Die größtmögliche Sichtlinie

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Andreas Möller
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Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Andreas Möller » 4. Aug 2017, 04:57

Hallo,
im Internet bin ich zufällig auf diese Seite hier gestoßen: https://beyondhorizons.eu/lines-of-sight/

Der Rekord der größtmöglichen Sichtlinie liegt somit bei 443km.

Aber ich bin mir sicher, dass der AKM auch einige Sichtungen beitragen kann. Die kann man ja der Seite melden.

Viele Grüße,
Andreas

Simon Herbst
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Simon Herbst » 4. Aug 2017, 06:44

Rekord in Deutschland dürfte wohl nach wie vor die Sicht vom Lemberg bei Gosheim in der Schwäbischen Alb zum Mont Blanc sein, Distanz schlappe ~295km :wink: , zu sehen unter anderem hier: http://panorama-photo.net/panorama.php? ... ch=lemberg (und auch auf weiteren Panos auf dieser Seite). Zumindest ist mir bisher nichts weiteres vor die Augen gekommen. Mit ca. ~70km weniger kenne ich hier auch jemanden, der was zu bieten haben müsste. Übrigens, hilfreich, um zu sehen, was man so alles von einem beliebigen Punkt aus theoretisch sehen könnte, ist diese Seite: http://www.udeuschle.selfhost.pro/panor ... oramas.htm .

Ilka Jost
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Ilka Jost » 4. Aug 2017, 09:53

Sehr interessant, das hab ich mich schon immer mal gefragt. Danke!

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Elmar Schmidt
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Elmar Schmidt » 4. Aug 2017, 10:04

Hallo,

die geometrische (unrefraktive) Sichtweite L1 von einem hohen Berg H1 zum Meereshorizont ergibt sich aus der "Kimmweitenformel"

L1/km = 3,6*Wurzel(H1/m) ,

und wenn man einen zweiten hohen Berg H2 hinterm Horizont anpeilen kann, kommt nochmals dessen Wert L2 hinzu. Auf diese Weise könnte man schon zwischen zwei "nur" 5000 m hohen Bergen eine Sichtlinie von über 500 km "errichten". In Zentralasien oder Südamerika dürfte es genügend solche "Pärchen" geben.

Im übrigen vergrößern sich die Sichtweiten teilweise nochmals beträchtlich um die Refraktionshebung bis hin zum anomalen Nowaja-Semlja - Effekt. Man freue sich also an großen Sichtweiten, aber diese Rekordjagd ist müßig und fragwürdig, m.E. eine typische Netzblase.

Gruß, Elmar


PS: aus einem Verkehrsflieger in 11 km Höhe gibt die Kimmweitenformel 375 km Sichtkreis, und aus einem Stratosphärenballon wird ganz Deutschland überschaubar. Letztlich dürften aber NLCs bzw. Polarlichter das weiteste sein, was man "auf" der Erde sieht, ja selbst "unsere" PSC über Zürich vom Feb. 2016 stand vom entferntesten Standort aus 520 km weit weg.

Simon Herbst
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Simon Herbst » 4. Aug 2017, 15:16

Für mich ist es weder fragwürdig, noch ist es eine Netzblase. Diskussionen und Beobachtungen dazu gibt es auf den entsprechenden Portalen wie dem oben genannten im übrigen schon deutlich länger als den Begriff der Netzblase. Hier geht es dann ja auch darum, was tatsächlich belegt wurde, also im besten Fall durch Kameraaufnahmen nachweisbar ist. Man könnte zwar viele rekordverdächtige Sichtlinien mit Bergen konstruieren. Aber die wenigsten davon dürften in der Praxis geeignet sein. Denn sind diese Linien auch tatsächlich frei von Hindernissen? Lassen die meteorologischen Verhältnisse an den Standpunkten überhaupt rekordverdächtige Fernsichten zu? Wie schaut es mit der Erreichbarkeit der Standpunkte aus? Und zu guter Letzt muss immer noch jemand zur richtigen Zeit mit dem richtigen Equipment am richtigen Ort sein. Ich finde diese vermeintliche Jagd spannend...

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Bertram Radelow
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Bertram Radelow » 4. Aug 2017, 17:44

Netzblase hin oder her - es ist ein nettes Spielthema wie z.B. die schmalste Mondsichel. Es bringt uns alle weiter bzw. mich nicht: obwohl ich genau wusste dass bei besten Bedingungen eine ultraschmale Sichel kurz vor der Sonne oben am Brämabüelgipfel aufgehen würde, war sie einfach in den Fotos nicht nachweisbar. Vielleicht hätten stochastische Methoden wie in der Astronomiefotografie weitergeholfen. Jedenfalls ist es eine ernste Spielerei.
Man kann übrigens bei Alpenurlauben an der Südkante hervorragend weit sehen, bei Rückseitenwetter nach Durchzug einer Kaltfront. Und es geht dabei nicht darum, von einem hohen Gipfel aus den möglichst weit entfernten anderen hohen Gipfel zu sehen - EIN hoher Gipfel reicht. Und dieser ist der Monviso oder Monteviso in den italienischen Seealpen, ein völlig einsam dastehender Berg mit 3841m Höhe. Hier mal ein Bild von den Colli di San Fermo aus, in "nur" 1200m Höhe (!!) aufgenommen, quer über die Po-Ebene und über Mailand hinweg (Hochhäuser rechts in der Tiefe). Es war ein popeliges 300er halfsize-Tele an einer Fullsize-Nikon (also "450mm" Brennweite) - und dieses bescheidene Ausschnittbild zeigt doch eine enorme Detailfülle, jedenfalls weitaus mehr als das weiter oben verlinkte Rekordbild. Die Sichtlinie ist 255km, und mit blossem Auge konnte ich lediglich das hochspitze Schneefeld rechts sehen - von der eigentlichen Struktur des Berges war mit unbewaffnetem Auge nichts zu sehen:

Bild

Die Entfernung ist so gross, dass man mit Bildbearbeitung - Bläuung und Dunst entfernen - die Rötung nicht wegbekommt ohne dass es unnatürlich wirkt. Die Rötung ist wie bei der Dämmerung dem langen Wegen des Lichts durch die Atmosphäre geschuldet.

Ohne Tele sieht das in natura etwa (hier vom näheren Monte Lema) so aus - der Monteviso ist irgendwo beim linken Bildrand...:
(Das Mordstrumm in der Mitte ist der Monte Rosa in 75km Entfernung)

Bild

Das erste Bild zeigt, dass da noch E N O R M Luft nach oben ist. Wer also immer an der Südkante der Alpen Urlaub macht und von einer Kaltfront überrascht wird - Karte, Kompass, peilen, fotografieren und zuhause nachgucken was man da erwischt hat. Aus meinem Bauchgefühl heraus würde ich sagen, dass man den Monviso aus 400km Entfernung einigermassen locker müsste fotografieren können. Und der "Rekord" könnte sicher gebrochen werden. Der Leuchtturm Monteviso (er ist ja nach jeder von SW heranziehenden Kaltfront frisch weiss eingeschneit) ist ein Glücksfall, und wir hier im mitteleuropäischen Raum können den Wettbewerb eigentlich reduzieren auf: wer schafft es den Monteviso vom am weitesten östlich gelegenen Standort an der Alpensüdseite zu fotografieren? Man muss dazu nicht auf einem abenteuerlich hohen Gipfel sein - aber man braucht die glasklare Luft frühmorgens (!! später Thermik = sichtversperrende Cumuli) nach einer kräftigen Kaltfront. Im Winter über dem Nebelmeer könnte es vermutlich auch gehen.

Berge die man vermutlich ebenfalls aus unglaublicher Entfernung fotografieren könnte: Elbrus und Mount McKinley.

Liebe Grüsse
Bertram

Simon Herbst
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Simon Herbst » 4. Aug 2017, 18:27

Das wird nichts werden mit den 400 Kilometern von oder zum Monviso, siehe oben genannter Link. Außerdem, finde erstmal "locker" ein Foto von oder zu einem beliebigen Punkt in den Alpen mit einer Sichtlinie >400 Kilometern. Ich bin gespannt. Ach ja, hätte ich fast vergessen: http://www.alpen-panoramen.de/ ist das Pendant zu der oben genannten Plattform, nur halt auf Alpenpanoramen spezialisiert...

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Bertram Radelow
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Bertram Radelow » 4. Aug 2017, 19:41

Naja ein wenig suchen musst Du schon... Der Monte Baldo am Gardasee ist nicht in der Liste der gespeicherten Gipfel, Du musst ihn per Hand suchen, aber von ihm siehst Du 363km weit zur Barre des Ecrins... Und auch den Monviso in 317km Entfernung. Und nicht vergessen: In dem Programm die Sichtweite auf 500km zu erhöhen!
Ich würde mal sagen, den Wettlauf um den weitesten Blick in diesem Programm habe ich mal eröffnet. Und wenn wir die besten Kandidaten haben, wird die fotografische Bestätigung folgen... Auch Micha hat erst theoretisiert und dann die hohen Ordnungen gezielt aufgesucht.

Es geht ja nicht um die Theorie, sondern bei diesen Entfernungen haben wir ja schon massive atmosphärische Effekte die es fotografisch zu beherrschen gilt. Der Monte Baldo ist leicht zu erreichen und modellfliegerisch seeehr interessant, genauso wie Rückseitenwetter... :D

Fröhliche Jagd!
Bertram

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Claudia Hinz » 4. Aug 2017, 20:15

Sichtweiten von über 300km habe ich selbst schon erlebt. Elmar hat ja die Formel schon geschrieben, allerdings kommen bei solchen Sichtweiten häufig noch zusätzliche Refraktionseffekte hinzu, welche sonst nicht sichtbare Berge über den Horizont heben können. Oft endet die Sicht aber aus Mangel an Sichtmarken. Hier auf dem Fichtelberg sind die weitesten Sichten Brocken und Riesengebirge mit jeweils 220km. Von der Zugspitze aus kann man locker 300km weit ins Vorland bis zum Fichtelgebirge schauen. Vom Himalaya hatte ich mal Bilder mit 400km von 8000er zu einem fast 8000er im Netz gesehen. Und je höher die Berge, desto sauberer werden ja auch die Luftschichten, durch die man blickt.

Insofern halte ich die genannte Sichtweite für real, nur die Möglichkeiten zwei entsprechend hohe Berge zu finden mit großem Abstand ohne Zwischenhindernisse ist wohl schwierig. Und es ist schwierig, den entfernten Berg dann noch eindeutig als diesen zu identifizieren, denn meist sind diese durch Refraktionseffekte total verzerrt oder nur noch als dunkle Linie wahrnehmbar. In Deutschland halte ich deshalb mehr als 300km entfernte Sichtziele für nicht machbar.

LG Claudia

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Elmar Schmidt
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Elmar Schmidt » 4. Aug 2017, 21:02

Na meinetwegen,

auf nach Kirgisien, und dann nix wie rein ins Guiness-Buch der Rekorde...

Elmar


PS: bei den frühesten dokumentierten Nowaja-Semlja - Sichtungen der Barents-Expedition wurde die Sonne am 27. Januar 1597 um 4,7 Grad nach oben geleitet. Folglich bestand zum Horizont, der die Sonne berandete, eine - wenngleich geschlängelte - Sichtlinie von etwa 520 km, und das von knapp über Meereshöhe! Tatsächlich sahen drei Leute der Schiffsmannschaft die Sonne schon drei Tage vorher kurz am Horizont. Denen glaubte Barents aber bis zu der Wiederholung des Phänomens nicht, weil die Hebung dazu sogar 5,25 Grad betragen mußte, entsprechend einem Horizontstückchen am Sonnenrand in ca. 580 km Entfernung. Ich will damit nur erneut klar stellen, daß der hier ausgelobte Sichtweitenwettbewerb kaum eindeutig genug formulierbar sein dürfte, um solche Sichtungen als Rekorde auszuschließen.

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Bertram Radelow
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Bertram Radelow » 4. Aug 2017, 21:48

hoi Elmar
dann mach mal...
realistischer scheint mir Monte Rosa (CH/I) - Monte Cinto auf Korsika zu sein: 402km.
Und die erwähnte Barre des Ecrins ist auch von relativ niedrigen Hügeln in der Nähe von Venedig aus zu sehen.
Unabhängig vom später zu erbringenden Foto: Es muss doch möglich sein, von den Alpen aus irgendwohin 500km weit zu sehen?

Der Clou bei dem Problem ist ja eben nicht vom hohen Gipfel zum anderen hohen Gipfel, sondern die passende(n) Lücke(n) im Gebirgsmassiv der Alpen zu finden. Bilder über Meere hinweg sind dann für mich Bilder zweiter Klasse, obwohl ein Blick vom Mont Blanc nach Sardinien oder in die Pyrenäen sicher spannend wäre.

Und wir sind gar nicht so offtopic - etliche Rekordbilder die ich jetzt gesehen habe, zeigen heftige Mirage, und foto(shop)technisch sind sie alle eine Herausforderung, vom wackelfreien Standort angefangen über Hitzeflimmern und Ausgleich der Absorption im Dunst bis hin zur Entfernung des Streulichts. Wir haben JEDE MENGE atmosphärische Optik - kein Wunder bei 400km durch die dicke Luft. "Astro" senkrecht nach oben ist Pipifax dagegen...

GN Bertram

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Bertram Radelow » 4. Aug 2017, 21:58

@Elmar
zu Deinem Postscriptum
Es ist recht einfach...
a) wie weit kann man vom Mont Blanc nach Süden sehen - auf das Meer
b) dto, auf einen Berg hinter dem Meereshorizont (von mir erwähnt der Monte Cinto - aber geht es noch weiter?)
c) wie weit inneralpin (Baldo - Ecrins oder mehr?)
d) schön atmoptisch: Was geht mit Miragen und Nowaja-Semlja? Alleine dazu schon die Abklärung der Vorbedingungen: Inversionen, welche Jahreszeit, Rückseite oder besser gesamtmediterraner Hochdruck, Tageszeit etc.

Also ich werde mal im Winter auf den Monte Baldo zum Skifahren, bei möglichst stabiler Wetterlage und abends gegen den Sonnenuntergang fotografieren. 363km - sofern es gelingt - wären ja schon mal eine Hausnummer.
Aber ich hoffe immer noch dass jemand eine unbekannte Sichtlinie nach Westen findet, die "aus Versehen" an den grossen Massiven vorbei einen inneralpinen Blick auf 400km+ erlaubt.

LG Bertram

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Bertram Radelow » 5. Aug 2017, 22:10

Es wird immer spannender... Hmm. Kimmenformel. Mathematisch korrekt wäre ja einfach Pythagoräisch: Erdradius² + Sichtlinie² = (Erdradius+Berghöhe)²

Also die Zugspitze wäre von Meereshöhe aus in 194km Entfernung zu sehen, das Fichtelgebirge in 116km in der anderen Richtung = 310km. Sofern die Gegend in der Mitte (Ingolstadt) auf Meereshöhe läge, was sie aber nicht tut, denn die Gegend da ist 350-450m hoch, so viel müssten beide Berge höher sein. Wenn Claudia also von der Zugspitze aus das Fichtelgebirge (309km) sieht, hat es die Sichtlinie um mindestens 450m nach oben gekrümmt, eher wohl 500-600m damit sie das Fichtelgebirge gut erkennbar sieht.

Solche Krümmungen, ich nehme mal an durch den schrägen Lichtstrahl in einem gekrümmten Medium (Luft) mit unterschiedlicher Dichte, wären ja ein grosser Helfer. Da könnten ganz hübsche Sachen gehen. Bisher habe ich herausgefunden, dass die Barre des Ecrins ein super Kandidat ist. Vermutlich kann man von ihr aus auch ohne Krümmung den Canigou in den Südpyrenäen sehen (416km). [edit: die Rekordstrecke von 440km wurde von benachbarten Bergen aufgenommen - allerdings wären pythagoräisch nur 410km möglich?]

Vom Montblanc (4810m) zum Pico Aneto (3404m) sind es 608km, gegenseitig sichtbar wären sie mit 455km Abstand. (Vom Montblanc zum Monte Cinto in Korsika geht leider nicht wegen der Südausläufer der Seealpen).
Wenn jetzt aber die Lichtwegkrümmung eine scheinbare Anhebung der Gipfel um 500m bewirkt, wären sie aus 482km gegenseitig sichtbar. Leider nicht genug.

Sofern ich nicht falsch rechne, wären aber viele Weitsichten im Vakuum gar nicht möglich. Die Atmosphäre muss da enorm helfen.

LG Bertram

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Simon Herbst » 6. Aug 2017, 06:21

Mit dem Fichtelgebirge wird es von der Zugspitze aus nichts werden. Und "locker" schon mal gar nicht. Einfach mal die oben genannte Simulation starten. Und die stellt mit den Voreinstellungen ziemlich genau das dar, was theoretisch überhaupt machbar wäre. Selbst mit Refraktion wäre das abenteuerlich. Das "Vorland" ist einfach zu hoch. Und da endet in der Richtung dann auch auf ca. 70% der Strecke die Sicht, selbst wenn man die Zugspitze noch 100 Meter höher machen würde, als sie ohnehin schon ist. Ich habe es spaßeshalber auch mal umgekehrt vom Sendeturm vom Ochsenkopf (mit 1205m über nn höchster Punkt im Fichtelgebirge), dem Fernmeldeturm auf dem Schneekopf oder dem Oberpfalzturm auf der Platte simuliert. Es wird nichts...

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Bertram Radelow
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Bertram Radelow » 6. Aug 2017, 08:46

hi Simon
Simulation ist Simulation. Wir haben beide keine Ahnung, ob sie Vakuum-Sicht simuliert oder irgendwelche Krümmungseffekte der Atmosphäre berücksichtigt, und wenn dann wie?
Das 440er-Rkordbild ist nach dieser Simulation auch unmöglich.
Uns allen sind doch sicher Serienbilder des Monduntergangs bekannt, auf denen man sieht, dass der Mond nicht seiner Linie geradlinig folgt sondern gegen Ende hin teilweise erheblich nach oben abweicht, also optisch heftig angehoben wird. Nach meiner Erinnerung bis zu einem halben Grad - was eine enorme Sichtweitenverlängerung bedeuten würde.

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Simon Herbst » 6. Aug 2017, 09:15

Bertram Radelow hat geschrieben: 6. Aug 2017, 08:46Das 440er-Rkordbild ist nach dieser Simulation auch unmöglich.
Doch, du musst nur die passenden Werte eingeben. Ergo Höhe 2820m (statt 2812m) + 1,5m Kamerahöhe, 500km Sichtweite, Rand 47-52°, ordentlich Zoom (zum Beispiel 10x), "Gipfelpunkt automatisch aufsuchen" deaktivieren. Et voilà...:wink:

EDIT(H sagt): Bei der Lembergsicht gen Mont Blanc gilt es die Höhe der Aussichtsplattform (30 Meter) zu beachten. Und da passt es dann auch...:wink:

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Elmar Schmidt » 6. Aug 2017, 20:27

Hoi Bertram,

klar, der Pythagoras ist geometrisch korrekt, aber die von mir gegebene Näherung der Wurzel ist selbst in ISS-Höhe völlig ausreichend (400 km, Fehler nur -1,5%; Sichtkreisradius übrigens 2300 km), zumal sie in ohnedies fraglicher Art Sichtlinien durch ein optisch homogenes Medium unterstellt. Die eigentliche Kimmweiten-Faustformel der Seeleute ist übrigens noch einprägsamer und lautet (wie notiert nur 6% kleiner als exakt)

Kimmentfernung [in Seemeilen] = Wurzel (Höhe Schiffsmast [in Fuß])

Man sollte vielleicht die selber rekordverdächtigen „Ultraberge“ screenen, und das vor allem in den Polargebieten, da ist das Geoid schwächer gekrümmt und die Luft tendenziell sauberer, zudem gibt es da oft starke Refraktion

https://en.wikipedia.org/wiki/Ultra-prominent_peak

Nun denn, Ihr habt mich "überzeugt"; hier Vorschläge aus eher im Urlaub erreichbaren Gefilden, und überall müßte die Refraktion mithelfen:

Kaldbakur (Westisland, 998 m) -> Gunnbjörn (Grönland, 3694 m): Abstand 462 km [geometrisch 113 + 217 = 330 km, aber kpl. über See; Nowaja Semlja?]
Mulhacen (Spanien 3479) -> Mittl. Atlas (Marokko, 3400/3700): Abstände 400/550 km [geom. 210 + 208/218 = 418/438 km]
Berg Ida (Kreta, 2420) <-> Tahtali Dagi/LykischerOlympus (Türkei, 2365): Abstand 500 km [geom. 176 + 174 = 350 km, mitunter von Sonne hinterleuchtet!]
Süphan (Türkei, 4058) -> Elbrus (Georgien, 5633): Abstand 500 km [geom. 227+268 = 495! Freisichtigkeit fraglich, es gibt dort aber weitere hohe Berge]

Herzl. Grüße

Elmar


@SimonH (bitte hier mit vollem Namen schreiben): Bertram hat doch recht, zwischen (mit "Aufbauten") 2820 und 3870 m hohen Bergen [und das wird über das Rekordfoto mitgeteilt!] beträgt die geom. Sichtlinie nur 412 km. Daß Refraktion bei dem Rekord (und Deinen Simulationen?) mitwirkten, ist demnach so nötig wie wahrscheinlich; man hätte sonst auch die Bergsilhouetten nicht abgelichtet.
Zuletzt geändert von Elmar Schmidt am 7. Aug 2017, 09:37, insgesamt 12-mal geändert.

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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Dennis Hennig » 6. Aug 2017, 21:22

Elmar hat den Nowaja-Semlja-Effekt schon in die Diskussion geworfen. Also eine derartig
kräftige Refraktion, sodass der Sehstrahl über hunderte Kilometer der Erdkrümmung praktisch folgt.
Die Frage ist hier, wie groß muss der Temperaturgradient sein, damit der Sehstrahl der Erdkrümmung
folgt. Hier http://humboldtcanada.com/presentations_air/lehn.pdf wird der Nowaja Semlja
Effekt sehr schön beschrieben und der nötige Temperaturgradient zu 0,113° pro Höhenmeter
errechnet. Das sind also 11,3° auf 100m Höhendifferenz.

Bei Warmlufteinbrüchen über Eisflächen, oder über dem eiskalten Ostseewasser im Frühjahr und
Frühsommer sollte die Sichtweite also theoretisch nur noch von der Größe des Bereiches limitiert
werden, wo der Temperaturgradient in Erdnähe 11,3°C pro 100m Höhe überschreitet.

Als Funkamateur sind mir solche Gelegenheiten wohlvertraut.
Zum Beispiel gab es in den 1990 Jahren im (Früh-)Sommer (eiskalte Ostsee, heiße Luft) regelmäßig
Zeiten, wo auf sich quasioptisch ausbreitenden Frequenzen (1,3GHz, 2,3GHz, 10GHz) mit teilweise
wenigen Milliwatt Sendeleistung stabile und laute Funkverbindungen von Nordbrandenburg und
Vorpommern rüber nach Estland und Finnland möglich waren. Entfernungen teilweise über 1000km,
und dies bei Funkfrequenzen, die bei freier Sicht und hohem Aufwand normalerweise kaum 100km
überbrücken bzw. bei verstellter Sicht schlicht im nächsten Gesträuch oder den Baumwipfeln "hängen bleiben".

Vermutlich wäre ein aus Helsinki auf Greifswald gerichteter Laser - Entfernung 970km -
in mehreren Nächten im Jahr nachweisbar, empfangbar, oder sogar mit bloßem Auge sichtbar?
Müsste halt nur mal Jemand probieren. :wink:

Grüße!


Edit PS: Unter dem Stichwort "atmosperic duct" gibt es einigen Lesestoff zum Thema.

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Laura Kranich
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Re: Die größtmögliche Sichtlinie

Beitrag von Laura Kranich » 6. Aug 2017, 21:59

Ich habe mal geschaut und tatsächlich könnten die Bedingungen in Kiel sogar in diesem Jahr tagsüber im März an einem oder mehreren Tagen grundsätzlich gegeben gewesen sein. Allerdings war es an diesen Tagen überwiegend bewölkt.
Weiter östlich könnte das tatsächlich fast jedes Jahr mal passieren, allerdings ist so eine starke Inversion in unseren Breiten beinahe Garant für Nebel, wenn es nicht gerade zweistellig Minusgrade hat. Und dass die Ostsee so weit nach Süden hin zufriert, dürfte in Zukunft immer seltener vorkommen. Die Wintermonate an der Ostsee können ganz schön gemein sein, ähnlich wie die Flusstäler in Süddeutschland. Man sieht auch mal drei Wochen lang die Sonne gar nicht.
Ich denke, diesen Effekt hat man nicht umsonst bisher nur in (ant-)arktischen Gefilden beobachtet. Wir sind zwar hier im echten Norden, aber dann doch immer noch in den gemäßigten Breiten und nicht arktischer Wüste. :wink:
Viele Grüße aus Berlin,
Laura

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