Am Horizont Polarlicht darüber die Milchstraße - die Umsetzung dieses Motives war das Ziel meines Ausflugs. Das Frühjahr, wenn die Milchstraße am Nordhimmel steht und der abgekühlte Atlantik die Chancen auf klare Nächte erhöht, eignet sich dazu am besten.
Die starke Intensität und die schnellen Bewegungen des Polarlichts nördlich des Polarkreises machen Langzeitaufnahmen dort zu einem schwierigen Unterfangen. Wie weit nach Norden durfte ich mich also wagen? Von Mats wusste ich, dass er in der Nähe von Stockholm (59 Grad Nord) selbst bei dunklem, klaren Himmel normalerweise kein Polarlicht sehen kann. Daher entschied ich mich für die Gebirgslandschaft Trollheimen (63 Grad Nord) nördlich des Dovrefjell. 120 Kilometer hohes Polarlicht auf 70 Grad Nord erreicht dort noch eine Höhe von 5 Grad über dem Horizont.
Nach wochenlangem Suchen auf Höhenprofilkarten hatte ich zwei Standorte im Storlidal ausfindig gemacht, die einen dunklen Himmel und eine tolle Gebirgskulisse versprachen. Weiterer Vorteil: In der "Turisthytta" Bardsgarden bekommt man für umgerechnet 24 Euro pro Nacht ein eigenes Zimmer. Und: Die Gegend ist über die Fähre Kiel-Oslo binnen 36 Stunden von Köln mit eigenem Auto zu erreichen. Meinen Jahresurlaub hatte ich auf das Neumondfenster vom 29. März bis zum 16. April gelegt. Ich musste jedoch nicht lange warten: Gleich die erste Woche versprach stabiles Hochdruckwetter, so dass ich mich bereits am Ostersonntag auf den Weg machte.
Gleich am ersten Tag nach der Ankunft stand der erste Zeitrafferfilm auf dem Programm (Nacht vom 29. auf 30. März). Zunächst mussten 30 Kilo Ausrüstung über steile, tiefverschneite Berghänge von 620 Meter auf 1080 Meter über NN gebracht werden: Kamera, Stativ, Bleiakkus, Wechselrichter, Gleichstromkoppler, Zelt, Stuhl, Isomatte, Schlaffsack, warme Kleidung, Verpflegung und einiger Kleinkram. Das war nur in zwei Aufstiegen zu bewältigen, doch die eigens zu diesem Zweck angeschafften Schneeschuhe bewährten sich als optimales Hilfsmittel.
Zunächst schien alles nach Plan zu laufen. Doch mit zunehmender Dämmerung begannen Zweifel in mir zu nagen. Schon fast dunkel, aber noch kein PL. Hätte ich vielleicht doch weiter nach Norden gemusst? Aber dann, genau zum Ende der astronomischen Dämmerung zeigte das Display meiner Kamera einen Hauch von grün über dem Horizont. Binnen weniger Minuten wuchs dieser Streifen zu einem hellen Bogen, der auch mit bloßem Auge leicht zu erkennen war. Während der gesamten Nacht tanzten die Lichter dicht über dem Nordhorizont, ohne jedoch in die Milchstraße zu schießen oder auf meinen einminütigen 1600-Asa-Belichtungen auszufressen. Wie ich später erfuhr, lag die Aktivität in der Nacht zwischen K2 und K3.

(oberere Bildhälfte durch Überlagerung mit Nachbarbild aufgehellt)
Gegen 2:30 Uhr Ortszeit, 1,5 Stunden vor Beginn der Morgendämmerung, kam eine weitere Unbekannte ins Spiel: Der noch fast volle Mond ging auf und zog wenige Grad über den Südhorizont. Zwar wurde der Himmel merklich heller, doch dafür entschädigten mich die Mondschatten, die sich in der Gebirgslandschaft abzeichneten.

(Bild unbearbeitet)
Gegen 9:00 Uhr am anderen Morgen war der Film "im Kasten", doch Ausruhen war nicht angesagt: Die gesamte Ausrüstung musste im Laufe des Tages vom Berg geschafft werden, nur um 24 Stunden später einen zweiten Berg hochgeschleppt zu werden. Diesmal zwar "nur" von 600 auf 890 Meter, dafür aber über eine längere Wegstrecke und wieder in zwei Etappen. So entstand in der Nacht vom 31. März auf den 1. April der zweite Film. Diesmal gab es zwar nur in der ersten Nachthälfte Polarlicht, dafür aber recht imposant.

(oberere Bildhälfte durch Überlagerung mit Nachbarbildern aufgehellt)
In der zweiten Woche brachte der Föhn zwar trotz Tiefdruck noch den ein oder anderen schönen Tag, doch nach der anstrengenden ersten Woche genoss ich lieber Wanderungen durch die verschneite Winterlandschaft und widmete mich der Bearbeitung der Bilder. Inzwischen sind beide Filme fertig, doch leider werde ich wohl erst in etwa einem Monat wieder DSL haben und die Filme uploaden können (dank T-Online sitze ich seit Mitte Februar auf dem Trockenen).
Viele Grüße,
Bernd