DSLR als Teilchendetektor

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Moderator: StefanK

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Michael Theusner
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DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Michael Theusner » 21. Okt 2015, 19:05

Hallo,

bei den Bildern, die meine Spektrografenkamera (Canon 40D) fast jede Nacht aufnimmt, ist mir schnell aufgefallen, dass die Kamera offenbar auch Teilchen der kosmische Strahlung aufnimmt und somit als Teilchendetektor fungiert :)
Wie ich inzwischen gelesen habe sind die Spuren, die unten zu sehen sind, wohl vor allem die Einschläge von Myonen. Das ist eine Art schwere Variante des Elektron und entsteht, wenn kosmische Strahlung auf die Moleküle der oberen Atmosphäre trifft. Die haben eine Lebensdauer von nur wenigen Mikrosekunden und würden nichtrelativistisch eigentlich nur etwa 400 m weit kommen, also unten am Boden gar nicht ankommen dürfen. Da die sich aber mit nahezu Lichtgeschwindigkeit bewegen, vergeht für diese Myonen die Zeit viel langsamer als für uns und kommen so mit Leichtigkeit auch 100 km weit runter...
Wenn sie dann im richtigen Winkel im Chip der Kamera einschlagen gibt es eine ordentliche Leuchtspur. Da der Sensor aber sehr dünn ist, ist eine lange Leuchtspur natürlich viel seltener als ein direkter Durchschuss, der nur einen leuchtenden Punkt ergibt. Da ich aber inzwischen viele Aufnahmen habe, sind da auch einige wirklich spektakuläre Spuren dabei, wie ich finde. Die besten/interessantesten habe ich unten zusammengestellt.
Das sind 100% Ausschnitte aus den Spektrenbildern. Da das Spektrum aber nur einen kleinen Teil des Bildfelds einnimmt, ist außen viel Platz für Teilchenspuren. Die Bilder werden immer 3 Minuten bei ISO 3200 belichtet .

Bild

Bild

Weiß jemand wie diese verschiedenen Farben zustande kommen? Im Netz konnte ich dazu nichts finden.

Viele Grüße,
Michael

ps.: Was auch gut geht, ist, eine Kamera in verschlossenenem Plastikbeutel ins Gefrierfach zu legen und lang belichtete Serienaufnahmen machen zu lassen. Da hat man dann wenig thermisches Rauschen und sieht gut die Myoneneinschläge in den fast schwarzen Bildern. Beim Herausnehmen die Kamera im Beutel lassen bis sie sich wieder an die Zimmertemperatur angepasst hat. Sonst kann es eventuell zu Schäden durch Taubildung kommen.

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Sibylle Lage
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Sibylle Lage » 21. Okt 2015, 19:30

[quote="Michael Theusner"

Weiß jemand wie diese verschiedenen Farben zustande kommen? Im Netz konnte ich dazu nichts finden.

[/quote]

Genau weiß ich es nicht, ich kann es mir nur so ungefähr vorstellen:

Belichtungszeit 3 Minuten bei 3200 ISO...da entsteht ein Sensorrauschen, eventuell auch ein Farbrauschen.
Da nun bis auf die "Leuchtspur" alles schwarz ist, sieht man es eben nur auf dieser Spur.

Auch könnte ich mir vorstellen (bin aber leider in der Quanten/Teiclchenphysik nicht so bewandert) daß der Sensor beim Auftreffen der Myonen angeregt wird und dadurch die Farben entstehen.
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Laura Kranich
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Laura Kranich » 21. Okt 2015, 22:00

Total interessant, Michael!
Mir ist bekannt, dass die Astronauten z.B. auf der ISS solche Dinge beobachten bzw. generell außerhalb der schützenden Atmosphäre Kamerachips durch Treffer hochenergetischer Teilchen (bis hin zu recht schweren relativistischen Atomen aus weit entfernten Supernovae) solche Leuchtspuren zeigen können und dass Astronauten diese Ereignisse sogar im eigenen Auge erfahren.
Allerdings ist mir selber auf meinen mittlerweile mehreren hunderttausend Aufnahmen noch nie etwas derartiges aufgefallen. Bei guter Bildausleuchtung sicher kein Wunder, aber selbst auf nächtlichen Langzeitbelichtungen mit weniger guter Ausleuchtung nicht.

Wenn du den Tipp mit der Gefriertruhe gibst.. Hast du das selbst schon einmal gemacht? Im Prinzip braucht man da ja auch kein Objektiv drauf haben.
Wie häufig sind solche Einschläge sichtbar?

Was Sibylle vorschlägt finde ich nicht ganz unplausibel, allerdings sind manche Spuren ja deutlich einfarbig oder auch mehrfach sehr ähnlich. So gut kenne ich mich mit Quantenphysik aber auch nicht gut aus, dass ich wüsste, was es bedeutet. Ich könnte mir aber auch vorstellen dass es auch von der Energie und/oder Masse bzw. der Art der Teilchen abhängt, welche Strahlung sie beim Auftreffen auf den Sensor erzeugen.
Edit: Ich könnte mir auch vorstellen, dass es damit zusammenhängt dass der Sensor aus monochromen Subpixeln besteht und die Bahn des Teilchens durch die Subpixel die Farbspur erzeugt. Vielleicht eine Kombination dessen mit zufälligem Rauschen?
Viele Grüße aus Berlin,
Laura

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Markus Retzlaff
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Markus Retzlaff » 22. Okt 2015, 06:33

Hallo Michael,

wirklich tolle Aufnahmen! Mir sind derartige Effekte bisher auch noch nie aufgefallen, obwohl ich schon viele Langzeitbelichtungen vom Flugzeug aus gemacht habe. Hier müsste die Energie der Hintergrundstrahlung noch deutlich höher sein; oder eben auch zu hoch, dass die Teilchen nicht mit dem Chip reagieren.
Die verschiedenen Farben kann ich mir nur so erklären, dass die Teilchen aus der Hintergrundstrahlung auf der Sensorfläche, und dem darunterliegenden Halbleitermaterial stark abgebremst werden, und deswegen ihre Energie in verschiedenen Wellenlängen abgeben. Wenn dabei Sekundärteilchen entstehen, die deutlich leichter sind, können sie auch wieder eine höhere Energie, und deswegen Licht in gleichen Farben emittieren.

Das Einzige, was mich wundert ist, dass einige Bahnen stark gekrümmt sind. Das setzt zwangsweise ein starkes Magnetfeld, oder ein elektrisches Feld voraus. Die Streufelder der Haltemagnete oder Motoren in Blende und Spiegel werden dafür viel zu schwach sein.

Wenn mir eine ausgediente Kamera in die Hände fällt, stelle ich sie, bei Gelegenheit, mal in unseren Beschleunigertunnel. In der Hoffnung, das die Elektronik nicht durch die Strahlenbelastung beschädigt wird:-)

Viele Grüße
- Markus -

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Michael Theusner
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Michael Theusner » 22. Okt 2015, 06:51

Hallo!
Chris Kranich hat geschrieben:Total interessant, Michael!
Allerdings ist mir selber auf meinen mittlerweile mehreren hunderttausend Aufnahmen noch nie etwas derartiges aufgefallen. Bei guter Bildausleuchtung sicher kein Wunder, aber selbst auf nächtlichen Langzeitbelichtungen mit weniger guter Ausleuchtung nicht.
Mir ist das auch vorher nie aufgefallen. Vielleicht muss man hier eher in Belichtungzeit denken und nicht in Aufnahmeanzahl. Zurzeit sind das pro Nacht allein 10 Stunden Aufnahmezeit. Und unter den vielen Wochen Belichtungszeit waren nur diese paar ganz langen Spuren dabei. Die sind also offenbar schon sehr selten. Und ich habe alle gezeigt, die ich habe. Einzelne Punkte gibt es dagegen eigentlich in jeder Aufnahme (oder sogar mehrere), aber die fallen natürlich aufgrund des thermischen Rauschens normalerweise nicht auf.
Was Sibylle vorschlägt finde ich nicht ganz unplausibel, allerdings sind manche Spuren ja deutlich einfarbig oder auch mehrfach sehr ähnlich. So gut kenne ich mich mit Quantenphysik aber auch nicht gut aus, dass ich wüsste, was es bedeutet. Ich könnte mir aber auch vorstellen dass es auch von der Energie und/oder Masse bzw. der Art der Teilchen abhängt, welche Strahlung sie beim Auftreffen auf den Sensor erzeugen.
Edit: Ich könnte mir auch vorstellen, dass es damit zusammenhängt dass der Sensor aus monochromen Subpixeln besteht und die Bahn des Teilchens durch die Subpixel die Farbspur erzeugt. Vielleicht eine Kombination dessen mit zufälligem Rauschen?
Letzteres, dass die Farbe etwas mit der Bayer-Matrix auf dem Chip zu tun haben könnte ist sehr plausibel, danke! Mir ist jetzt aufgefallen, dass die Spuren, die fast genau im 45°-Winkel durch den Chip gegangen sind, meist grün sind. Das wäre ja gut mit dem Schachbrettmuster der Bayermatrix zu erklären. Bei leichter Abweichung von 45° ist sind Teile der Spur dann rot/violett und grün. Auch das ist zu erkennen. Bei größerer Abweichung von 45° ist die Spur dann eher weiß, da abwechselnd rot/grün/blaue Pixel getroffen werden.
Hinzu kommt dann wohl auch noch ein Rauscheffekt in dem Sinne, dass beim Treffer in ein Hotpixel oder hotpixelanfälliges Pixel ein stärkeres Aufleuchten auftritt? Was meint ihr?
Wenn du den Tipp mit der Gefriertruhe gibst.. Hast du das selbst schon einmal gemacht? Im Prinzip braucht man da ja auch kein Objektiv drauf haben.
Wie häufig sind solche Einschläge sichtbar?
Ja, das habe ich schon gemacht. Für meine Kamera habe ich eine externe Stromversorgung, so dass ich die Kamera auch wirklich beliebig lange im Gefreirfach lassen konnte. Bei der 6D gab es dann so gut wie kein thermisches Rauschen mehr und es waren in eigentlich jeder Aufnahme einer oder mehrere sporadische weiße Punkte und/oder kurze Spuren sichtbar. Auch hier hatte ich eine Belichtungszeit von 3 Minuten benutzt, mehr wäre sicher auch kein Problem gewesen. ISO 3200 scheint auch ganz gut zu sein. Bei mehr werden die Spuren dann eher "überbelichtet" und rein weiß. Über einen programmierbaren Auslöser habe ich die Kamera gesteuert und die Kabel aus der Tür hängen lassen.
Ganz wichtig ist auch die Plastiktüte, damit es nicht zu Feuchteschäden in der Kamera kommt wenn man sie wieder herausnimmt. Und dann Geduld bis sie wieder Zimmertemperatur hat.

Zur Auswertung: Die 40D steht ja im Zimmer und ist relativ warm. Deswegen mittele ich zuerst alle Aufnahmen der Nacht/Nächte und benutze dieses Mittelbild als Dunkelbild, um die ganzen Hotpixel im Bild zu entfernen. Dafür habe ich ein Programm geschrieben, dass das alles automatisch macht. Weiter geht es dann so, dass von einer Einzelaufnahme das Dunkelbild abgezogen wird, eben um die zahlreichen Hotpixel zu entfernen. Das Programm guckt dann wo es außerhalb des Spektrums größere Abweichungen der Helligkeit vom Hintergrundsignal gibt. Diese Stellen werden automatisch aus dem Bild ausgeschnitten (400x400px) und abgespeichert. Als Nebenbedingung habe ich noch, dass die mindestgröße eines solchen hellen Gebiets mindestens 28 Pixel sein muss (Kreis mit 3 Pixel Radius), da ich eher an den außergewöhnlichen Spuren interessiert bin und nicht an den ganzen einzelnen Punkten, von denen es sehr viele gibt.
Vorher musste ich die Bilder immer manuell durchgucken, was bei der Menge nervig war...

Viele Grüße
Michael

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Michael Theusner
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Michael Theusner » 22. Okt 2015, 07:06

Markus Retzlaff hat geschrieben:Hallo Michael,

wirklich tolle Aufnahmen! Mir sind derartige Effekte bisher auch noch nie aufgefallen, obwohl ich schon viele Langzeitbelichtungen vom Flugzeug aus gemacht habe. Hier müsste die Energie der Hintergrundstrahlung noch deutlich höher sein; oder eben auch zu hoch, dass die Teilchen nicht mit dem Chip reagieren.
Die verschiedenen Farben kann ich mir nur so erklären, dass die Teilchen aus der Hintergrundstrahlung auf der Sensorfläche, und dem darunterliegenden Halbleitermaterial stark abgebremst werden, und deswegen ihre Energie in verschiedenen Wellenlängen abgeben. Wenn dabei Sekundärteilchen entstehen, die deutlich leichter sind, können sie auch wieder eine höhere Energie, und deswegen Licht in gleichen Farben emittieren.
Hallo Markus,

Kann man das mit vierschiedenen Wellenlängen nicht ausschließen? Die Farbe in den Bildern der DSLRs kommt ja ausschließlich durch die Bayermatrix, die vor dem Chip sitzt. Und soweit ich gelesen habe, kommt das Signal durch direkte Einschläge (vor allem Myonen) im Sensor zustande. Insofern finde ich Chris' Erklärung da einleuchtend. Eine Leuchtspur in einem der Filter vor der Bayermatrix wäre aber nicht auszuschließen. Die Frage ist, ob die dann noch scharf abgebildet würden?
Das Einzige, was mich wundert ist, dass einige Bahnen stark gekrümmt sind. Das setzt zwangsweise ein starkes Magnetfeld, oder ein elektrisches Feld voraus. Die Streufelder der Haltemagnete oder Motoren in Blende und Spiegel werden dafür viel zu schwach sein.
Zu den gebogenen Spuren: Vielleicht wird das auch durch zwei/mehrerer dicht nebeneinander liegende, unabhängige Spuren vorgetäuscht? Oder eben tatsächlich ein Teilchenzerfall/sekundäre Spur? Große Magnete habe ich jedenfalls nicht im Zimmer :D
Wenn mir eine ausgediente Kamera in die Hände fällt, stelle ich sie, bei Gelegenheit, mal in unseren Beschleunigertunnel. In der Hoffnung, das die Elektronik nicht durch die Strahlenbelastung beschädigt wird:-)
Das wäre ja super! Da hätte ich aber auch Bedenken, dass die heile bleibt :)

Markus Retzlaff
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Markus Retzlaff » 22. Okt 2015, 09:45

Hallo Michael,

hast Du den IR-Sperrfilter vor dem Chip entfernt? Ansonsten würde ich eher die Vermutung in den Raum stellen, dass die Leuchtspuren gar nicht in der Bayermatrix entstehen, sondern im Filter. Das wäre das selbe Prinzip, wie die Szintillatoren an unseren Teilchendetektoren (Acrylglas als "Teilchenfänger" und ein Photomultiplier zur Wandlung in ein elektrisches Signal). Das Abbremsen der Teilchen, würde zumindest wieder die verschiedenen Farben erklären. Und 100%ig scharf sind die farbigen Flecken auch nicht; sie scheinen auch die Nachbarpixel mit zu beleuchten, und zwar in der selben Farbe. In der Matrix müssten sich die Farben ja abwechseln.
Und wenn die Spur in der Bayermatrix entstehen würden, müssten die Teilchen unter einem sehr flachen Winkel in den Chip eindringen, ansonsten wären sie nicht so lang.

Leider erklärt das immer noch nicht die gebogenen Bahnen. Bei einem weiteren Zerfall würden sich die Teilchen in geraden Linien voneinander entfernen. Am besten sieht man das in deinem zweiten Foto, zweite Zeile, mittleres Bild.

Ich grüble mal noch ein Wenig :?: :?:
Viele Grüße

- Markus -

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Michael Theusner
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Michael Theusner » 23. Okt 2015, 05:56

Hallo,

ich habe gestern noch etwas im Netz rumgesucht und zumindest eine Veröffentlichung zum Thema DSLR und kosmische Strahlung gefunden (aus dem Astronomy Education Review):
http://portico.org/stable?au=pgg3ztfdpht
Die geht auch nicht in die Tiefe und ist für in der Bildung Tätige gedacht. Aber es ist anscheinend schon so, dass das Signal durch Einschlag der Myonen direkt im Sensor entsteht und der CMOS-Chip selbst offenbar ein guter Myonendetektor ist und nicht erst Licht von Außen auffängt.

Aber ansonsten gibt es dazu leider kaum etwas zu finden.

Viele Grüße,
Michael

MathiasFleischer
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von MathiasFleischer » 23. Okt 2015, 17:16

Hiho,

irgendwie erinnert mich das an die Geigerzaehler-apps fuers Handy :)

z.Bsp. https://play.google.com/store/apps/deta ... vity&hl=de

Weiteres:
http://www.pro-physik.de/details/phiuzn ... ehler.html


Michael hast du was strahlendes Zuhause, zum testen?

MfG
Mathias

Erik Große
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Erik Große » 25. Okt 2015, 07:08

Das Thema hat mich vor in paar Jahren schon mal interessiert. Damals hatte ich mehrere Artikel dazu gefunden.
Der beste ist wohl
(UNWANTED) RADIATION EVENTS IN ASTRONOMICAL CCD IMAGES
Don Groom (Presented for Al Smith et al.), 2002 Jan 23
http://snap.lbl.gov/ccdweb/ccdrad_talk_spie02.pdf

Als Haupt-Ursache der geraden Spuren nennt er Myonen, die durch die kosmische
Höhenstrahlung erzeugt werden. Deren Anteil hängt von der Meereshöhe ab und
wie gut der Chip z.B. mit Blei abgeschirmt ist.

Groom nennt die gekrümmten Bahnen "worms". Als Ursache gibt er mehrfach
gestreute niederenergetische Compton-Elektronen an. Auslöser sei
die Gammastrahlung aus der Umgebungsstrahlung (Uran-Thorium Reihe, Kalium 40 in Gläsern !)

Manche Stahlen schädigen leider auch unsere Detektoren dauerhaft:
Influence of Terrestrial Cosmic Rays on the Reliability of CCD Image Sensors
Albert J.P. Theuwissen
http://www.harvestimaging.com/pubdocs/0 ... c_rays.pdf

Ich habe solche Spuren auch bei meiner Meteorkamera ohne Bayer-Matrix. Dass da wirklich Licht in
den über dem Chip gelegenen Schichten erzeugt wird, halte ich eher für unwahrscheinlich.
Ich denke, die Farben werden einfach aus der Position des getroffenen Pixels
von der Auswertesoftware erzeugt.

Das Handy als Strahlungsdetektor funktioniert tatsächlich mit manchen Modellen.
Mein bisher benutztes, altes HTC Desire war leider nicht geeignet - warum auch immer.

Viele Grüße, Erik

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Georg Keller
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Re: DSLR als Teilchendetektor

Beitrag von Georg Keller » 14. Nov 2015, 20:50

Hallo Michael,

im Buch "Digitale Astrofotografie" von Axel Martin und Bernd Koch aus dem Oculum-Verlag steht ab Seite 268 einiges über Bildstörungen.
Hier taucht der Begriff ´Cosmics´ auf, eine Zusammenfassung von stern- bzw. strichspurartigen Artefakten in den Aufnahmen.
Die Artefakte werden durch ionisierende Strahlung hervorgerufen. Der Begriff ´Cosmics´ sei aber irreführend, weil die Artefakte "mit wesentlich höherer Wahrscheinlichkeit von irdischen Strahlungsquellen erzeugt würden". Baustoffe enthielten natürlich vorkommende radioaktive Stoffe, z.B. Isotope von Kalium-40, Radium-226 oder Thorium-232, die ebenso wie Radon, Gammastrahlen aussenden.
Artefakte durch kosmische Strahlung hingegen seien sehr klein und kaum von Sternen zu unterscheiden, sie gehen sozusagen im Rauschen unter.
Auf den Abbildungen sind übrigens auch stark gebogene z.B. C-förmige Artefakte zu sehen.

Das nur der Vollständigkeit halber, weil ich heute zufällig über diese Seite gestolpert bin (ohne Deine tollen Aufnahmen hätte ich es bestimmt überlesen).

Viele Grüße

Georg

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