Beitrag
von Christoph Gerber » 1. Jul 2015, 22:13
... und am 1. Juli
Weiterhin Hochdrucklage mit wolkenlosem Himmel. Der Jupiter lockt jetzt, Venus auch einmal am Vormittag aufzusuchen. Hier mein Protokollauszug von heute. Da ich mit Gartenarbeiten beschäftigt war, hatte ich immer Gelegenheit, in den Pausen Streifzüge am Himmel durchzuführen!
Gegen 10:30 MESZ hatte Venus eine Höhe von 10° überschritten. Ich konnte sie mit dem Fernglas (10x40) schnell auffinden; aufgrund der Himmelshelligkeit war die Sichel viel besser zu erkennen als gestern Nachmittag hoch am Himmel, als sie bereits überstrahlt war. Eine Sichtung mit bloßem Auge war ebenso nicht möglich wie das Auffinden des Jupiter im Fernglas. Zu dieser Zeit fand die ekliptikale Konjunktion statt, d.h. größte Annäherung beider Planeten. Der Himmel unterhalb der Sonne in horizontnähe war zu hell für weitere Beobachtungen.
11:05 Venus hatte nun eine Höhe von ca. 17° erreicht. Sie war leicht mit dem Fernglas wiederzufinden, aber auch mit bloßem Auge hatte ich sie nun sicher erfasst – zwar sehr schwach, aber dennoch sicher und auch für längere Augenblicke konstant. Von Jupiter im Fernglas immer noch keine Spur.
12:45 Überraschenderweise schmücken nun Cirren den bisher wolkenlosen Himmel - und die erleichterten das Auffinden der Venus! Mit den Fernglas schnell gehabt (Höhe 32°, halb so hoch wie die Sonne [61°], Ekliptik-Aufgang genau im Osten!), und dann kein Problem, sie mit bloßem Auge zu sehen. Inzwischen ist Jupiter auch mit dem Glas zu sehen – als ganz blasses Scheibchen zwischen den Cirren.
16:05 jetzt gab es kleine, sich auflösende Altocumuli(?). Sie halfen zusätzlich, denn nun konnte ich einen einigermaßen zuverlässigen Abstand zwischen Venus und Jupiter "messen" - und siehe da, der Abstand schien doch größer, als ich angenommen hatte. Durch mehrfache Kontrolle mit dem Fernglas habe ich an vorbeiziehenden Wolkenfetzen den richtigen Abstand "eichen" können. Und dann erschien Jupiter tatsächlich – allerdings immer nur ganz am Rande der Sichtbarkeit. Als sichere Sichtung kann ich es nicht bezeichnen, aber Jupiter schien "da" zu sein. Ebenso um 16:30. Um 17:05 Jupiter einmal für einen Augenblick vielleicht sicher erhascht? Ich hatte den Eindruck, dass ich heute haarscharf an der Sichtbarkeitsgrenze entlangschrammte!
17:30 - jetzt war es tatsächlich so weit: Jupiter mit bloßem Auge gesichtet! (Höhe Jupiter: 52°. Höhe Sonne: 36°) Und zwar wiederholt, wenn auch sehr schwach an der Sichtbarkeitsgrenze. Auf einmal stellte sich das Problem des Abstandes nicht mehr: jedesmal, wenn ich Jupiter erfasste, war er an derselben Stelle in Bezug auf Venus. Sonderbarerweise waren die Wolken ausschlaggebend für den Erfolg. Die kleinen Wolkenfetzen, die zeitweise vor dem Planetenpaar hinwegzogen, halfen mir, den Abstand zu eichen – sonst hätte sich vermutlich alles wieder so abgespielt wie gestern... Im Fernglas konnte ich Jupiter an bestimmten Wolkenstrukturen orten oder mit deren Hilfe den Abstand bestimmen, und diesen dann mit dem bloßem Auge umsetzen. Und das hat schließlich geklappt!
Danach war es wieder schwieriger, den Jupiter zu finden, da der Himmel in der Gegend von Venus schon deutlich heller als im meridian- und zenitnahen Bereich war.
Um 20:25 war die Situation wieder besser: Jupiter offenbar wiederholt gesichtet, aber hart an der Sichtbarkeitsgerenze (Jupiter diagonal rechts oberhalb der Venus, ca. 45°).
21:15 Jupiter auf Anhieb gefunden; zwar sehr schwach, aber eindeutig, wenn auch nicht konstant.
21:45 war Sonnenuntergang für Andernach (nach heavens-above); 21:47 Jupiter sicher, deutlich und konstant zu sehen.
21:59 erstmals Regulus im Fernglas, um 22:02 bereits mit bloßem Auge erfasst!
Die geringe Luftfeuchtigkeit heute dürfte auch einen Anteil an der guten Sichtbarkeit gehabt haben. Auffällig: heute gab es gar keine Kondenstreifen zu sehen, sie waren nicht mal im Ansatz vorhanden.
@Thomas: ich nehme immer stellarium zur Hilfe und schaue 1. nach Entfernung Sonne-Venus und 2. die Differenz in Höhe (und ggfs in Azimut) zwischen beiden. Dann versuche ich, die so ermittelte Gegend so zu plazieren, das ich ein Hausdach, Kabel, Baum oder etwas anderes nutze, um dann dort mit dem Fernglas auf die Suche zu gehen. Idealerweise ist dabei die Sonne nicht direkt sichbar (also verdeckt hinter Haus, Baum etc). Wenn ich dann fündig geworden bin, versuche ich anhand der Anhaltspunkte, die mir das Objekt liefert (bestimmte Äste z.B.), den Ort mit bloßem Auge zu finden. So habe ich im Mai übrigens auch Jupiter aufgefunden. Die größte Schwierigtkeit besteht hier, aufgrund der Parallaxe vom (sehr) nahen Wegweiser auf den "unendlich" entfernten Planeten umzustellen.
Venus ist meistens so hell, dass ich sie rasch wiederfinden kann. Allerdings habe ich heute auch meine alte Vermutung bestätigt gefunden, dass es auch ein Fokussierungsproblem gibt: Wolken oder Flugzeuge sind sehr hilfreich, den Blick auf "unendlich" zu stellen. Heute beim wolkenlosen Himmel hatte ich Venus einmal in einem gut definierten Bereich nicht wiedergefunden, obwohl ich wusste, dass sie dort stehen musste. Als ich sie dann hatte, war es mir unerklärlich, wieso ich sie an genau der vermuteten Stelle vorher nicht gesehen habe! Ich vermute, dass es an der fehlenden Fokussierung lag: Ich hatte sie einfach "übersehen". Mond, Wolken oder Flugzeuge sind immer willkommen zum Eichen!
Nebenbei: schönes Bild, Thomas: so habe ich Venussichel und Jupiterscheibe mit 10x40 gesehen!
Viel Erfolg beim nächsten Versuch!
Christoph
Konjunktion von Venus und Jupiter by Astrid Beyer, auf Flickr
Jupiter und Venus 30.06.2015 by Astrid Beyer, auf Flickr
