Ein Mitarbeiter des Schweizer Lawinenforschungsinstituts, Herr Jonas, hat mir die folgende Mail zukommen lassen.
enjoy!
Bertram
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Guten Morgen Herr Radelow,
die Halo vom 20.12 betreffend habe ich noch mal ein wenig nachgeforscht. Ich weiss zwar nicht, in wie weit das alles schon diskutiert/bekannt ist, aber vielleicht findet sich dennoch die ein oder andere interessante Info darunter:
Es war deutlich zu sehen, dass die Brechung an Eiskristallen zwischen der Talsohle und den Gipflelagen der umgebenden Berge stattgefunden hat. Insofern hatten wir es also mit Eisnebel zu tun. Es gibt diverse Arten, wie Eisnebel entstehen kann. In Anbetracht einer eher warmen Nacht vom 19. auf den 20. waren aber sicher Kristallisationskerne notwendig (Aerosole, etc.). Sind erst mal winzige Eiskeime in der Luft enstanden, können diese durch Sublimation der Luftfeuchtigkeit Wachsen. Das Wachsen geht bei den üblichen kalten Bedingungen in einigen km Höhe (-40°) normalerweise sehr schnell (Grössenordnung mm / pro einige 10 Sekunden). Die Art der Kristalle die dabei entstehen, hängt von Temperatur und der Wasserdampfsättigung ab, es findet also keine Metarmorphose zwischen den Formen statt. Für so komplette Haloerscheinungen wie sie in Davos zu sehen war benötigt es offenbar säulenförmige, plattenförmige und pyramidenförmige Kristalle sowie Kombintationen dieser Grundtypen. Zwischen Talsohle und Bülenberg liegen ja doch einige hundert Höhenmeter, so dass die diversen Bedingungen die es für die Bildung der verschieden Kristalltypen braucht höhenstratifiziert vorhanden gewesen sein können.
Ich habe die Meteodaten vom Dezember 2005 angeschaut (Station hinter dem SLF) und versucht herauszufinden, was an der Nacht 19./20 speziell gewesen sein könnte. Mit minimalen Temperaturen um -10°C gegen Morgen war es sicher keine speziell kalte Nacht, die Nacht vorher war z.B. >5° kälter. Auch ist sicher keine Temperaturfront in diesen Tagen durchgezogen. Das einzig auffällige ist, dass in jener Nacht ab 22:00 bis um ca. 6:00 ein konstanter Wind von 3-4 m/s bei sinkender Lufttemperatur aus Richtung See/Wolfgang geweht hat. Bei anderen Windevents im Dezember war entweder die Windrichtung anders, oder es war tagsüber, oder es war deutlich wärmer. Ich weiss nicht ob der See zu dem Zeitpunkt noch offen war, aber mindestens die steigende Luft aus dem Prättigau hat natürlich ununterbrochen feuchte, sich abkühlende Luft herangeführt. Und das ist genau, was es zur Eisnebelbildung braucht. Was auch ein Rolle gespielt haben könnte, sind die Zeitskalen: es war sicher sehr viel Zeit für die Prozesse vorhanden. Das mit den Schneekanonen können wir also wohl vergessen (und wegen der fehlenden Kristallformen wohl auch das Experiment mit sich vor so einer Kanone zu positionieren).
Was den Einfallswinkel der Sonne betrifft; Wenn die Sonne über dem Büelenberg aufgeht, kann man auf der Flüelastrasse in langsamen Fussgängertempo dem Einfallswinkel hinterherlaufen. Dass wir nach Sonnenaufgang die Halo wieder besser sehen konnten als wir Richtung Stilli gelaufen sind, hat sicher zuerst mit der Blendung durch die direkte Sonnenstrahlung zu tun, aber der Eisnebel verschwindet bei so "warmen" Temperaturen von - 10°C natürlich auch schnell bei direkter Bestrahlung, durch Sublimation bei Verschiebung der relativen Luftfeuchte mit zunehmender Lufttemperatur. Daher konnte das Phänomen nur von kurzer Dauer sein.
Soweit mein Beitrag zur Diskussion, beste Grüsse,
Tobias Jonas
Wie der Davoser Halo entstand - die Meteorologie dazu.
- Bertram Radelow
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Entstehung
Hallo,
ich bin kein Meteorologe, aber eigene Beobachtungen haben gezeigt, daß die obere Schicht der Wolkendecke auch einen markanten Temperatursprung darstellt. Denn sie hat den gleichen Albedoeffekt wie Schnee und kühlt in klaren Nächten entsprechend aus. Da mit den Wolkentröpfchen Unmengen von Kondensationskernen vorhanden sind, können sich Eiskristalle bilden, die dann nach Aiflösung der Wolkenschicht langsam herabrieseln.
Zumindest die von mir beobachteten Eisnebelhalos sind alle in sich auflösendem Nebel bei Eisnadelfall entstanden.
Pyramidalkristalle dürften bei Dir nicht dabei gewesen sein, zumindest fehlen entsprechende Haloarten. Und die Eisplättchen können durchaus ein Beiwerk der Schneekanone gewesen sein, denn ich weiß noch von meinen Beobachtungen in Oberwiesenthal, daß genau hinter den Schneekanonenwolken immer die hellsten Lichtsäulen und Nebensonnen, bis hin zum glitzernden ZZB zu sehen waren.
Viele Grüße
Claudia
ich bin kein Meteorologe, aber eigene Beobachtungen haben gezeigt, daß die obere Schicht der Wolkendecke auch einen markanten Temperatursprung darstellt. Denn sie hat den gleichen Albedoeffekt wie Schnee und kühlt in klaren Nächten entsprechend aus. Da mit den Wolkentröpfchen Unmengen von Kondensationskernen vorhanden sind, können sich Eiskristalle bilden, die dann nach Aiflösung der Wolkenschicht langsam herabrieseln.
Zumindest die von mir beobachteten Eisnebelhalos sind alle in sich auflösendem Nebel bei Eisnadelfall entstanden.
Pyramidalkristalle dürften bei Dir nicht dabei gewesen sein, zumindest fehlen entsprechende Haloarten. Und die Eisplättchen können durchaus ein Beiwerk der Schneekanone gewesen sein, denn ich weiß noch von meinen Beobachtungen in Oberwiesenthal, daß genau hinter den Schneekanonenwolken immer die hellsten Lichtsäulen und Nebensonnen, bis hin zum glitzernden ZZB zu sehen waren.
Viele Grüße
Claudia
- Bertram Radelow
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hi Claudia,
wir hatten keinen Nebel, keine Wolken, und (im Prinzip) keine Schneekanonen.
An die Schneekanonen hatten wir auch zuerst gedacht, aber wenn dem so wäre, müssten wir Glückskinder sein und jeden Winter 20-30 Tage solche Halos beobachten können (wir würden dann Eintritt nehmen).
Das Display war mit Sicherheit weit weg von den Schneekanonen auf der Luv-Seite zu beobachten, der Wind blies also von den Beobachtungsorten zu den Schneekanonen hin und nicht umgekehrt.
Wir hatten aber in der Tat jede Menge Eisnadeln in der Luft, die glitzerten - eben "diamond dust". Die Eisnadeln lösten sich innert weniger Minuten nach Beginn der Sonneneinstrahlung auf.
Bertram
wir hatten keinen Nebel, keine Wolken, und (im Prinzip) keine Schneekanonen.
An die Schneekanonen hatten wir auch zuerst gedacht, aber wenn dem so wäre, müssten wir Glückskinder sein und jeden Winter 20-30 Tage solche Halos beobachten können (wir würden dann Eintritt nehmen).
Das Display war mit Sicherheit weit weg von den Schneekanonen auf der Luv-Seite zu beobachten, der Wind blies also von den Beobachtungsorten zu den Schneekanonen hin und nicht umgekehrt.
Wir hatten aber in der Tat jede Menge Eisnadeln in der Luft, die glitzerten - eben "diamond dust". Die Eisnadeln lösten sich innert weniger Minuten nach Beginn der Sonneneinstrahlung auf.
Bertram
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