colorful "rainbow" sundogs

Forum für Halo-Erscheinungen, Regenbögen, Blitze und alle anderen Lichterscheinungen, die neben Polarlichtern in der Erdatmosphäre auftreten.
Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 2. Dez 2009, 23:11

Hallo Bertram & Christian,

es geht ja nicht ums Glauben, sondern um die Darstellung verschiedener Erklärungsversuche! Ich bin gerade dabei, einige Rechnungen über den Computer laufen zu lassen, die sowohl eingeschränkte Orientierung als auch die "tote Zone" um die Kristallmitte berücksichtigen. Im Januar wird sich sicherlich Gelegenheit bieten, darüber zu sprechen. Anbei mal ein Bild, um klarzustellen, was die geometrische Optik (zzgl. Fresnel-Formeln) uns für den Nebensonnenminimalablenkungsstrahlengang (bei Sonnenhöhe 0°) liefert:


Bild

Da es beim Licht zwei Polarisationsorientierungen gibt, müssen diese auch getrennt bilanziert werden (hier zuerst senkrecht zur Einfallsebene, dann parallel). Die Summe der Werte in Klammern gibt jeweils die Gesamtintensität an. Ergebnis also: 2,2% für den Horizontalkreis direkt, 95,6% gehen durch und tragen zur Nebensonne bei, der Rest wandert weiter im Kristall rum.

Allerdings verwundert mich der "Knick" unter der Nebensonne in Bertrams Fotos schon etwas. Sind das nun Lowitzbögen? Habe zwar selber nie (bewußt) welche gesehen, aber der Übergang war doch im bekannten Bildmaterial immer etwas "sanfter". Vielleicht sind "oben" im Bild Kristalle mit Vorzugsausrichtung vorhanden, die eine "reinere", aber weiter abgesetzte Nebensonne verursachen, und darunter "normale" Nebensonnenkristalle.

Gruß, Alex.

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 3. Dez 2009, 12:26

hi Alexander,
100% klar und kapiert, aber:

Bild

Portugal und Syrien sind natürlich scherzhaft gemeint.

______________________________________________

Und wie um mich zu ärgern, war gerade wieder so ein "Blitzer" am Himmel - gerade mal lang genug um den Fotoapparat zu holen. Gesamtsichtbarkeitsdauer: ca. 60 sec. Vorher und nachher (je 30 min mindestens): gähnende Haloleere am Himmel, und die Cirren dösen vor sich hin. Das ist doch nicht normal, oder?
Wetter: Wie letztes Mal Föhn (Südwind).

Immerhin sind hier auf den Fotos Ansätze eines Schweifes zu sehen; die spektrale Reinheit ist aber auch nicht perfekt.

3 Bilder habe ich machen können, dann war es vorbei:

Bild

Bild

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Bertram

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 3. Dez 2009, 21:19

Hallo Bertram,

also wenn das Phänomen öfters bei Dir auftritt, muß es doch was mit der lokalen Geografie zu tun haben, sei es nun, daß Kristalle geordnet oder in einer bestimmten Größe bezüglich des Keims wachsen.

Zur Skizze: Die 2,2% sind da, wo Du sie eingezeichnet hast. Natürlich haben nicht nur Portugal oder Syrien was davon :D. Bei solchen Strahlverfolgungen steckt (meist ungesagt) dahinter, daß es nicht nur um einen Kristall gibt, sondern viele gleichartige. Du mußt also das Sechseck nur kopieren und in die passende Gegend schieben (rechts unten), um auch was von diesem Licht zu haben. Dann kommt zur rechten Nebensonne noch ein heller Fleck auf dem Horizontalkreis 98° (180°-2*41°) links von der Sonne dazu. Der Witz ist nun, daß die Drehung des Kristalls um die vertikale Achse (also hier senkrecht zur Bildebene) bei der Standarderklärung der Nebensonne zufällig ist, was die Reflexion sehr breitzieht (-> HK), aber die Nebensonne nur etwas (-> Schweif).

Mit dem zweiten (unteren) Strahlengang hast Du natürlich völlig recht, den gibt auch, aber bei zufälliger Orientierung erwischt man den in einer Simulation statistisch gleichberechtigt mit und macht sich eben keine weiteren Gedanken drüber. Das gilt nicht für orientierte Kristalle! Dann würden eben bestimmte Segmente des HK (wenn er denn da wäre) hervorgehoben. Der von Dir eingezeichnete Strahl hat einen Einfallswinkel von 79° (wenn ich mich nicht verrechnet habe), und das gibt nach Fresnel eine Reflexionsintensität von (0,409; 0,204), in Summe also 61%, was schon ganz beachtlich ist. Allerdings erscheint "aus Sicht der Sonnenstrahlen" diese Kristallfläche perspektivisch stark verkürzt, was den "Nutzen" der hohen Reflektivität wieder etwas kompensiert. Ironischerweise ist die Ablenkung des reflektierten Strahls aus der ursprünglichen Einfallsrichtung gerade 22°, was also die Nebensonne noch mit etwas "Reflexionshorizontalkreis" unterlegt. Der eindringende Teil des Strahls (39%) würde übrigens etwas Licht zum Schweif der linken Nebensonne beitragen (wenn wir mal wieder voraussetzen, den Kristall so plazieren zu dürfen, um etwas davon zu haben).

Fazit also: Bei vorzugsausgerichteten Kristallen (als Hypothese) würden folglich bestimmte Segmente des Horizontalkreises in der Intensität hervorgehoben - sofern er überhaupt sichbar wird. Wie schon geschrieben, ich will nichts gegen die Einschlußhypothese sagen, ich kann bloß noch nicht verläßlich absehen, was da herauskommt. Ob Christian vielleicht seine Konstruktionen nochmal vorstellen könnte? Ich kenne sie noch nicht.

Gruß, Alex.

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 4. Dez 2009, 00:32

hi Alexander,

ich bringe Dich langsam auf den richtigen Weg :lol: ...

Wenn die Sonne punktförmig wäre wie ein Fixstern, dann würden die Seitenflächen der Plättchen nur jeweils - selbst wenn es Myraiden davon gibt - in einer ultragenau festgelegten Position etwas in unser Auge spiegeln. Gottseidank ist die Sonne aber mörderische 1/2° breit, was auf gut Deutsch bewirkt, dass auch nicht perfekt ausgerichtete Kristalle ordentlich was in unser Auge spiegeln (wenn wir es denn sehen würden - darum geht es ja in diesem thread...).
ist die Ablenkung des reflektierten Strahls aus der ursprünglichen Einfallsrichtung gerade 22°, was also die Nebensonne noch mit etwas "Reflexionshorizontalkreis" unterlegt
Das gilt natürlich für Deinen Superidealfall Alpha in = Alpha out. Drehe die Myriaden Kristalle nur ein wenig (1°-2°), und Du müsstest einen hellen HK innerhalb der NS sehen - tust Du aber nicht und wir alle auch nicht, und warum das so ist, weiss zumindest ich nicht.

Persönlich glaube ich an die Vorzugsausrichtung der Plättchen aus einem einfachen Grund nicht mehr: Wenn es so wäre, müsste man im Bereich von 0° bis 30° von der Sonne an - je nach Ausrichtung - verschiedenen Stellen des Horizontalkreises "irrationale" rein weisse Nebensonnen sehen - und die hat glaube ich noch nie jemand beobachtet. Genauso wie Du schreibst:
Bei vorzugsausgerichteten Kristallen (als Hypothese) würden folglich bestimmte Segmente des Horizontalkreises in der Intensität hervorgehoben
Ich grüble zur Zeit über folgendes:
- die Viecher sind in zirrhotischem 8) Himmel zu sehen, aber anders als "normale NS in Cirren" nicht korreliert mit ihnen (also nicht: dicker Cirrus = dicker NS-Teil, dünner Cirrus = dünner NS-Teil)
- sie sind verglichen mit dem restlichen Himmelsgeschehen EXTREM kurzlebig (typisch 1-2 Minuten) und unberechenbar
- es sind völlig ruhige Bedingungen mit eher freiem Himmel mit wenig Cirren und keinem typischen Altostratus; die "Viecher" schweben völlig losgelöst von allem einfach eine Weile am Himmel - man kann sie nicht in einen Kontext einordnen (z.B. erst 22°, dann Ausrichtung - NS, ZZB - , dann Wachstum - OBB, SLB - , dann Orientierung - Parry, SB usw.) - es sind so eine Art Nomaden.
- subjektiv erscheinen sie mir so wie "unterhalb" der vorhandenen Bewölkung. Ich habe natürlich z.B. heute deswegen extra darauf geachtet, aber da war nichts. weder drüber noch hinter dem "Viech". Es ist auch in der gesamten Zeit auch nicht ein Hauch von ZZB sichtbar gewesen.
- immerhin scheinen meine Bilder eines zu zeigen: je spektral reiner, desto weniger Schweif.
___________________

Ich fliege viel Modellflugzeuge, das heisst, dass ich durchaus 4 Stunden lang meinem eigenen Modell oder dem eines Kollegen zuschaue, wie es alle Minute mal den kompletten Himmel abgrast. Das mag Euch erklären, wieso ich relativ viel Halos sehe und auch die Zeitdauer der Erscheinung mitbekomme. Wahrscheinlich ist nur Claudia in einer ähnlichen glücklichen Lage (wie es sich mir hier im Forum darstellt - ich möchte niemanden falsch einschätzen).

Und deswegen auch meine Verwunderung: Es gibt die üblichen Nebensonnen, die "relativ" lange anhalten, man kann gemütlich eine Tasse Kaffee schlürfen und mal nachgucken , ob sie schon ein bisschen zugenommen haben, und sie sind mehr oder weniger innen rot und nach aussen hin weiss.

Und es gibt diese "Viecher", die im stahlblauen Himmel (mit ganz ganz wenig Cirren und absolut null AS) mal kurz erscheinen, i.d.R. so kurzlebig, dass ich nicht Zeit genug habe, mein Flugmodell zu landen, um Aufnahmen zu machen - denn dann ist es schon wieder vorbei. Eigentlich interessiert mich im Moment weniger die Entstehung sondern die Kurzlebigkeit: Da ist eine völlig stabile Luftschichtung, möglicherweise bis sicher mit einer mässigen Windscherung, die Cirren sehen stundenweise gleich aus, und man sieht für eine Minute ein spektrale NS: wie und warum?

Im Moment denke ich, dass ich da etwas sehe, was NICHT mit einer üblichen NS zu tun hat. Aber mit einem unteren Lowitz auch nicht. Irgendein Strahlengang wird es schon sein, was weiss denn ich, vielleicht so ein Fallschirmkristall (Plättchen mit unten daran hängender Säule? Aber das sollte ja einen mords HK erzeugen...).

Bertram

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Christian Fenn
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Beitrag von Christian Fenn » 4. Dez 2009, 08:09

Ich bin noch am Ball. Kleine Ergänzung zu Betram: Du schreibst, dass aufgrund des Sonnendurchmessers von 0,5 Grad auch bei nicht ordentlich ausgerichteten Kristallen was ins Auge geht. Dem würde ich zwar so zustimmen, aber auch wenn den Sonne punktförmig wäre, wäre es genauso. Ein Schwanken der Eiskristalle um x Grad würde (mal ein paar Nebeneffekte außen vor gelassen) die jeweilige Erscheinung einfach nur um x Grad breiter (diffuser) machen. Dann würde nämlich der Kristall von einer anderen Stelle aus seinen Strahl ins Auge schicken.

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Claudia Hinz
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Beitrag von Claudia Hinz » 4. Dez 2009, 16:34

Hallo,

es macht Spaß, Eure wissenschaftlichen Erklärungen zu lesen.

Ich sehe auf dem Berg nicht nur häufiger den Blauanteil in Nebensonnen, sondern allgemein mehr Halos. Habe mit Wolfgang schon den Versuch gemacht, daß er das gleiche Halo vom Boden aus fotografiert hat, auch auf meinen Fotos war mehr zu sehen als auf Wolfgangs.

Wäre es nicht möglich, daß das Licht der Halos und vor allem des kurzwelligen Blau für bodennahe Beobachter durch diverse Dunstschichten weggestreut wird?
Das würde auch die Häufigkeit der Bertramschen Blauen Nebensonnen erklären, denn auch er wohnt ja in luftiger Höhe jenseits aller Dreckschichten.

Soweit mein Gedanke, denn ich kann die große Häufigkeit blauer "Höhennebensonnen" nur bestätigen. Die Berechnungen über die Entstehung der blauen Nebensonnen überlasse ich aber ehrfurchtsvoll dem Alexander ... :oops:

LG Claudia

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Christian Fenn
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Beitrag von Christian Fenn » 4. Dez 2009, 20:36

Hallo Claudia,

ich könnte mir gut vorstellen, dass Du da oben mehr Nebensonnen mit Blauanteil siehst, weil Du möglicherweise klare und dünnere Luftschichten hast und jene dafür notwendigen Eiskristalle daher isoliert siehst. Wolfgang - der ja tiefer sitzt - dürfte durch mehr Luft und damit mehr Eiskristalle blicken. Je mehr Kristalle, desto wahrscheinlicher die Überlagerung zum Weiß. Er kann also auch durch "größere" Kristalle blicken, während sie bei Dir außerhalb des Sichtfelds bleiben.

Soweit meine Vorstellung.

P.S. PC funktioniert seit heute, Seiten sind aktualisiert, für Fotowettbewerb siehe "Ankündigungen"

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 5. Dez 2009, 16:53

Hallo Bertram , Christian und Claudia,

da haben wir doch schon einiges an Argumenten zusammengetragen! Von einer Beobachtung der "irrationalen weißen Nebensonnen" habe ich jedenfalls auch noch nichts gehört, damit sieht es für die Vorzugsausrichtungshypothese schlecht aus, da muß ich Euch zustimmen (wenngleich die hohen Reflexionsintensitäten erst bei streifendem Einfall auftreten, somit das Licht nur wenig aus seiner ursprünglichen Richtung abgelenkt wird und so für den Beobachter dort erscheint, wo auch schon der Hintergrund stark aufgehellt ist, was die Beobachtungsmöglichkeiten erschwert).

Ergänzen möchte ich noch die Beugungseffekte, die zum Sonnendurchmesser und dem "Gewackel" als weitere Verschmierung hinzukommen. Grob geschätzt fällt das Licht aus einem 60 µm großen Kristall mit einem Divergenzwinkel von 0.5° aus (ob Reflexion oder Brechung passierte, ist dabei zunächst nicht entscheidend), auch wenn man da mit einem idealen Laser reingehen würde. Singularitäten der geometrischen Optik werden also gnädigerweise von der Natur selbst ausgebügelt...

Bertrams Beobachtungen über die fehlende Beziehung der spektralreinen Nebensonnen zur Cirrusbewölkung legen ja nahe, daß es noch eine weitere, schnell veränderliche und "verborgene" Kristallschicht bzw. -wolke geben muß. Wo mag die herkommmen (Fallstreifen, Kristallisation "vor Ort" oder was "Aufgewirbeltes")? Über die tatsächliche Entfernung der Kristalle läßt sich ja im Moment nur spekulieren. Interessant wäre mal eine solche Nebensonne überlagert mit einer "gewöhnlichen" zu sehen. Vielleicht gibt auch der fehlende ZZB einen Hinweis, vielleicht mangelt es diesem aber auch nur an der nötigen Intensität.

An die "klare Höhenluft" hatte ich noch gar nicht gedacht, die spielt beim Vergleich verschiedener Beobachter sicher eine große Rolle (ich bin ja selber nur selten über das Flachland hinausgekommen...). Andererseits kann man damit nicht so einfach erklären, warum Bertram von gleicher Höhe aus beide "Sorten" von Nebensonnen beobachten konnte. Möglicherweise kommt mit hinein, daß bei einer Entstehung der spektralreinen Nebensonnen in einer tieferen Schicht diese Kristalle näher am Beobachter sind als diejenigen der gewöhnlichen Cirruswolke und dieser kürzere Lichtweg dann weniger durch Streuung beeinflußt wird.

Ich habe nun auch einige Ergebnisse aus den Rechnungen bekommen. Um die Erwartungen etwas zu dämpfen: Es ging mir eigentlich nur um die Frage, wie eine Nebensonne aussieht, wenn der Drehwinkel um die vertikale Achse auf einen engen Bereich eingeschränkt wird bzw. wenn ein bestimmter Teil des Kristalls für den Lichtweg "tabu" wäre. Den Horizontalkreis habe ich hier nicht weiter beachtet. Außerdem habe ich mich auf eine Sonnenhöhe von 0° und perfekte horizontale Ausrichtung beschränkt, zudem auch die Beugung ignoriert.

Die wesentliche Aussage ist, daß ein Kristall mit undurchsichtgem Kern bei gleichverteilten Einfallswinkeln in der Tat eine spektral reinere Nebensonne ohne Schweif produzieren kann. Dazu muß der Einschluß aber schon ziemlich groß sein (der Einfachheit halber habe ich diesen als rund angenommen), was die Helligkeit der Nebensonne (im Vergleich zu "sauberen Kristallen") ziemlich stark mindert (ca. Faktor 10). Erwartungsgemäß erreicht man die größere spektrale Reinheit auch durch einen eingeschränkten Drehwinkel, z.B. bei einer Standardabweichung von 2° um einen Einfallswinkel von 50° (der zur Minimalablenkung gehörige Einfallswinkel ist ca. 41°, s.o.). Allerdings hängt das Ergebnis sehr stark von diesem Einfallswinkel ab, den man ja in der Praxis nicht kennt bzw. nur über Höhenwindrichtungen etc. abschätzen könnte. Ich will diese Resultate daher nicht überbewerten.

Viele Grüße,
Alex

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Christian Fenn
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Beitrag von Christian Fenn » 5. Dez 2009, 17:34

Hallo Alex, danke für die Zusammenfassung und die weiteren Überlegungen. Eine Sache will ich hinterfragen: Wenn der Kern des Kristalls das Licht (aus welchen Gründen auch immer) nicht durchlassen würde, dann schreibst Du würde die Helligkeit der NS um den Faktor zehn abnehmen. Ich bin mir bezüglich Deiner Berechung da nicht ganz so sicher. In der Summe auf die ganze mögliche Fläche der NS mag sie um den Faktor 10 abnehmen, das glaube ich sofort. Aber an ausschließlich der innersten, sonnenähestes Stelle (21,7°) isoliert betrachtet nehme ich Dir das (ohne es nachrechnen zu können) nicht so einfach ab. Faktor 2 oder 3 würde ich schätzen, mehr aber nicht.

Hinzu käme, dass diese dann kleinen Eiskristalle sich nur behaupten (und beobachtbar werden) können, wenn sie ohne den störenden Einfluß größerer Eiskristallfelder (also fast am blauen Himmel oder am Rand einer Wolke) vorkämen. Das würde bedeuten, dass eine geringere Helligkeit trotzdem zu einer deutlichen Wahrnehmung führen würde, da keine störenden Lichteinflüsse vorlägen.

Grüße, Christian

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 5. Dez 2009, 19:41

Na, das passt doch alles...

Diese spektral reinen NS sind nicht sonderlich hell. Die eine linke im ersten Bild war schon eine Ausnahme, die meisten sind so wie die hier auf Seite 3.
Hinzu käme, dass diese dann kleinen Eiskristalle sich nur behaupten (und beobachtbar werden) können, wenn sie ohne den störenden Einfluß größerer Eiskristallfelder (also fast am blauen Himmel oder am Rand einer Wolke) vorkämen. Das würde bedeuten, dass eine geringere Helligkeit trotzdem zu einer deutlichen Wahrnehmung führen würde, da keine störenden Lichteinflüsse vorlägen.


Das passt doch perfekt zu dem was ich gelegentlich sehe: fast blauer Himmel und so. Die Abschwächung um den Faktor 10 kommt meiner Meinung nach ganz gut hin (Achtung: Auge sieht logarithmisch, 10x schwächer objektiv = höchstens 3x schwächer subjektiv).
Über die tatsächliche Entfernung der Kristalle läßt sich ja im Moment nur spekulieren.
Stimmt, aber es war sicher keinerlei bodennaher Diamond Dust.
Interessant wäre mal eine solche Nebensonne überlagert mit einer "gewöhnlichen" zu sehen. Vielleicht gibt auch der fehlende ZZB einen Hinweis, vielleicht mangelt es diesem aber auch nur an der nötigen Intensität.
Ich nehme an, dass reguläre NS diese spektralen NS einfach überstrahlen.

Wenn es von Dir, Alexander, später mal eine abschliessende Zeichnung der Optik in so einem hypothetischen herzlosen Kristall gäbe, wäre das natürlich toll.

Wer hätte gedacht, dass so eine "einfache" NS doch noch so viel hergibt!

Bertram

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 5. Dez 2009, 22:01

guggsdu hier oder hier oder hier zum Thema "Aussehen von Plättchen"

Bertram

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RolfK
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Beitrag von RolfK » 6. Dez 2009, 13:58

Hübsche Bilderchen !

VG RolfK

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Reinhard Nitze
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Beitrag von Reinhard Nitze » 6. Dez 2009, 21:19

Hallo!

Zunächst möchte ich bemerken, das ich aus zeitlichen Gründen diesen Thread nur noch recht oberflächlich betrachten kann und es mir an Hintergrundwissen fehlt, mich an dieser Diskussion noch richtig zu beteiligen. Ich möchte aber anhand von 4 Bildern noch darauf hinweisen, das eine ganz deutliche Farbtrennung auch bei sehr langschweifigen und sehr grellen Nebensonnen geben kann. Sie wirken auf den ersten Blick blendend weiß, blendet man sie aber durch einen Graufilter ab, sieht man sehr schön, das sie auch ordentliche Farben beinhalten können.

Ich glaube weiterhin nicht an eine Doppelorientierung sondern vermute, das die Farbsortierung vor allem durch eine gleichmäßige Kristallgröße zustande kommt (Ich betone, das ich das glaube).

Ich habe solch farbige Nebensonnen auch schon ein paarmal beobachtet und bestätige, das diese vor allem in dünnen Cirren beobachtet werden können.

Man könnte auch noch überlegen, was geschehen würde, wenn im Plättchenkristall 2 verschiedene Kantenlängen vorlegen (Wie beim Kernbogen). Aber ich muss zugeben, das ich da nicht weiter "in die Tiefe" gegangen bin.

Hier die Bilder:


Bild 1: Sehr helle, langschweifige, durch Graufilter abgedunkelte Nebensonne:

Bild

Bild 2: Extremer Helligkeitsausbruch der Nebensonne, ungefiltert:
Bild

Bild 3: Kurz nach dem Helligkeitsausbruch von Bild 2, gefiltert:
Bild

War als Ergänzung gemeint.

Viele Grüße, Reinhard!

Alexander Haußmann
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Beitrag von Alexander Haußmann » 7. Dez 2009, 23:34

Hallo zusammen,

hier noch ein paar Erklärungen zu den Simulationsrechnungen zu den Nebensonnen, die ich neulich gemacht habe: Ich bin von einem einfachen Modell ausgegegangen, bei dem mittig im Kristall ein kreisförmiges Gebiet mit dem Radius R als undurchdringlich für Lichtstrahlen vorausgesetzt wird. Dies kann einen undurchsichtigen Einschluß (Keim bei kleinen Kristallen) oder auch einen Lufteinschluß repräsentieren. Bei einem Lufteinschluß wird sich das Licht zwar "irgendwie" weiter ausbreiten, ich habe aber vorerst angenommen (gehofft), daß es nicht in Nähe der Nebensonne rauskommt und somit für diesen Lichtweg genau wie im undurchsichtigen Fall "verloren" ist. Die Kreisförmigkeit ist nur der einfacheren Rechnung geschuldet und stellt keine physikalische Notwendigkeit dar - wobei mich aber der erste von Bertrams Links bestätigt, hier nicht völlig neben der Realität zu liegen. Der Parameter R ist bezogen auf die Seitenlänge des sechseckigen Kristallquerschnitts (die im Rahmen der geometrischen Optik zwanglos auf 1 gesetzt werden kann)

Bild

Ich habe dann Strahlverfolgungen mit gleichverteilten Einfallswinkeln zwischen alpha=0° und alpha=90° (unter Berücksichtigung der projizierten Fläche mit cos(alpha) und der Transmissionsintensität gemäß der Fresnelschen Formeln sowie dem Austritt an der richtigen Seite eines regelmäßigen Sechsecks) für jeweils 10 Millionen Startbedingungen gerechnet, hier nun die Ergebnisse in linearer und logarithmischer Darstellung für 3 Wellenlängen (rot, gün, blau) und eine punktförmige Lichtquelle:

Bild

Bild

Zusätzlich ist noch der Fall einer Vorzugsorientierung ohne Einschluß (Standardabweichung 2° um einen Einfallswinkel von 50°, willkürlich gewählt) zum Vergleich dargestellt. Der Intensitätsverlust mit steigender Einschlußgröße ist deutlich erkennbar. Zu einer merklichen Schärfung der spektralen Reinheit der Nebensonne kommt es aber erst bei relativ großen Einschlüssen (R ca. 0.8 ). Ein Wert von 0.866 (Wurzel(3)/2) markiert dabei die Obergrenze für eine geschlossene Eisumhüllung. Um den visuellen Eindruck wiederzugeben, habe ich nochmals für 18 Spektralkanäle zwischen 390 nm und 730 nm mit je 1 Million Strahlen die Austrittsintensität berechnet und in RGB-Farben umgewandelt (Ergebnis leicht farbangepaßt und Gamma etwas angehoben), sowie mit der Sonnenscheibe (0.5°) gefaltet. Die horizontale Breite des folgenden Bildes umfaßt den Ablenkwinkelbereich von 20° bis 35° in äquidistanter Darstellung:

Bild

Dabei ist jedes Spektrum für sich normiert. Die Nebensonne für Vorzugsausrichtung (oberste Zeile) ist erwartungsgemäß am hellsten, gefolgt von derjenigen mit Zufallsausrichtung ohne Einschluß (unterste Zeile). die geringste Intensität erbringt hier die Nebensonne für R=0.8, aber wie bereits in der Diskussion angeklungen, muß daß nicht viel bedeuten, da das Helligkeitsverhältnis zum Hintergrund über die Sichtbarkeit entscheidet.

Ansonsten hier noch (zur Entspannung...) ein Bild passend zur Weihnachtszeit (um den Horizontalkreis nicht zu vergessen). AUfgenommen habe ich es übrigens zum Halophänomen vom 17.08.1998 (11.47 MEZ). So habe ich mich damals mangels Fischaugenobjektiv (einer Idee von Robert Greenler folgend) beholfen. Ich kann mich noch erinnern, wie ich mitten im Jahr "einfache silberne" Weihnachtsbaumkugeln in Lauscha bestellt hatte...

Bild

Viele Grüße,
Alex

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 8. Dez 2009, 11:33

tolle Arbeit, Respekt!

Jetzt ist nur noch das unbedeutende Problem zu lösen, wieso man generell den HK nicht oder nur schwer sieht. Kannst Du da auch abschätzen, welche "Lichtmengen" unser Auge treffen - und warum das so wenig ist?

Bertram

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Beitrag von Alexander Haußmann » 8. Dez 2009, 20:58

Hallo Bertram,

also wenn man andere Kristallsorten auschließen kann und nur die Nebensonnenplättchen zum Horizontalkreis beitragen, siehts meiner Meinung nach so aus:

1. Durch einen Einschluß ändert sich nichts an der Reflexion an der Außenseite. Dieser Anteil bliebe also gleich.

2. Dann gibts da noch die internen Reflexionen. Da habe ich momentan nicht den Überblick, was alles möglich ist. Eine Möglichkeit, die mir gerade in Sinn kommt, ist die symmetrische Reflexion an der gegenüberliegenden Seite. Dazu müßten die Strahlen nahe der Mitte durch den Kristall und würden vom Einschluß blockiert.

Also wenn ich etwas wagemutig behaupte, daß externe/interne Reflexion etwa gleiche Anteile zum HK liefern und die interne durch das Hindernis komplett wegfiele, blieben noch 50% übrig. Bei einer auf 1/10 heruntergedimmten NS wüde der HK also eigentlich noch auffälliger werden.

Vergessen wir aber nicht, daß die Beobachtungen natürlich nicht bei Sonnenhöhe 0° gemacht worden sind, wo aber die Rechnungen so schön einfach sind. Die schrägen Strahlen können vielleicht noch ganz andere Effekte bringen. Ich erinnere mich an ein sehr umfangreiches Klassifizierungsschema von Walter Tape für alle möglichen Strahlengänge. Das überlasse ich dann doch lieber den Profis.

Gruß, Alex

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Bertram Radelow
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Beitrag von Bertram Radelow » 9. Dez 2009, 11:02

Hallo Alexander,

zur Einschlusshypothese passt auch, dass ich so bunte NS immer nur isoliert gesehen habe - also z.B. kein ZZB. Der könnte ja auch gar nicht entstehen.

Marko Riikonen ist zwar der Ansicht, dass die Kristallgrösse eine Rolle spielt - je grösser desto farbreiner, aber das glaube ich nicht (ausser wir reden über Kristalle im µm-Bereich). Die NS waren kurzlebig und immer gleich bunt, höchstens heller oder dunkler; es war nicht so, dass sie vorher oder nachher in "schmutzige" NS übergegangen sind.

Bertram

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Beitrag von Alexander Haußmann » 10. Dez 2009, 10:42

Hallo Bertram,

ich würde ja die Grenze für merklichen Beugungseinfluß und Farbverwaschung eher so bei 200µm ansetzen. Ich weiß aber im Moment nicht, wo die typischen Größen für Kristalle in einer Wolke o.ä. liegen. Schade, daß bei den Mikroskop-Kristallbildern kein Maßstab dabei zu sein scheint. Aber egal wie groß der Kristall ist, bei einer "Standard-Nebensonne" kann es eben kein reines Blau geben. Was natürlich ein Beobachter über Kontrasteffekte sehen kann oder die Kameras automatisch anpassen, kann im Endeffekt anders ausfallen.

Gruß, Alex.

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