grüße
Mario

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Elmar Schmidt
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Elmar Schmidt » 26. Feb 2021, 22:15

Super, Mario,

das gibt mir Vertrauen in die eigenen Abschätzungen.

In der Tat zeigt sich in Deiner Meßreihe etwa am 22.2 noch zur Mittagszeit der diffuse Anteil eines idealen Blauhimmels von 13%, der dann durch den Staub am 23./24./25.2. auf 49%/41%/34% hoch ging. In der Direktstrahlung gab es in Potsdam die maximale Abschwächung zwischen dem 22. und 23.2., nämlich um den Faktor von knapp 1,2. Hier sah das, so zumindest gestern am Mond gemessen, mit 1,4 etwas höher aus.

Der diffuse Anteil zeigt sich aber durchaus ähnlich auch in meiner Photometrie nach Integration der Streuscheibe am 24.2.2021. Die führte nämlich auf 37% (ohne Annahme einer Schwächung der Sonne) bzw. auf 46% (mit Schwächung um 1,4). Paßt doch!

Natürlich muß man über knapp 500 km Luftlinie von zeitlich und evtl. auch quantitativ unterschiedlichem Staubeintrag an unseren Standorten ausgehen.

Gruß, Elmar


Meßtechnik-Schnellkurs für Interessierte:
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Jene 10-Minuten-Strahlungsdosiswerte aus Potsdam müssen mit 16,7 malgenommen werden, um sie mit der Strahlungsleistungsstärke (aka Solarkonstante) zu vergleichen; das ergibt etwa aus Marios Daten am 22.2 tagesmaximal 470 W/m^2. Zum bekannten absoluten Maximalwert 1000 W/m^2 gehören dann etwa 60 J/cm^2 als 10-Minutendosis. Das sind radiometrische Größen über alle Wellenlängen.

Ich arbeite ja photometrisch, also der Augenempfindlichkeitskurve folgend. Die Werte sind also nicht ganz vergleichbar, stehen aber für (mittägliches) Sonnenlicht grob mit dem Faktor 124 lm/W in Verbindung, sprich: aus 1000 W/m^2 werden dann 124 000 lx(=lm/m^2) an Beleuchtungsstärke. Zu den (für viele ominösen) Leuchtdichten in cd/m^2 =lm/(sr*m^2) kommt man, indem man durch den Raumwinkel (in steradian sr) der jeweiligen Lichtquelle dividiert. Der beträgt etwa für die Sonne (im Mittel) nur 6,8*10^-5 sr. Für das diffuse Licht wären das zunächst 2*pi, die aber wegen des schrägen Einfalls auf eine ebene Meßfläche noch halbiert werden müssen, was den sog. Lambert-Faktor pi ergibt (3,14 sr). Das radiometrische Analog zur Leuchtdichte (Luminanz) heißt übrigens Strahlungsdichte (Radianz) mit der Einheit W/(sr*m^2).

An einem klaren Tag trägt direktes Sonnenlicht (im Höchststand) mit etwa 105 000 lx zur Allgemeinbeleuchtungsstärke bei, das ergibt nach Dividieren durch den o.g. Raumwinkel jene Sonnen-Leuchtdichte bei ca. 1,6*10^9 cd/m^2. Das diffuse Licht liefert ca 13-19 000 lx an Beleuchtungsstärke dazu, und das führt nach Division durch pi auf jene 4-6000 cd/m^2 an Leuchtdichte des Blauhimmels (Mittelwert!).
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 27. Feb 2021, 09:58, insgesamt 7-mal geändert.

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Peter Krämer
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Peter Krämer » 27. Feb 2021, 09:19

So, hier von mir auch ein paar Bilder aus der Saharastaubphase. Zuerst eins vom Dienstag morgen kurz nach Sonnenaufgang (23.02.):
22 Sonne Saharastaub 20210223.jpg
Am Mittwoch dann Sonnenaufgang mit Ring von Bishop:
23 SA Ring von Bishop 20210224.jpg
Donnerstag, 25.02., eine ziemlich saharastaubige Sonne:
24 SA Saharastaub 20210225.jpg
Hie noch mal richtig groß:
26 Sonne 20210225.jpg
und etwas später war der Ring von Bishop wieder da:
25 Ring von Bishop 20210225.jpg
Grüße
Peter

Alexander Haußmann
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Alexander Haußmann » 27. Feb 2021, 10:18

Hallo zusammen,

interessant, wie tiefschürfend sich die Diskussion schon entwickelt hat. Da werden wir bald die Expertise der Experten (Ray Lee & Co.) brauchen, ich erinnere mich da an diverse Streumodelle und Monte-Carlo-Rechnungen (Strahlugstransport und Mehrfachstreuung), die bei den Light & Color Konferenzen gezeigt wurden.

Den Sonnenuntergang am 25.02. habe ich zwischen Langebrück und Weixdorf noch knapp erwischt (17:33):
IMGP0772_b_1000.jpg
IMGP0775_b_1000.jpg
Die nachfolgende Dämmerung war dann wieder erstaunlich farbarm blau-grau.

Hier noch ein paar Messdaten aus Hörlitz mit meinem Luxmeter-Schätzeisen (±30% Genauigkeit sind angegeben, im relativen Vergleich der Daten untereinander ist es natürlich besser):
Luxmeter.jpg
Gestern (26.02.) dann bedeckt mit Regen bis zum Abend, danach fast klarer Himmel mit Fast-Vollmond mit deutlich weniger Saharastaub (dafür einer Pollenkorona?), leider kommen bei Mondschein keine sinnvollen Daten mehr aus dem Sensor.

Viele Grüße,
Alex

MarioK
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von MarioK » 27. Feb 2021, 11:17

Hallo Elmar,

ich hab nochmal 4 Diagramme für deine Gegend gebastelt.
Langwellige Himmelstrahlung gibt es nur sehr wenigen Stationen, aber die brauchst Du ja nicht.
Das letzte Diagramm von Waibstadt müsste am besten zu deinem Wohnort passen.

Ich habe jetzt noch den Anteil der Diffusen Strahlung an der Globalstrahlung in die Diagramme genommen.
sahara-9.png
sahara-10.png
sahara-11.png
sahara-12.png
Der 10-Tage-Zeitraum ist gegenüber dem gestrigen Diagramm von Potsdam um einen Tag verschoben.

Viele Grüße
Mario
Zuletzt geändert von MarioK am 27. Feb 2021, 18:49, insgesamt 1-mal geändert.

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Elmar Schmidt
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Elmar Schmidt » 27. Feb 2021, 11:36

Hallo Alex und Mario,

doah muß mer doch wos machän... Können vielleicht zuerst mal was ins Meteoros oder VdS-J. schreiben.

@Alex: die mittäglichen Peaks Deiner Luxwerte aus Hörlitz/Brandenburg an den "kritischen" Tagen lagen also zw. 68 und 81 klx (Hub 1,2 wie in Marios Globalstrahlung), und auch die Absolutwerte sind in etwa konsistent (die max. 550 W/m^2 in Baden entsprechen 68 klx).

@MarioK: danke für die Daten. Bad Schönborn liegt zwischen Rheinstetten (38 km SSW) und Waibstadt (23 km ONO). Die diffusen radiometrische Anteile dort betrugen am 21.2. etwa 13-14%. Sie gingen am 24.2. mittags auf 48-49% hoch. (Bei mir, photometrisch abgeschätzt, waren es 46%). Der Hub zwischen Staub- und Blauhimmel in der radiometrischen Globalstrahlung lag an beiden Orten bei knapp 1,2.

Natürlich ist zwischen Radiometrie und Photometrie keine perfekte übereinstimmung zu erwarten, allein wegen der variablen Himmelsfarbe.

Der Vollständigkeit halber habe ich eben nochmal im Vergleich den sehr gut staubfreien Blauhimmel vom 6. März bei der Sonnenhöhe knapp 35 Grad (seitlich östlich) gemessen. In Sonnennähe ist die Leuchtdichte nun über zehnmal kleiner als mit dem Saharastaub, wobei dort kaum noch eine Aueole sichtbar ist (evtl. noch von einigen Haselpollen).

Bild

Durchführen des entsprechenden bestimmten Integrals - psst, mit Gewichtung der Funktion mit 2*pi*sin(theta)*dtheta, klarerweise noch eine "zenitale" Näherung zur Sonne...) liefert dann einen diffusen Anteil von knapp 19% an der Gesamtbeleuchtungsstärke, was typisch für einen blauen Himmel bei neidrigem Sonennstand hierzulande ist.

Gruß, Elmar
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 6. Mär 2021, 18:15, insgesamt 3-mal geändert.

MarioK
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von MarioK » 27. Feb 2021, 18:01

Hallo Elmar,
Müssen uns dann mal über die Meßbedingungen verständigen, insbesondere Art und Ausrichtung der Sensoren.
Guck mal hier: https://www.dwd.de/DE/leistungen/solare ... l?nn=16102

Falls für die Diffuse Strahlung dieser Schattenring verwendet wird, frage ich mich, wer den wie oft verstellt,
damit die Sonne nicht auf den Sensor scheint.
Da weiß wahrscheinlich Claudia mehr.

Die Daten sind frei zugänglich. Den Link hatte ich ja ins Diagramm eingebaut.
Der genaue ist: ftp://opendata.dwd.de/climate_environme ... tes/solar/
historical = ältere Werte
recent = letzte 18 Monate bis Vortag
Wenn Du bei "recent" die Files bis nach unten durchscrollst, findest Du die Stationsliste.

Ich habe oben in die Diagramme noch DS/GS in % mit eingebaut.

Viele Grüße
Mario

Timo Kuhmonen
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Timo Kuhmonen » 28. Feb 2021, 11:41

fyi,

In Finland newspapers there was indication of this brownish fine "sand-dust" at 23.2.2021. At least in Laihia & Finland, there has been this type dust on top of snow.

Today I also noticed article, from Finnish meteorological Institute FMI. They are asking citizens to send samples. They are doing research work, how well these small dusty sand particles are as icing nucleous in cirrus clouds.

Need to keep eyes on the snow now :-) For the moment, I have not yet seen this brown sand dust at central Finland yet (on top of snow)...
Timo K, OH7HMS - KP32EV
http://tiku-astro.blogspot.com/

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Claudia Hinz
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Re: 2021-02-22: Saharastaub

Beitrag von Claudia Hinz » 28. Feb 2021, 17:18

Sehr interessante Berechnungen!!!

Hier gab es auch mehrere tage den Bishop'schen Ring, aber die Lichtstreuung war so krass, daß er sich schwer fotografieren ließ. Hier die besten Aufnahmen vom 23.02. aus Schwarzenberg.
_MG_3841raw.jpg
_MG_3846raw.jpg
_MG_3850raw.jpg
_MG_3897raw.jpg
Habe zum Saharastaub und dem Bishop'schen Ring auch einen Blogartikel im Fichtelbergblog.

LG Claudia

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