Berechnung des Erdschattens in der Ionosphäre

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Dennis Hennig
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Berechnung des Erdschattens in der Ionosphäre

Beitrag von Dennis Hennig » 16. Jun 2009, 18:03

Hallo!

Sollten diese Zeilen zu sehr neben dem Thema liegen, erkläre ich mich mit Verschiebung nach off-topic einverstanden :) Gleichwohl bin ich mir ziemlich sicher, hier eine qualifizierte Antwort auf meine Frage zu bekommen :)

Würd mir gern einen Überblick über die Besonnung oberer Atmoshären - bzw. genauer - aller Ionosphärenschichten verschaffen. Ort definieren, Höhe definieren, und die Besonnung bzw. der Erdschatten wird grafisch dargestellt. Das wär toll.
Hast Du einen Tipp für mich?
(Hier nur noch ausschliesslich Linux; gern auch irgendwo live im www )

Entzündet hat sich mein Interesse an Folgendem:
Die Leidenschaft als Funkamateur ist mal wieder entflammt und momentan bin ich speziell neugierig auf Lang- und Mittelwellen-Ausbreitung, weil ich diese Frequenzbereiche in früheren Jahren noch nicht genug "beforscht" habe. Nun treibt mich die Frage um: Wo scheint die Sonne über Mitteleuropa, jetzt zu Zeiten der Mitternachtsdämmerung, noch in die D-,E,-F1-,F2-Schicht, über meinem Kopf, auf halbem Wege nach Tschechien, Südschweden, England, am Horizont???

Freu mich auf Eure Ideen!
Gruss
Dennis
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Dirk L
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Beitrag von Dirk L » 16. Jun 2009, 21:40

Dennis,

Ich habe ein IDL Programm das den solar zenith angle (SZA) berechnet, aus geographischer Breite, lokaler Sonnenzeit Zeit, und DOY (day of year). Und dann habe ich ein weiteres IDL Programm was aus SZA und Absorptionshoehe die Schattenhoehe berechnet. Das sind kurze Programme (5-10 Zeilen), die kann ich Dir entweder schicken oder hier einfach reinkopieren.

Wenn Du allerdings wissen willst wo und wieviel Ionisation das EUV noch erzeugt, dann ist das wesentlich aufwendiger. Dafuer wuerde ich auf dem Web gucken, z.B. bei NOAA SWPC: D-region absorption prediction (ist allerdings nicht Sonnenstand sondern Protoneneinfall): http://www.swpc.noaa.gov/dregion/index.html, TEC aus GPS messungen: http://iono.jpl.nasa.gov/latest_rti_global.html. Wir habe vor einigen Jahren mal regelmaessig MUF von SuperDARN Beobachtungen bestimmt, aber weil wir dafuer kein Geld mehr haben gibt es das leider nicht mehr.

--Dirk

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Dennis Hennig
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Beitrag von Dennis Hennig » 16. Jun 2009, 23:56

Hallo Dirk!

Danke für die Antwort!
Dirk L hat geschrieben: ...IDL Programm...
Spannend. Ich erfahre von Dir gerad, dass es dieses IDL gibt und hab mich natürlich gleich mal - gemessen an der nächtlichen Uhrzeit zu ausführlich ;) - dazu belesen. Scheint ja eine ganz eigene Welt mit ganz vielen Tools und Möglichkeiten zu sein.
Muss mal schauen, ob ich mich dort einarbeiten möchte und komme dann evtl. auf Dein Angebot zurück.
Dirk L hat geschrieben: ... wo und wieviel Ionisation das EUV noch erzeugt, ...
Genau darum geht es ja im Endeffekt.
Für mich sind "harte Daten" gar nicht notwendig.
Geht mir mehr darum, völlig unwissenschaftlich ;) ein "Gefühl" für "Ausbreitungswege an der besonnten Kante" und quer dazu zu bekommen. Deshalb die Suche nach grafischen Darstellungen.
Dirk L hat geschrieben: ...D-region absorption prediction (ist allerdings nicht Sonnenstand sondern Protoneneinfall): http://www.swpc.noaa.gov/dregion/index.html,
Super! Danke für diese Antwort auf meine noch nicht gestellte Frage! Da ist ja auch noch die Zusatzdämpfung durch die Protonen. Sofort in die Bookmarks übernommen :) Allerdings, wenn die Sonne ruhig ist wie gerade, bringts zunächst wenig Erkenntniszuwachs ;) Das wird sich bestimmt bald ändern - wir sind ja hier im Polarlichtforum...
Dirk L hat geschrieben: ...TEC aus GPS messungen: http://iono.jpl.nasa.gov/latest_rti_global.html. ...
Auch spannend. Schade, dass es nicht nach Höhe ausdifferenziert ist. Was wird denn da im GPS-Signal gemessen, um diesen TEC-Wert zu bestimmen?


Vielen Dank!
Dennis

Dirk L
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Beitrag von Dirk L » 17. Jun 2009, 01:30

Dennis,

IDL ist kommerzielle Software, aber die Sprache ist leicht zu lesen. Du koenntest da sicherlich einfach die Formeln herausholen und in einer Programmiersprache mit der Du Dich auskennst schreiben. Hier ist z.B. das Programm das den solar zenith angle ausrechnet:

Code: Alles auswählen

function solzenang, glat, doy, TIME
;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;
; Computes the Solar Zenith Angle of a particular pixel at 'glat' 
; (geographic latitude, degrees).  'doy'= 1..365, TIME is local solar 
; time in hours (i.e. is passed in as hours).  (Northern hemisphere)
; should be accurate to better than 0.5 degrees
;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;;


a= tan(!pi/180.*23.5)           ; 23.5 degrees: circle of cancer/capricorn
b= sin(2*!pi*(doy-80.0)/365.0)  ; doy=80: spring equinox
delta= atan(a*b)
chi= sin(delta)*sin(!pi/180.*glat) + $
	cos(delta)*cos(!pi/180.*glat)*cos(!pi*(TIME-12.0)/12.0)

return, acos(chi)/!pi*180.

end
Und hier ist die Schattenhoehe (nur fuer Sonne ueber dem Horizont):

Code: Alles auswählen

function shadow_height, chi, zmin, inverse=inverse

;calculate the geometric shadow height (km) for a given 
;solar zenith angle (sza) in degrees, and an absorption 
;altitude of zmin (km)
;if keyword inverse is set, return the sza for a given shadow height

   re = 6371.
   if n_elements(zmin) le 0 then zmin = 0.
   sza = chi

   if keyword_set(inverse) then begin
      ii = where(sza le 0, i0)
      ss = 180-asin((re+zmin)/(sza+re))/!dtor 
      if i0 gt 0 then ss[ii] = 90
   endif else begin
      ii = where(sza ge 180, i0)
      if i0 gt 0 then sza[ii] = 179.99999
      ii = where(sza le 90, i0)
      ss = (re+zmin)/sin(sza*!dtor)-re
      if i0 gt 0 then ss[ii] = zmin
   endelse
   return, ss
end
TEC steht fuer "total electron content" und ist daher natuerlich keine Funktion der Hoehe. Das wird aus dem GPS Signal herausgeholt indem das GPS signal in zwei verschiedenen Frequenzen verglichen wird. Beim Durchgang durch ionisiertes Plasma breiten sich Radiowellen etwas langsamer als mit Lichtgeschwindigkeit aus. Das macht dann Fehler in der Zeit (und daher Orts-) Bestimmung. Mit zwei Frequenzen laesst sich der Fehler herausfinden, und als Abfallprodukt faellt dann TEC an.

--Dirk

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Dennis Hennig
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"Radio-Nacht" auf Langwelle

Beitrag von Dennis Hennig » 22. Jun 2009, 16:19

Hallo Dirk und Mitleser!

Danke für die Infos und Formeln!
Ich entdeckte soeben die Webseite vom Funkamateur Peter Wilhelm Schnoor, DF3LP, in Kiel, welcher sich mit kontinuierlichen Langwellenbeobachtungen beschäftigt, um ionospärische Störungen z.B. durch solare Flares und intergalaktische Gammastrahlenausbrüche in Echtzeit zu detektieren.
http://www.df3lp.de/

Kiel und Berlin liegen ja nun nicht soweit auseinander.
Als "Nebenprodukt" gibt es aus den echten Messungen sehr schöne Jahresgrafiken, welche die Länge des "Radio-Tages" bzw. der "Radio-Nacht" (mit besserer Fernausbreitung wegen entfallender D-Schicht-Absorption) auf 54,2 Grad Nord fantastisch illustrieren:
http://www.df3lp.de/chart_all.png

Zur Frage, wo gerade die Sonne scheint, und unter welchem Winkel sich die Dämmerungszone über Europa und angrenzende Gebiete zieht, fand ich auch noch Folgendes:
http://dx.qsl.net/propagation/greyline.html


Vielen Dank
und uns allen hoffentlich bald ein schönens Polarlicht!
Dennis
aus Berlin

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