PANSTARRS in "Kantenstellung"

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Christoph Gerber
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PANSTARRS in "Kantenstellung"

Beitrag von Christoph Gerber » 30. Mai 2013, 19:25

Wie erwartet, war bei der Passage der Erde durch die Komtenbahnebene am 27.5. ein sog. Gegenschweif (anti-tail) zu sehen - aber dass er so spektakulär ausfallen würde, war nicht zu erwarten:
Bild von Pete Lawrence: http://spaceweather.com/gallery/full_im ... 662854.jpg
Der Gegenschweif ist zumindest fotografisch auf einer Länge von 7° erfasst! Der Perspektivwechsel durch allmähliche Annäherung an die Kometenbahnebene ist auf der folgenden Sequenz von Rolando Ligustri eindrucksvoll dokumentiert:
http://spaceweather.com/gallery/full_im ... 562067.jpg

Die Nacht vom 27./28. Mai war wieder einmal klar. Bis zum Mondaufgang gegen 23:45 MESZ tat sich nach dem Ende der Dämmerung ein kurzes Zeitfenster auf, in dem ich nach dem Komenten schauen konnte. Leider war der Himmel bis dahin teilweise mit sehr dünnen Cirren bedeckt. Erst gegen Ende der Beobachtung (ca. 23:00–23:20) habe ich den Kometen überhaupt erkennen können (Instrument: 12x60 Binokular) - als einen kleinen, diffusen Flecken, der sich kaum von dem Himmelshintergrund abhob. Da ich aber um den Gegenschweif wußte, hielt ich auch nach ihm Ausschau - und war überrascht, dass ich ihn doch erkennen konnte. Er war so schwach, dass er nur mit indirekter Sicht wahrnehmbar war - knappst heller als der Himmelshintergrund. Alles war dermaßen schwach, daß ich gar keine geneueren Grenzen bzw. Größen feststellen konnte. Der Kopf (wohl einschließlich Schweif) war etwa 5´groß, der Gegenschweif immerhin auf einer Länge von etwa 1,5° erkennbar und relativ breit - und nicht als scharf begrenzter Strahl. Folgende Zeichnung versucht, einen Eindruck des Wahrgenommenen wiederzugeben:
ZEICHNUNG: 27.05.2013, 23:15 MESZ = 21:15 UT mit Bin.12x60
Größe des Kopfes ca. 5´; Länge des Gegenschweifes ca. 1,5°; Helligkeit: ca. 8.2 mag
Bild

Mich wundert allerdings zweierlei:

Erstens, dass ich mit dem Fernglas den Gegenschweif direkt sehen konnte, wo es doch offenbar eine Herausforderung für Astrofotografen ist, diesen Gegenschweif "herauszukitzeln". Es mag evtl. an der relativ großen Fläche liegen, die der Komet/Gegenschweif abdeckt, die ihn für das Auge dennoch erkennbar werden lässt. Die Situation erinnert mich an die des Kometen Holmes im Jahr 2004/5, als er gegen Ende der Sichtbarkeit aufgrund seiner gewaltigen Größe und sehr geringen Flächenhelligkeit visuell besser zu erkennen war als fotografisch.

Zweitens, dass das Interesse an visuellen Beobachtungen von PANSTARRS offenbar bereits im April aufgehört hat, als er wohl nur noch als diffuses Fleckchen zu erkennen war. Ich habe den Kometen erstmals am 8. Mai gesehen, also lange nachdem seine helle Phase vorüber war. Bei dieser und der nächsten Beobachtung zwei Tage später war er nur als kleiner diffuser Fleck zu sehen, weshalb ich am 15.5. auch zögerte, nochmals nach ihm zu schauen. Ich habe es nicht bereut, es gemacht zu haben, denn ich wurde sehr überrascht. Ich würde mich auch nicht wundern, wenn aufgrund der geringen Flächenhelligkeit vergleichbare Beobachtungen vom Gegenschweif mit dem Fernrohr nicht möglich wären.

Durch diesen gewaltigen Gegenschweif wird mir PanSTARRS - auch wenn ich ihn nie mit bloßem Auge zu sehen bekommen habe - in Erinnerung bleiben, wie auch Holmes. Mal schauen, was für Überraschungen ISON für uns bereit hält.

Christoph

PS: Da PANSTARRS bereits vor seinem Perihel viel Staub produziert hat, kann dieser Gegenschweif nicht wirklich überraschen. Er wird aus all den Staubpartikeln gebildet, die der Komet bereits verloren hat und ihm nun auf seiner Bahn "nachfolgen" - daher ist er auch stets zur Sonne hin gerichtet.

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Jan Hattenbach
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Beitrag von Jan Hattenbach » 30. Mai 2013, 20:09

Hallo Christoph,

danke für deinen auführlichen Beobachtungsbericht und die Zeichnung, da sieht man mal, was man doch am Teleskop mit dem Auge so alles hinbekommt. Ich habe den Antischweif im Mai auch 2x im 10" Newton sehen können und kann deine Beobachtungen bestätigen. Wesentlich interessanter als kurz nach dem Perihel. Man sollte sich von dem ganzen Hype also gar nicht erst verrückt machen lassen sondern beobachten, wann immer es geht. Und das würde ich auch gerne wieder, wenn der Himmel mich lässt. Vielleicht ja am Wochenende wieder.

Zur Entstehung dieses Gegenschweifphänomens gab es letztens einen Artikel auf universetoday.com.

VG, Jan

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