Beobachtungsort: Schlägl, Österreich - 48.63 N, 13.96 E
Liebe LeserInnen,
den wunderbaren Bildern und interessanten Berichten zum großen Polarlichtereignis möchte auch ich noch meine Eindrücke des Abends hinzufügen. Die Wetterprognose für den Abend und die Nacht war nicht sehr vielversprechend. Wider Erwarten klarte es bei Einbruch der Dämmerung doch auf, erst um etwa 23 Uhr zog der Himmel beinahe komplett zu, sodass nur mehr in einigen Wolkenlücken das Nordlicht schwach nachweisbar war.
Ich war erfreut, dass das früheste erwartete Eintreffen der Schockfront nicht erst um Mitternacht (Angabe bei spaceweather.com) erfolgte, sondern bereits mehrere Stunden vorher zu einer angenehmen Zeit.

Diesmal wählte ich für meine Beobachtung einen neuen Standort hoch überm Tal der Großen Mühl mit ungehindertem Blick über den Böhmerwaldkamm und abseits der störenden Ortsbeleuchtungen aus. Der erste fotografische Nachweis gelang um 21:36 MESZ. Die Aurora zeigte sich als wenig strukturierte rötliche, an der Basis grünliche Fläche.
21:41 MESZ, f = 24 mm, Bl. 5, Bel. 3,2 sec, ISO 3200
Innerhalb weniger Minuten dehnte sich das rote Polarlicht aber deutlich strahlenförmig in der Höhe aus, die grünen, zunächst homogenen Anteile, lösten sich fleckenartig auf und begannen stark zu pulsieren. Letztere leuchteten auch nicht immer an der selben Stelle auf. Eingebettet waren sie in eine mit wenigen Strahlen durchsetzte rote diffuse Fläche in Horzontnähe.
21:47 MESZ, f = 24 mm, Bl. 5, Bel. 10 sec, ISO 3200
Kräftige und breite rote Strahlen fanden sich im Nordwesten bis Nordosten und reichten bis in den Zenit zum Großen Wagen überm Beobachter. Bemerkenswert war, dass die Strahlen recht beständig waren und sich nur langsam in ihrer Helligkeit und Lage verändert haben. Eine typisch ausgeprägte Korona konnte trotz der Zenithöhe nicht beobachtet werden.
22:07 MESZ, f = 14 mm, Bl. 3,2, Bel. 10 sec, ISO 3200
Bemerkenswert bei diesem Nordlicht war die Ausprägung von zwei Zonen mit roter Aurora – eine direkt überm Böhmerwaldkamm mit den grünen Flecken, die andere in großer Höhe bis zum Zenit mit den kräftigen Strahlen.
Die Aufnahme (oben) wurde mit dem Bearbeitungswerkzeug "Gradatationskurve" aufgehellt, die Strahlen treten deutlicher hervor.
Die Trennung beider Bereiche zeigte sich durch einen Abschnitt mit deutlich schwächerer Rotfärbung!
Waren zwei ost-west verlaufende Polarlicht“vorhänge“ ausgebildet? Diese Vermutung legen auch die Bilder von Matthias Kirsch (Blick nach Südosten und Süden, siehe Post oben) nahe. Diese Strahlen entsprechen den hoch reichenden Strukturen in meinen Bildern.
22:13 MESZ, f = 14 mm, Bl. 3,2, Bel. 10 sec, ISO 3200
22:15 MESZ, f = 14 mm, Bl. 3,2, Bel. 10 sec, ISO 3200 (Bild wurde mit "Gradatationskurve" aufgehellt)
Die Strahlen reichen bis in den Zenit zum Großen Wagen! Beeindruckend ist die Farbkombination aus unterschiedlichen Rottönen und grüner Aurora, gelb-oranger Beleuchtung der Wolken durch die extreme Lichtverschmutzung aus dem Mühltal, aus den verschiedenen Grautönen der Wolken und dem dunklen mit Sternen übersäten Himmel.
22:32 MESZ, f = 14 mm, Bl. 3,2, Bel. 10 sec, ISO 3200 (Bild wurde mit "Gradatationskurve" aufgehellt)
Und wie sah es mit der visuellen Helligkeit der Aurora aus? Langzeitbelichtungen zeigen meist nicht die tatsächlich wahrgenommene Intensität. Die Aufnahmen sehen zwar spektakulär aus, aber für einen Beobachter, der nur Auroren aus den Zeitungen und Internet kennt, wäre dieser Abend eher eine Enttäuschung gewesen. Auffallend waren die stark pulsierenden weißlichen Flecken, die rote Aurora war eigentlich nicht beobachtbar.
Ich muss dazu aber auch bemerken, dass die Dunkeladaptation meiner Augen durch den Blick auf Handy- und Kameradisplay nicht optimal war. Die Lehre daraus: Beim nächsten Polarlichtereignis werde ich das Kameradisplay nicht mehr benutzen, sondern nur mehr durch den Kamerasucher blicken, und das Handy bleibt in der Tasche!
Wünsche euch einen erholsamen Abend!
Beste Grüße aus Schlägl von Karl